(Frankfurt a. M., 30. Juni 2022, npla).- Zierfische werden nach Europa, in die USA und nach Japan transportiert, um in dortigen Aquarien zu landen. Für Tierschützer*innen ein Wahnsinn, eine Biologin dagegen spricht von einem Beitrag zum Schutz des Regenwaldes.
Fische: Der Zahl nach die beliebtesten Haustiere
Weltweit stehen in Wohnzimmern geschätzt mehr als 100 Millionen Aquarien. Zierfische sind der Zahl nach die beliebtesten Haustiere. Der globale Handel soll jedes Jahr rund 9 Milliarden Euro schwer sein. Von den bekannten mehr als 10.000 Süßwasserfischarten werden 5.300 gehandelt. Mehrheitlich stammen die in Zoogeschäften angebotenen Zierfische aus der Zucht, ein kleinerer Teil aber wurde in tropischen Flüssen gefangen und dann in Flugzeugen in die Industrieländer transportiert. Tierschützer*innen prangern üble Praktiken an, etwa die Betäubung mit Gift, um die Fische fangen zu können. Oftmals befördern Zwischenhändler*innen die Tiere in mit Wasser gefüllten Plastiktüten. Viele Fische verenden während des Transports, teilweise auch aufgrund von Krankheiten. Die Tierschutzorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) ruft sogar zu einem generellen Verzicht auf Aquarien auf.
Hawaii hat kommerziellen Zierfisch-Fang verboten
Bei der Bekämpfung des Handels wurden bereits Erfolge erzielt. So verbot der US-Bundesstaat Hawaii, eine der bis dahin wichtigsten Quellen für Zierfische, im Januar 2021 den Fang von Zierfischen für kommerzielle Zwecke vollständig. Was aber passiert bei einem Verbot mit den Menschen, die von dem Fang leben? Am Río Negro im Amazonasgebiet wären rund 40.000 Frauen und Männer betroffen. Ihr Blick auf das Thema ist ein anderer. Der Fang von Zierfischen bringt ihnen Geld ein, mit dem Lebensmittel, Werkzeuge und Benzin gekauft werden. Fisch, Fleisch und Früchte liefert die Natur. Die Stadt Barcelos im brasilianischen Bundesstaat Amazonas hat sich zur Welthauptstadt des Zierfischfangs entwickelt, der hier für Prosperität sorgt. Käufer*innen zahlen für einen Neonfisch ab 2 Euro – das ist der 400-fache Preis dessen, was die Fischer*innen im Amazonasgebiet erhalten. Das große Geschäft machen die Händler*innen in Manaus oder São Paulo, die Kontakte in alle Welt unterhalten. Der Export rentiert sich aber nur, wenn eine ausreichende Anzahl an Fischen überlebt.
Zierfisch-Fang als Alternative zu Abholzung und Goldschürfen
Fische aus Aquakulturen gelten als weniger schön und sind teurer als die in tropischen Flüssen gefangenen Tiere. In Deutschland verkauft zum Beispiel die Zoogeschäftskette Fressnapf Zierfische. Die Biologin Joely-Anna Mota betont die Chancen, die der Fischfang biete. Richtig betrieben könne es ein sehr sauberes und gerechtes Geschäft sein, das sogar zum Schutz des Regenwaldes beitrage. In Brasilien ist der Extrativismo gesetzlich geschützt: Früchte, Nüsse, Harz oder Kokosöl dürfen der Natur entnommen und verkauft werden, um etwas für den Lebensunterhalt zu verdienen. Hierunter fällt auch der Fang von Zierfischen. Biologin Mota betont, die Menschen behandelten die Natur mit Respekt, und schließlich handle sich ja auch um ihre Lebensgrundlage. Der Handel mit Fischen biete eine Alternative zur Abholzung tropischer Bäume und illegalem Goldschürfen.
Zertifizierung des Zierfisch-Handels
Bereits 1991 wurde eine Kampagne zur Förderung des Zierfisch-Fangs gestartet mit dem Motto „Kaufe einen Fisch und rette einen Baum!“. (Website: https://projectpiaba.org/). Zu den Unterstützer*innen zählen unter anderem der WWF und das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Joely-Anna Mota arbeitet seit 2014 als eine der Koordinatorinnen für das Projekt. Aktuell gehe es darum, den Wert der gefangenen Zierfische zu steigern. In der Vergangenheit habe der Fokus auf der Menge gelegen. Die Käufer*innen wollten für ihr Geld so viele Fische wie möglich bekommen. Inzwischen werde auch auf die Herkunft der Fische und die Umstände ihres Fangs geachtet. In Zusammenarbeitet mit dem brasilianischen Landwirtschaftsministerium wurde ein Siegel für die Neonfische aus dem Río Negro geschaffen – eine Marke ähnlich dem Parma-Schinken oder Champagner. Die Koordinator*innen des „Projeto Piaba“, die Fischer*innen und die Zwischenhändler*innen haben sich zu einer Kooperative zusammengeschlossen; der Weg vom Fang der Fische bis zum Export wird nun zertifiziert. Unnötige Zwischenhändler*innen werden ausgeschaltet, die Preise sind reguliert – und vor allem höher als früher.
Zierfischhandel – ein umstrittenes Geschäft im Amazonasgebiet von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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