von Ute Löhning
(Berlin, 20. August 2011, npl).- Der uruguayische Minister für Industrie, Energie und Bergbau Roberto Kreimerman hat den Vorsitzenden der uruguayischen Telekommunikationsbehörde DINATEL (Dirección Nacional de Telecomunicaciones) Gustavo Gómez abgesetzt. Zuvor hatte er ihn zum Rücktritt aufgefordert. Dafür lägen „persönliche oder familiäre Gründe“ vor, ließ er verlauten. Gustavo Gómez, früherer Basisradio-Aktivist, weigerte sich, zurückzutreten. Daraufhin wurde er von Industrieminister Kreimerman, welcher Mitglied der Sozialistischen Partei Uruguays (PS) ist, abgesetzt, bleibt aber zunächst bis Ende Oktober 2011 im Amt.
Schwerer Schlag gegen Politik der Demokratisierung der Kommunikationsmedien
Gustavo Gómez steht für eine Politik der Demokratisierung der Medien. Er hat lange Jahre in Basisradios gearbeitet und war hochrangiger, auch internationaler Repräsentant des Weltverbands der Basis- und Communityradios AMARC (Asociación Mundial de Radios Comunitarias). Inzwischen ist er für Unternehmen, Gewerkschaften sowie für Basismedien zum verbindlichen und ernstzunehmenden Verhandlungspartner geworden.
Während seiner Zeit an der Spitze von DINATEL wurde 2007 mit dem Basisradiogesetz (Ley 18232 de Servicio de Radiodifusión Comunitaria) das Radiofrequenzspektrum neu aufgeteilt, Basisradios wurden legalisiert und bekamen rechtlichen Anspruch auf ein Drittel aller Radiofrequenzen in Uruguay. Aktuell erarbeitet die DINATEL eine Gesetzesvorlage zur Regulierung der audiovisuellen Kommunikation (Ley de Servicios de Comunicación Audiovisual) und ein Dekret zur Verteilung der Frequenzen bei der Einführung des Digital-Fernsehens.
Transparenz und Teilhabe gewährleistet?
Zentral sind dabei wiederum Fragen der Zuteilung von Frequenzen und der Schaffung von Zugangsmöglichkeiten für nicht-kommerzielle Anbieter, Fragen der Förderung von Teilhabe und Mitarbeit sowie Fragen der Transparenz in der Entscheidungsfindung und bei der Aufteilung des Spektrums. Aussagen des Industrieministers Kreimerman zufolge soll die bisherige Vorgehensweise in diesen Projekten auch ohne Gustavo Gómez weiter befolgt werden. Allerdings stellt sich die Frage, warum dessen Absetzung dann just in einer so entscheidenden Phase erfolgte, in der in Kürze richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden.
Uruguayische Radios und Medieninitiativen sehen die Weiterführung einer Politik der Mediendemokratisierung dadurch bedroht. Sie machen gegen Gustavo Gómez‘ Absetzung mobil.
Unterschriftenkampagne im Internet
Die uruguayische Koalition für demokratische Kommunikation CCD (Coalición por una Comunicación Democrática), ein Zusammenschluss von über dreißig Medien-, Menschenrechts- und Künstlergruppen, hat eine Erklärung gegen die Absetzung von Gustavo Gómez von seinem Posten als Leiter der nationalen Telekommunikationsbehörde veröffentlicht. Sie ruft dazu auf, diese Erklärung im Internet zu unterschreiben (No al relevo de Gustavo Gómez al frente de la Dirección Nacional de Telecomunicaciones (Dinatel).
Die uruguayische Sektion des Weltverbands der Basis- und Communityradios AMARC.uy (Asociación Mundial de Radios Comunitarias en Uruguay) hat den uruguayischen Präsidenten Pepe Mujica am 17.8.2011 in einem Brief gebeten, die Absetzung durch den Industrieminister zu überprüfen. Dabei wird vor allem auf die durch Gustavo Gómez erzielten Fortschritte im Bereich der Meinungsfreiheit und der Demokratisierung der Kommunikation verwiesen. AMARC.uy bittet um internationale Unterstützung.
Wir übersetzen dazu im folgenden eine Erklärung von AMARC.uy:
„Öffentliche Erklärung von AMARC.uy zur angekündigten Absetzung von Gómez als Kopf der Telekommunikationsbehörde DINATEL – Montevideo, 12. August 2011
Angesichts der Absetzung von Gustavo Gómez von seinem Posten als Direktor der Telekommunikationsbehörde wollen wir als AMARC.uy unsere Überraschung und Unzufriedenheit mit dieser Entscheidung zum Ausdruck bringen, die Roberto Kreimerman als Minister für Industrie, Energie und Bergbau getroffen hat.
Als Leiter der Telekommunikationsbehörde DINATEL hatte Gustavo Gómez verschiedene Möglichkeiten und Räume für Dialog, Teilnahme und Förderung geschaffen. Diese wollen wir nicht durch politische Streitigkeiten blockiert sehen. Die Absetzung des Direktors der Telekommunikationsbehörde hätte zwangsläufig zur Folge, dass deren Initiativen zur Unterstützung und Verbesserung im Bereich der Basismedien geschwächt würden. Deshalb fordern wir die sofortige Überprüfung der Absetzung von G. Gómez.
Nach dem Verständnis von AMARC.uy darf die Telekommunikationsbehörde kein Ort für Improvisation und politische Übereinkünfte sein. Ihre Aufgabe besteht vielmehr darin, unter der Zielvorgabe der Demokratisierug der Kommunikation den Zugang verschiedener Akteure zum Radiospektrum zu regulieren und zu fördern.
Für den nationalen Vorstand von AMARC.uy: Victoria Méndez, María Belén Itza, Alexis Espíndola, Rafael Olid, Esteban Yapor y Sebastian Romero”
Vorsitzender der Telekommunikationsbehörde abgesetzt von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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