von Gerold Schmidt, Mexiko-Stadt
(Berlin, 12. März 2009, npl).- Nur wenige Tage nach der offiziellen Erlaubnis für die experimentelle Aussaat von Genmais in der vergangenen Woche (siehe Poonal Nr. 834) bestätigte die mexikanische Regierung die Befürchtungen von Greenpeace und anderen Gruppierungen. „Nach und nach“, so Agrarminister Alberto Cárdenas, „werde Mexiko der Technologie für die Entwicklung genveränderter Organismen „die Tür öffnen“. Cárdenas wies mögliche Gesundheitsgefahren auf einer Pressekonferenz Mitte dieser Woche zurück. Bisher seien schädliche Wirkungen für den Menschen nirgendwo nachgewiesen. Niemanden sei „etwas Komisches in seinem Körper passiert“, so der Minister.
Das Interesse von Konzernen an möglichst baldiger kommerzieller Nutzung von mexikanischem Genmais ist offenbar groß. Wie Ariel Álvarez, Exekutivsekretär der interministeriellen Kommission zur Biosicherheit von Genveränderten Organismen Cibiogem auf derselben Konferenz erklärte, liegen dem Agrarministerium bereits 25 Anträge auf experimentelle Aussaat vor. Er nannte dabei keine Namen. Neben dem Biotech-Riesen Monsanto gehören aber beispielsweise Pioneer, Syngenta und Dow Agroscience zu den wenigen Multis, die das Geschäft mit genverändertem Saatgut weltweit beherrschen. Auch der deutsche Bayer-Konzern mit seinem Genmais T 25 gehört dazu. Für die Gegner des genveränderten Mais ist die experimentelle Aussaat das offizielle Einfallstor für einen späteren verbreiteten Anbau für den menschlichen und tierischen Konsum in Mexiko selbst. Álvarez selbst hält den kommerziellen Anbau von Genmais „in zwei oder drei Jahren für möglich“ und bestärkt damit diese Einschätzung.
In Mexiko wuchs vor etwa 7-9000 Jahren der Teozintle, der wild wachsende Vorläufer der späteren Maissorten. Heute sind 59 Zuchtarten und über 200 verschiedene Sorten registriert, doch gibt es auch weitaus höhere Zahlenangaben zur Saatgutvielfalt. Neben heute noch nicht absehbaren Gesundheitsrisiken sehen Kritiker gerade diese Vielfalt im Ursprungsland des Mais durch eine nicht zu kontrollierende Kontaminierung mit Genmais gefährdet. In den vergangenen Jahren wurde bereits an acht verschiedenen Orten in den Bundesstaaten Chihuahua, Sinaloa, Oaxaca und Puebla Genmais festgestellt. Sehr wahrscheinlich wurde er aus den USA importiert, vielleicht sogar bewusst untergemischt. Statt dagegen mit schärferen Kontrollen vorzugehen, werde nun „die Illegalität legalisiert“, meint beispielsweise die bäuerliche Vertriebsorganisation ANEC.
Den Beteuerungen verschiedener staatlicher Stellen, den traditionellen einheimischen Mais zu schützen, wird nach den bisherigen Erfahrungen wenig Vertrauen entgegen gebracht. Die Aussage des Leiters der mexikanischen Umweltschutzbehörde Profepa, er werde ernsthaft gegen illegalen Anbau vorgehen, wirkt wie ein Lippenbekenntnis im Nachhinein. Selbst bei gutem Willen dürfte die Profepa gegen die Gentechniklobby den Kürzeren ziehen. Ohne Erfolg hatte Greenpeace noch im Dezember mit einer Aktion vor der Präsidentenresidenz versucht, das Inkrafttreten der aktuellen Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Biosicherheit – in Mexiko als das Monsanto-Gesetz bekannt – und damit die experimentelle Aussaat zu verhindern. Auch das mexikanische Netzwerk zur Verteidigung des Mais hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder gegen die Erlaubnis für den Genmais-Anbau eingesetzt.
Letztendlich vergeblich. Allerdings müssen die Genmais-Befürworter weiter mit Widerstand rechnen. Der oppositionelle Bürgermeister von Mexiko-Stadt gab Ende Februar eine Erklärung gegen jeglichen Genmais im Gebiet der Metropole ab. Diese weist in ihren Außenzonen noch relativ viel Ackerland auf. Entscheidender wird jedoch die Reaktion der Bauern in anderen Landesteil sein.
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