Linke setzt auf junge KandidatInnen

von Torge Löding

(San José, 13. September 2009, voces nuestras).- Aufsehen erregte die Nominierung der Kandidat*innen der Linkspartei „Frente Amplio“ („Breite Front“) für die Wahlen am 07. Februar 2010: Mit José Maria Villalata (32) und Eva Carazo (34) stehen zwei landesbekannte, junge Aktivist*innen der sozialen Bewegung auf den aussichtsreichsten Plätzen. Sie stehen für einen Generationswechsel. „Wir setzen auf einen radikalen Wandel dieses Systems. Denn es schließt Menschen aus und konzentriert die Möglichkeiten und den Reichtum in immer weniger Händen. Für die Mehrheit produziert es schlechte Konditionen. Wir wollen eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Erreichen wollen wir das Hand in Hand mit den sozialen Bewegungen. Jede Art von Privatisierung lehnen wir ab“, sagte Eva Carazo.

Bisher stellt die Frente Amplio mit José Merino nur einen Abgeordneten. Nach den Wahlen sollen es deutlich mehr werden. Ob es indes für eine Regierungskoalition mit den Mitte-Links-Parteien reicht, steht in den Sternen. Mit Eugenio Trejos – der Rektor der Technischen Universität von Costa Rica war Sprecher der Bewegung gegen das neoliberale CAFTA-Abkommen mit den USA beim Referendum 2007 – will die Linke erst einmal einen eigenen Bewerber in die erste Runde der Präsidentschaftswahlen schicken.

Die kommunistische PVP hat sich noch nicht entschieden, ob sie zur Wahl der Frente Amplio aufruft. Eine eigene Kandidatur wie 2006 als „Vereinigte Linke“ mit den Trotzkisten und Unabhängigen wird es wohl nicht geben.

Für die größte Oppositionspartei „Partei der Bürgeraktion“ (PAC) kandidiert zum dritten Mal Parteigründer und Technokrat Ottón Solis; ein „Mann der Mitte“. Viele werfen dem ehemaligen Mitglied der sozialdemokratischen PLN und Ex-Planungsminister vor, keine neuen Ideen zu haben. So falsch kann das nicht sein; Solis sagte im Interview mit der Wochenzeitung Semanario Universidad, er trete mit einem ähnlichen Programm wie beim letzten Mal an: „Es gibt neue Umstände wie die Wirtschaftskrise oder das CAFTA-Freihandelsabkommen, aber deshalb muss man keine großen Änderungen vornehmen“, sagte der Politiker, der 2006 dank der Unterstützung der CAFTA-Kritiker dem Konservativen Oscar Arias nur um Haaresbreite unterlag. Sein Wahlprogramm war damals ein dünner Forderungskatalog mit Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft. Bei der kommenden Wahl möchte er die Wähler vor allem mit einem Sparprogramm gewinnen. Das sei zwar wenig attraktiv, aber ehrlich. So seine Faustregel.

Herausfordern wird er die Kronprinzessin des amtierenden Präsidenten Oscar Arias: Die ehemalige Vizepräsidentin und Innenministerin Laura Chinchilla. Die erste weibliche Präsidentschaftskandidatin in Costa Rica vertritt den rechten Parteiflügel der in Costa Rica ohnehin sehr konservativen Sozialdemokraten (PLN). Sie verantwortet schärfere Sicherheitsgesetze und unter ihrer Ägide kam es zu bisher ungekannten gewalttätigen Übergriffen der Polizei gegen Demonstrant*innen.

Den wohl schillernsten Kandidaten schickt die “Partei der Christlich-Sozialen Einheit” (PUSC) ins Rennen. Sie hat ihren Ex-Präsidenten (1990-1994) Rafael Angel Calderón aufgestellt. Die Christsozialen mussten dafür ihre Statuten ändern, denn gegen den Politiker läuft ein Korruptionsverfahren.

Costa Rica ist das einzige Land Lateinamerikas, in dem eine Partei, welche für die Rechte von Menschen mit Behinderung streitet, einen Parlamentssitz errungen hat. Seit 2006 vertritt der Blinde Oscar Lopez die „Partei für Barrierefreiheit“ (PASE) im Parlament. Einen Namen gemacht hat er sich in dieser Zeit als unermüdlicher Kämpfer für soziale Rechte und gegen das umstrittene CAFTA-Freihandelsabkommen. Im kommenden Jahr tritt er als PASE-Präsidentschaftskandidat an, denn eine zweite Amtszeit als Abgeordneter ist nicht möglich. Trotzdem hofft die PASE ihren Sitz zu verteidigen.

Das Herz mit der Nationalfarbe, angelehnt an das Logo der Anti-CAFTA-Bewegung, verwendet unterdessen die neugegründete „Patriotische Allianz“ (AP) als Symbol. Diese Gruppierung möchte vor allem die 49 Prozent der costaricanischen Wahlbürger*innen für sich gewinnen, welche beim Referendum 2007 gegen das CAFTA-Freihandelsabkommen zwischen den USA, Zentralamerika und der Dominikanischen Republik gestimmt haben und damit hauchdünn unterlagen. „Wir sind eine Allianz gegen den Neoliberalismus. Politisch stehen wir Mitte-Links und suchen eine Koalition mit Kräften, die ein anderes Costa Rica für möglich halten und mehr Sozialstaat wollen“, sagte Präsidentschaftskandidat Rolando Araya. Im Jahr 2002 war er als Kandidat der regierenden Sozialdemokraten (PLN) angetreten, sein Bruder Johnny ist PLN-Bürgermeister der Hauptstadt San José.

Für die rassistische “Libertären Bewegung” (ML) tritt erneut der Ultrarechte Otto Guevara an. Bei den Wahlen 2006 errang Guevara gut acht Prozent der Erst- und neun Prozent der Zweitstimmen. Im kommenden Jahr wird das hoffentlich weniger.

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