(Fortaleza, 19. November 2021, Brasil de Fato).- Im Amazonasgebiet hat die Abholzungsrate erneut zugenommen. Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte Daten des Staatlichen Instituts für Weltraumforschung (INPE) zeigen, dass die Entwaldung von August 2020 bis Juli 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21,97 Prozent zugenommen hat. Dies ist die höchste Steigerungsrate seit 2006. Insgesamt wurden 13.235 Quadratkilometer Wald abgeholzt. Seit dem Amtsantritt des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro vor knapp drei Jahren sei die abgeholzte Gesamtfläche um 52,9 Prozent gewachsen. Dabei wurden von 2019 bis 2021 jedes Jahr durchschnittlich 11.405 Quadratkilometer Wald vernichtet. In den drei Jahren vor Bolsonaros Amtsantritt betrug der Mittelwert lediglich 7.458 Quadratkilometer.
Für Cristiane Mazzetti, Sprecherin der Kampagne für Amazonien bei Greenpeace Brasilien, ist offensichtlich, „dass die Maßnahmen, die von brasilianischer Seite notwendig wären, um die Entwaldung und den Klimawandel aufzuhalten, nicht von der aktuellen Regierung kommen werden. Denn diese lebt in der Vergangenheit und betrachtet den Urwald und die, die dort wohnen, weiterhin nur als Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung.“ Greenpeace weist auch darauf hin, dass die Daten des INPE vom 27. Oktober stammen und somit schon zur Verfügung standen, bevor Vertreter*innen der brasilianischen Regierung zum Klimagipfel COP 26 nach Schottland gereist sind. „Es ist klar, dass die jüngsten Versuche der Regierung, sich ein sauberes Image zu geben, nicht der Realität entsprechen. Wer in den letzten drei Jahren mitverfolgt hat, wie in Brasilien Umweltmanagement immer weiter abgebaut und jeder Einsatz für die Umwelt quasi kriminalisiert wird, kann von 13.235 Quadratkilometern abgeholzter Fläche kaum überrascht sein“, kritisiert Mazzetti.
„Bolsonaro macht Brasilien zu einer Bedrohung für das globale Klima“
Auch das brasilianische Klimaobservatorium reagiert auf die Zahlen und betont, dass die Abholzungsrate nun zum vierten Mal in Folge gestiegen ist. Dies sei seit Beginn der Aufzeichnungen des INPE im Jahr 1988 noch nicht vorgekommen. Mario Astrini, geschäftsführender Sekretär des Observatoriums, kommentiert: „Die Zahlen sind das Ergebnis der beharrlichen und systematischen Verhinderung von Umweltschutzmaßnahmen unter Jair Bolsonaro. Sein Plan, den größten Regenwald der Welt verschwinden zu lassen, geht auf. Und somit macht er Brasilien zu einer Bedrohung für das globale Klima.“
Im Zusammenhang mit den an vielen Orten der Welt ausgerufenen Klimanotständen sind die Augen derzeit auf Brasilien gerichtet. Der Anstieg der Abholzungsrate in den letzten drei Jahren verstößt nicht nur gegen internationale und von Brasilien mitgetragene Vereinbarungen. Auch im Kontext bestimmter multilateraler Wirtschaftsabkommen bewirkt die Zerstörung des Waldes einen erheblichen Imageschaden für das Land.
„Diese Situation wird sich noch verschärfen, wenn der Senat das ‚Grilagem‘-Gesetz verabschiedet, das Inbesitznahme von öffentlichen Flächen durch Privatpersonen oder Unternehmen vereinfacht und die Abholzung weiter voran treibt“, sagt Mazzetti. Das Gesetz wird derzeit in der Abgeordnetenkammer diskutiert. Unterstützung erfährt es vor allem von Lobbygruppen der Landbesitzer*innen. Diese haben ein besonderes Interesse an staatseigenen Flächen, denen noch keine Nutzungsbestimmung zugewiesen ist, und die sie sich durch das neue Gesetz aneignen könnten. Die Daten der INPE zeigen, dass 32 Prozent der von Entwaldung bedrohten Gebiete ebensolche Flächen sind.
„Bolsonaro macht Brasilien zur Bedrohung für das globale Klima“ von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Schreibe einen Kommentar