(Berlin/Oaxaca, 12. Oktober 2023, npla).- Die Klimakrise hat zum Teil katastrophale Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Weltweit wechseln sich sintflutartige Regenfälle mit langen Trockenperioden ab, was nicht nur die Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellt, sondern oft auch die Trinkwasserversorgung gefährdet. Verschärft werden die Probleme durch den hohen Wasserverbrauch großer Industriebetriebe. Am Beispiel von Teslas Giga-Factories zeigen wir, wie sich das vor Ort auswirkt.
Im Februar 2023 kündigte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador an, dass Tesla eine Giga-Factory im Norden des Landes, nahe der Industriemetropole Monterrey, errichten wird. López Obrador versprach viele neue Arbeitsplätze und ging auch auf das Problem des Wassermangels in der Region ein. Tesla-Chef Elon Musk habe sich verpflichtet, im gesamten Produktionsprozess nur wiederaufbereitetes Wasser einzusetzen, versicherte der Präsident.
Um zu verstehen, wie ernst solche Versprechen genommen werden, kann ein Blick nach Deutschland helfen. In Grünheide bei Berlin wurde ein knappes Jahr vor López Obradors Ankündigung eine solche Giga-Factory in Betrieb genommen. Auch bei dieser Investition Elon Musks wurden neue Jobs für die Region und ein schonender Umgang mit dem Wasser versprochen. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Giga-Factory hat Wasserverbrauch von 40.000 Menschen
Manuela Hoyer ist Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzende der Bürgerinitiative Grünheide. Seit 2019 organisiert diese regelmäßig Waldspaziergänge, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, welche mit Bau und Betrieb der Giga-Factory einhergehen. Denn das Land Brandenburg, in dem Grünheide liegt, zählt zu den trockensten Regionen Deutschlands und die Wasserversorgung ist jetzt schon ein Problem. Der Betrieb der Fabrik wird die angespannte Versorgungslage weiter verschärfen und hat schon jetzt konkrete Auswirkungen. Hoyer berichtet davon, dass der Wasserverband den Verbrauch von neuen Wasserabnehmer*innen limitiert, nämlich auf nur noch 105 Liter pro Kopf und Tag. Für Altkund*innen soll das dann ab 2025 ebenfalls gelten.
Auch der Bundesstaat Nuevo León, in dem Mexikos Giga-Factory entstehen soll, ist von extremer Trockenheit geprägt. Das ganze Jahr über fallen kaum Niederschläge. In großen Teilen des Bundesstaates herrscht Wüstenklima. Wasser ist hier ein kostbares Gut und muss oft über weite Strecken zu den Abnehmer*innen transportiert werden.
Wassernotstand gefährdet Trinkwasserversorgung
Im Jahr 2022 brach in Monterrey, der Hauptstadt Nuevo Leóns, der Wassernotstand aus. Seit Jahren sinkt der Wasserspiegel der Stauseen, welche die Stadt mit Trinkwasser versorgen. Im Juni letzten Jahres trockneten sie fast vollständig aus.
In Monterrey gab es bis dahin nie Probleme mit dem Wasser. Das Wasser war sogar so gut, dass man es direkt aus dem Hahn trinken konnte, berichtet Marco Antonio Fierro. Fierro stammt aus dem armen Süden Mexikos, dem an Wald und Wasser reichen Bundesstaat Chiapas. Der Journalist zog vor mehr als 15 Jahren nach Monterrey. Die Industriemetropole versprach bessere Jobmöglichkeiten als die alte Heimat.
Den Grund für die Probleme bei der Wasserversorgung sieht Fierro nicht allein bei Tesla, sondern auch in der Ansiedlung weiterer Industriebetriebe in der Region. Und er befürchtet, dass die Auswirkungen schlimmer werden, sowohl was den Wasserverbrauch als auch die Verschmutzung angeht.
Erweiterung der Giga-Factory wird die Klimakrise verschärfen
In Brandenburg haben haben Manuela Hoyer und ihre Mitstreiter*innen Anfang Juli 2023 wieder zu einem Waldspaziergang eingeladen. Der Grund: Tesla hat angekündigt, die seit gut einem Jahr produzierende Giga-Factory zu erweitern. Dazu sollen weitere gut einhundert Hektar Wald abgeholzt werden – ein Wald, der seit Jahren nach ökologischen Gesichtspunkten umgebaut wird, um ihn resistent gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu machen. Die großflächigen Rodungen haben bereits jetzt Auswirkungen auf das Klima, beklagt Manuela Hoyer. Denn es ist viel heißer als zuvor und staubiger, weil die gefällten Bäume kein CO2 mehr speichern, ergänzt sie.
Werner Klink weiss, warum das so ist. Er ist pensionierter Geologe und der Wasserexperte der Bürgerinitiative. Wenn der Wald gerodet wird, heizt sich der Boden in den Sommermonaten auf und in der Umgebung steigen die Temperaturen um mehrere Grad. Die Klimasteuerung durch den Wald ist unterbunden. Die Rodungen werden aber nicht nur die Trockenheit weiter verschärfen, sondern auch zur Belastung des Grundwasser beitragen, ergänzt Klink. Weil der schützende Wald, der das Wasser filtert, weg ist, gelangt das Regenwasser jetzt ungereinigt ins Grundwasser, erklärt der Wasserexperte.
Das Grundwasser ist in Gefahr
Auch in Monterrey wird die Verunreinigung des Wassers zunehmend zum Problem, berichtet Marco Fierro. Die Wasserqualität hat sich in letzter Zeit stark verändert. Das Wasser aus dem Hahn schmeckt jetzt komisch und ist zum Teil verfärbt, beschwert er sich.
Angesichts der Gefahren, die große Industriebetriebe wie Teslas Giga-Factories für das Trinkwasser bedeuten, müsste die Politik alles unternehmen, um es zu schützen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Sowohl in Deutschland als auch in Mexiko versucht sie es den Investor*innen so leicht wie möglich zu machen. Und das zu Lasten einer sicheren Wasserversorgung.
Gegen die Gefährdung des Wassers regt sich Widerstand
Doch in beiden Ländern organisieren sich die Menschen, um ihr Wasser zu verteidigen. Als 2005 der südmexikanische Bundesstaat Oaxaca unter einer schweren Dürre litt, schlossen sich 17 Gemeinden zusammen, um für eine selbstverwaltete Wasserversorgung zu kämpfen. Und sie hatten Erfolg. Ernesto Martínez Santiago, Vorsitzender des Zusammenschlusses, drückt die Hoffnung aus, dass ihr Erfolg auch für andere Ansporn zum Kampf für ihr Wasser sein wird.
Den Podcast zum Artikel findet ihr hier.
Gefährden Teslas Giga-Factories das Wasser? von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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