von Wolf-Dieter Vogel
(Berlin, 10. Januar 2016, taz).- Für Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto ist die Verhaftung des Drogenbarons El Chapo Guzmán ein großer Erfolg zur richtigen Zeit. Denn die Flucht des Mafiabosses im Juli 2015 wie auch die Verschleppung von 43 Studenten zehn Monate zuvor versetzten dem Staatschef herbe Schläge. Beides brachte die mexikanischen Verhältnisse unverblümt auf den Punkt: Ohne die Kooperation von Polizist*innen, Politiker*innen und Kriminellen wäre der Angriff auf die 43 Lehramtsanwärter ebenso wenig möglich gewesen wie El Chapos Spaziergang aus dem Hochsicherheitsgefängnis. Peña Nieto brauchte diese Verhaftung, um international glaubhaft zu machen, man habe die Kartelle im Griff.
Kartelle nicht im Griff
Doch davon kann kaum die Rede sein. Wahrscheinlich wird sich erst in Jahren herausstellen, ob tatsächlich das märchenhafte Stelldichein mit einem Hollywoodstar die Verhaftung ermöglichte. Vielleicht gab es auch im Vorfeld Absprachen auf anderer Ebene, um El Chapo dingfest zu machen.
Außer Frage aber steht: Die Inhaftierung wird die Geschäfte seiner Organisation nicht beeinflussen. Mexikos Kartelle sind wichtige Player der organisierten Kriminalität, und die funktioniert wie ein modernes Unternehmen: Jeder ist ersetzbar. Guzmáns Truppe ist sogar stärker geworden, als er hinter Gittern saß.
In den vergangenen Jahren wurden in Mexiko zahlreiche Kartellbosse festgenommen. An den Angriffen insbesondere auf die Zivilbevölkerung hat das nichts geändert.
Keine Verbesserung für die Bevölkerung
Wer mit dieser Form der Gewalt Schluss machen will, der muss die Hintermänner aus dem Verkehr ziehen: korrupte Politiker*innen und Jurist*innen ebenso wie Unternehmen, die Geld waschen, Polizist*innen und Soldaten, die Drogentransporte absichern. Zudem müssen Straflosigkeit beendet und nachhaltige wirtschaftliche sowie soziale Maßnahmen ergriffen werden, die der armen Landbevölkerung eine Perspektive versprechen. Das alles hat die mexikanische Regierung bislang kaum getan.
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