Manöverkritik nach gescheitertem Referendum

von Steffen Lehnert

(Darmstadt, 01. November 2009, amerika21.de).- Montevideo. Ende Oktober wurde in Uruguay gewählt. Obgleich das Linksbündnis Frente Amplio die erste Runde der Wahlen mit deutlichem Vorsprung für sich entscheiden konnte und der Stichwahl Ende November recht zuversichtlich entgegenblickt, belastet sie ein Trauma nach wie vor: Das Plebiszit zur Annullierung der Amnestie für Verbrechen von Polizei und Armee während der Diktatur ist gescheitert. Es ist ein heftiger Rückschlag für Menschenrechtsorganisationen und Opferverbände, zumal diese Kräfte durchaus optimistisch auf den Wahlabend blickten. Schließlich war das Gesetz noch in der Woche vor der Wahl vom Obersten Gerichtshof in Bezug den Fall der 1974 im Gefängnis ermordeten Nibia Sabalsagaray als nicht anwendbar und in Teilen gar für verfassungswidrig erklärt worden.

Umso schmerzhafter war, dass das Referendum nur sehr knapp scheiterte und erste Meldungen am Wahlabend gar verhießen, es hätte zu einer Stimmenmehrheit gereicht. Doch am Ende unterlagen die Gegner*innen der Amnestie mit 47,36 Prozent. Es fehlten rund 40.000 Stimmen.

Die Initiator*innen bemängeln nun ungleiche Wahlbedingungen. So musste man sich lediglich für das „Si“ aktiv am Plebiszit beteiligen. Wer sicht enthielt, stärkte die Gegenseite. Ebenso wird kritisiert, dass Wähler*innen, die ihre Stimme zur Präsidentschaftswahl annullierten, keine Möglichkeit zur Teilnahme am Plebiszit hatten und ebenfalls zu den Gegner*innen des Referendums gezählt wurden. Jose „Pepe“ Mujica, Präsidentschaftskandidat der Frente Amplio, hatte schon zuvor beanstandet, dass durch die gleichzeitige Ausrichtung von Wahl und Referendum letzteres ins Hintertreffen geraten sei.

Die Parteien hatten sich aus der Kampagne für eine Abschaffung der Amnestie herausgehalten und sich eher eigenen Wahlkampfthemen gewidmet. Dies lag zum Teil sicherlich auch im Kalkül der linken FA, deren Kampagnenteams hofften, ohne eine deutliche Positionierung zu der Amnestiefrage auch Wähler*innen aus den anderen parteipolitischen Lagern zu gewinnen. Nun überwiegt die Betroffenheit über das Scheitern beim Referendum. „Wir werden weiter für die Menschenrechte kämpfen“, verkündigte das Kampagnenteam der linken Regierungspartei. Für den 20. November wurde bereits ein Trauermarsch durch Montevideo angekündigt.

Allzu realitätsfern sind die Hoffnungen auch nicht, dass das umstrittene „Ley de Caducidad“ doch noch gekippt wird – wenn nicht durch das Referendum, dann im Parlament. Immerhin verstößt es nicht nur gegen die uruguayische Verfassung, sondern auch gegen internationale Menschenrechtsabkommen. In Uruguay fielen während der Diktatur (1973-1985) rund 200 Menschen politischen Morden zum Opfer.

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