Proteste gegen die Legalisierung von Garnelenzuchtanlagen

(Fortaleza, 28. Februar 2009, adital-poonal).- Mehr als 80 Vertreter*innen der traditionell von und mit dem Ökosystem der Mangrovenwälder lebenden Bevölkerung in den Provinzen Esmeraldas, Manabí, Guayas, Santa Elena und El Oro haben auf ihrer Jahresversammlung vom 13.-15. Februar ihren Protest gegen das Dekret Nr. 1391 bekräftigt, das der ecuadorianische Präsident Rafael Correa am 15. Oktober 2008 verkündet hatte. Das Dekret legalisiert die Nutzungsrechte für mehr als 11.000 Hektar ehemaliger Mangrovenwälder, die illegal von ecuadorianischen Unternehmen für die Garnelenzucht in Besitz genommen und abgeholzt worden waren. Eine Wiederaufforstung schreibt das Dekret nur für einen geringen Prozentsatz der illegal angeeigneten Flächen vor.

Die Küstenbewohner*innen (vorwiegend Montubios, also Mestiz*innen, und Afroecuadorianer*innen), die traditionell vom Fischfang und dem Sammeln von Muscheln und Krustentieren in den Mangrovensümpfen leben, diskutierten auf ihrem Treffen in Puerto Bolívar (Provinz El Oro) über das unverantwortliche Handeln des Staates, die Flächen nun offiziell der industriellen Garnelenaufzucht (Aquakultur) zuzusprechen. Diese habe nicht nur das ökologisch wichtige Ökosystem der Mangrovenwälder zerstört, sondern auch Tausenden von Fischern und Muschelsammler*innen die Existenzgrundlage entzogen.

Um ihrem traditionellen Anspruch auf die Nutzung der Küstenstriche Nachdruck zu verleihen, betonten die Küstenbewohner*innen ihre Identität als Pueblos Ancestrales del Ecosistema Manglar (etwa: „alteingesessene Bevölkerung des Ökosystems der Mangrovenwälder“). Sie bekräftigten, dass der Staat aufgefordert werden müsse, die ecuadorianischen Gesetze zu befolgen, nach denen das Ökosystem der Mangroven und die Rechte der angestammten Bevölkerung unter Schutz stehen. Auch solle die Zerstörung der Waldressourcen des Landes notfalls mit Gefängnisstrafen geahndet werden.

In der Erklärung von Puerto Bolívar wird der Staat aufgefordert, die durch Garnelenzucht zerstörten Mangrovengebiete unverzüglich zurück zu erlangen, um sie wiederaufzuforsten. Die Gebiete sollten der dort ansässigen Bevölkerung zur Verwaltung und Nutzung übergeben werden. Gefordert wird auch die Übergabe der letzten 98.000 Hektar erhalten gebliebener Mangrovenwälder an die Einheimischen, damit diese sie nutzen und bewahren könnten. Auch die anderen schon zerstörten Flächen sollten den Küstenbewohner*innen zugesprochen werden, damit sie von der Umweltbehörde mit Unterstützung der Gemeinschaften vor Ort wiederaufgeforstet werden könnten. Die Mittel dafür sollten aus den Entschädigungszahlungen stammen, die die Verursacher*innen für die Umweltschäden zu leisten hätten.

Die Fischer und Muschelsammler*innen bestätigten ihre Selbstverpflichtung, dafür zu sorgen, Muscheln nur ab einer bestimmten Mindestgröße zu sammeln. Sie würden mit der Umweltbehörde bei der Ressourcenkontrolle zusammenarbeiten und sich weiterhin für die Erhaltung und Wiedervermehrung der Muscheln einsetzen, die für die Gemeinschaften in den Mangrovensümpfen überlebenswichtig sind. Die Versammelten bekräftigten ihre Ablehnung des Regierungsdekrets Nr. 1391: „… es legitimiert die unrechtmäßige Aneignung des Ökosystems der Mangroven durch die industriellen Garnelenzüchter, die in unser angestammtes Territorium eingedrungen sind und es zerstört haben, was unser Leben und unsere Ernährungssouveränität beeinträchtigt hat.“

Das Dekret des Präsidenten wurde unmittelbar nach der Veröffentlichung einer im Jahr 2007 vom Fernerkundungszentrum zur Erfassung natürlicher Ressourcen CLIRSEN (Centro de Levantamiento Integrado de Recursos Naturales por Sensores Remotos) angefertigten Studie erlassen. In der Studie wurde die Existenz von 44.642 Hektar Mangrovengebieten festgestellt, über die es keinerlei Konzessionsvereinbarungen gab. Die im Jahr 1966 aufgenommene Tätigkeit der Garnelenfarmen vernichtete 45 Prozent der fast 270.000 Hektar Mangrovenwälder in den Provinzen Esmeraldas, El Oro, Los Ríos, Guayas, Manabí und Santa Elena.

Sollte das am 17. Februar vom ecuadorianischen Interimskongress (Comisión Legislativa) verabschiedete Rahmengesetz über Ernährungssouveränität (Ley Orgánica del Régimen de Soberanía Alimentaria del Ecuador) vom Präsidenten Correa ratifiziert und seinem Wortlaut entsprechend umgesetzt werden, wäre dies eine große Errungenschaft für die Beschützer*innen der Mangrovenwälder: Artikel 16 schreibt nämlich – im Widerspruch zu Dekret Nr. 1391 – die Rückgabe illegal angeeigneter Mangrovengebiete durch Garnelenzüchter*innen an den Staat vor. Die Frage ist, wie der mit der Erarbeitung der detaillierten Gesetze beauftragte Rat für Ernährungssicherheit diesen Artikel auslegen wird.

Für weitere Informationen auf Spanisch siehe die Erklärung des überregionalen Verbandes für den Schutz des Ökosystems der Mangroven C-CONDEM:

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