Selbstverwaltung und Selbstverteidigung im Amazonas

Wampis autonome Regierung
Luftbild von der Zerstörung und Verschmutzung durch illegalen Bergbau in der peruanischen Provinz Madre de Dios. Foto: Flickr/Minamperu (CC BY-NC-ND 2.0)

(Montevideo, 24. Januar 2025, la jornada).- In einer Zeit wachsender Gewalt seitens staatlicher Behörden und der organisierten Kriminalität, die Krieg und Vertreibung provozieren, müssen territoriale Selbstverwaltungen und autonome Regierungen indigener Völker ihre Räume verteidigen. Wenn sie dies nicht tun, ist das Überleben sowohl der indigenen Völker als auch der Gemeinschaften und autonomen Regierungen ernsthaft gefährdet.

Viele autonome Regionen haben jedoch keine oder nur langsame Fortschritte bei der Einrichtung von indigenen Wachen und Verteidigungskräften gemacht. Die indigenen Völker bauen aus der Not heraus autonome Regierungen auf und verstehen allmählich die Spielregeln, die ihnen dieses System aus Ökozid und Genozid auferlegt.

Illegaler Bergbau breitet sich aus

Vor einigen Tagen wurde die Gründung der Charip („Blitz“ in der Sprache der Wampis) am Fluss Santiago in der Amazonasprovinz Condorcanqui an der Grenze zwischen Peru und Ecuador bekannt. In dieser Region ist der Staat nicht präsent (die einzige Polizeistation ist sechs Stunden mit dem Boot vom Bezirk entfernt, ebenso wie das Krankenhaus). Immer präsenter ist dagegen der illegale Bergbau, der die Wasserquellen verseucht und den sozialen Zusammenhalt zerstört.

Die Charip wurden von der 2015 gegründeten Regierung der Wampis gegründet, einer der neun Autonomen Territorialregierungen, die die Gemeinden in dieser Region geschaffen haben. Das Gebiet mit 22 Gemeinden umfasst 1,3 Millionen Hektar und wird von Baggerschiffen der Goldschürfer belagert. Ein Bericht des Nachrichtenportals convoca.pe vom Januar 2025 erklärt die Entstehung der Selbstverteidigung der Wampis.

Wampis gründen Selbstverteidigungseinheiten

Die Charip wurden vor fast einem Jahr während einer Gemeindeversammlung gegründet, um den Vormarsch der Goldschürfer und ihrer Killer zu stoppen, die die Flüsse mit Quecksilber verseuchen. Bei mehreren Gelegenheiten haben die Charip bewaffnete Goldschürfer festgenommen, die mit der peruanischen oder ecuadorianischen Polizei kollaborieren. So haben sie die Verbindung zwischen den Regierungen und dem kriminellen Handel aufgedeckt. Die Festnahme bewaffneter Goldschürfer ist ohne die Unterstützung der Behörden schwierig. So führen die illegalen Tätigkeiten zu schwerwiegenden internen Konflikten und Spaltungen, denn eine Minderheit der Wampis profitiert von ihnen. „Illegale Goldschürfer bringen uns Zwietracht zwischen Familien, Gemeinschaften und bestehende Organisationen“, sagte eine Führungsperson in dem oben genannten Bericht. „Das ist eine Gefahr für uns.“

Interne Konflikte um den Bergbau

Im Oktober 2024 trafen sich Mitglieder der autonomen Territorialregierungen der Wampis und Awajún mit Gemeindepräsident*innen zu einer Sitzung, bei der es zu einer angespannten Debatte zwischen denjenigen kam, die den illegalen Bergbau ablehnen, und denjenigen, die ihn angesichts der Vernachlässigung durch den Staat und der fehlenden Grundversorgung in ihren Gemeinden als Alternative verteidigen. Bei dem Treffen unterstützten nur sieben der 68 Anwesenden den Bergbau. Angesichts der Straflosigkeit für die Goldschürfer, die die Flüsse mit Baggerschiffen überziehen, sind die Charip die Einzigen, die die Gemeinden und die Flussbecken schützen. Die Gruppe besteht aus Männern und Frauen, die ihre Häuser verlassen, um an der „Gruppe für sozioökologische Kontrolle“, wie sie auch genannt wird, teilzunehmen. Sie sind mit traditionellen Speeren und handgefertigten Schrotflinten bewaffnet und tragen kugelsichere Westen.

„Gruppe für sozioökologische Kontrolle“

Zwischen 2022 und 2024 verhängte der peruanische Staat acht Notstandsverordnungen für 540 aufeinanderfolgende Tage. Das hatte jedoch keinerlei praktische Auswirkungen. Die Goldschürfer verschmutzen weiterhin die Flüsse und berauben die Gemeinden ihrer Lebensgrundlage. Betroffen ist vor allem die Fischerei, eine der Hauptnahrungsquellen. Seit über 20 Jahren fordern die Wampis von den Behörden Trinkwasseranlagen, aber der Staat reagiert trotz der gravierenden Verschmutzung mit Schweigen. Auch die Kakaoproduktion der Kooperative Servicios Kanus, an der fast 300 Gemeindemitglieder beteiligt sind und die bis zu 40 Tonnen auf den Markt bringt, ist von Quecksilberemissionen betroffen.

In der benachbarten autonomen Territorialregierung der Awajún wurde eine Gemeindepolizei eingerichtet. Diese Regierung ist für drei Millionen Hektar, 488 Gemeinden und 23 Flussbecken zuständig. Wenn es ihr gelingt, die Schwimmbagger zu vertreiben, die den Schlamm aufwirbeln, um Gold zu gewinnen, tauchen diese an anderen Orten wieder auf, um ihre Verwüstungen fortzusetzen. Manchmal blockiert die Gemeindepolizei die Flüsse, um die Bagger am Durchqueren zu hindern. Doch es sind viele, die Goldschürfer sind bewaffnet und werden von Paramilitärs unterstützt. In den letzten elf Jahren wurden 39 peruanische Umweltaktivist*innen ermordet.

Das macht deutlich, wie sich die autonomen Regierungen verändern, die überall in Lateinamerika unterschiedlich organisiert sind – angetrieben von der Notwendigkeit, ihre Probleme lösen zu müssen. Die Wampis waren die ersten, die 2015 ihre selbstverwaltete Regierung gründeten, gefolgt von den Awajún und sieben weiteren Nachbarvölkern. In den nächsten Jahren werden es laut Unterstützer*innen 15 sein. Der Prozess ist im Gange ist und kann nicht mehr aufgehalten werden. Im peruanischen Amazonasgebiet gibt es allerdings 51 indigene Völker. Einige von ihnen könnten den Aufbau eigener Regierungen und Selbstverteidigungskräfte in Angriff nehmen. Jedes Volk geht seinen eigenen Weg, hat seine eigene Sicht auf die Welt und seine eigenen Möglichkeiten.

Übersetzung: Annette Brox

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