von Natasha Pitts
(Fortaleza, 19. April 2010, adital).- Trotz starker Mobilmachung, dem Einlegen von Rechtsmitteln und vielen Kampagnen wurde am 20. April in Brasilia eine Auktion durchgeführt, bei der entschieden wurde, welche Firma den Zuschlag für den Bau des Wasserkraftwerks von Belo Monte erhält. Das Werk soll in der Region des Flusses Xingu, im brasilianischen Bundesstaat Pará im Norden des Landes errichtet werden. Die Aktionen gegen das Projekt werden jedoch fortgesetzt. Etwa 150 Indígenas besetzten am 20. April das Gelände, auf dem das Werk gebaut werden soll.
Nach Aussagen von Antonia Martins, Koordinatorin der Frauenbewegung von Altamira, die Teil der Bewegung „Der Xingu soll für immer leben“ (Movimento Xingu Vivo para Sempre) ist, soll das Gelände dauerhaft besetzt bleiben. Um die 5.000 Personen sollen auf dem Gelände kampieren und leben. Bezüglich der Entscheidung über die Durchführung der Auktion äußerte die Aktivistin, dass sie bedaure, auf welche Weise die Regierung in der Frage des Belo Monte-Projekts gehandelt habe. Die Regierung habe lediglich die möglichen Gewinne gesehen und dabei alle Schäden außer Acht gelassen, die durch die Bauarbeiten entstünden.
„Die Entscheidung über Belo Monte ist offensichtlich eine politische. Sie basiert nicht auf technischen Studien die zeigen, dass das Projekt nicht rentabel ist. Uns ist egal, ob es sich dabei um das Lieblingsprojekt des Plans zur Wachstumsbeschleunigung PAC (Programa de Aceleração do Crescimento) handelt, das 2006 von der Regierung Lula lanciert wurde. Nicht egal ist uns aber, dass durch den Bau des Wasserkraftwerks die Schiffbarkeit beeinträchtigt wird, die Fischvorkommen zurückgehen werden und es weitere Negativeffekte geben wird. Wir wissen, dass wir auf die Natur achten müssen, denn sie ist beschädigt, doch für uns ist es am das Schlimmsten, dass das Leben der Menschen auch davon beeinträchtigt sein wird“.
Seit Mitte April hat Bundesrichter Antonio Carlos Almeida Campelo aus der Unterabteilung in Altamira zwei einstweilige Verfügungen erlassen, in denen die Auktion für den Bau des Wasserkraftwerks untersagt worden war. Unmittelbar darauf focht die Anwaltschaft der Föderalen Union AGU (Advocacia-Geral da União AGU) die Verfügung erfolgreich vor dem Föderalen Regionalgericht von Brasília (DF) an, um die Entscheidung zu kippen und so die Durchführung der Auktion zu ermöglichen.
Am 20. April kam der Bundesrichter der Region Altamira den Gesuchen der NGOs Friends of the Earth – Brasilianisches Amazonien und Vereinigung zur Verteidigung von Ethnien und Umwelt – Kanindé (Associação de Defesa Etnoambiental – Kanindé) nach und erließ eine dritte einstweilige Verfügung, mit der die Durchführung der Auktion untersagt wurde. Doch wie bereits vorherzusehen war, erreichte die AGU schnell die Rücknahme des richterlichen Beschlusses. Die Auktion selbst dauerte lediglich sieben Minuten. Das Konsortium Norte Energia, das aus neun Unternehmen besteht, erhielt den Zuschlag mit dem Gebot von 77,97 R$ (ca. 33 Euro) pro Megawattstunde (R$/MWh).
Ungeachtet dieser negativen Entwicklung und vor allem der Durchführung der Auktion, wollen die Gegner*innen des Staudamms ihren Kampf nicht aufgeben und weiter gegen die sozialen Ungerechtigkeiten angehen, die durch die aktuelle Energiepolitik Brasiliens hervorgerufen werden.
„Die Durchführung der Auktion ist Teil einer juristischen und bürokratischen Schlacht. Das hat nichts mit den Entwicklungen bei Kämpfen der sozialen Bewegungen, der Flussbewohner*innen, der Umweltschützer*innen und der Indigenen zu tun. Dieser Kampf wird mit der Durchführung der Auktion nicht aufhören, nur weil die Auktion für das Projekt durchgeführt wurde. Wir haben uns nicht nur dafür organisiert, sondern für den Kampf, für den Widerstand“, versicherte Dion Monteiro, vom städtischen Komitee „Der Xingu soll für immer leben“ (Comitê Metropolitano Xingu Vivo para Sempre).
Antonia unterstrich ebenfalls, dass sie weiter gegen den Bau des Wasserkraftwerks kämpfen werden, obwohl sie durch die Entscheidung geschwächt worden sind: „Wir sind traurig, weil einige Menschen, so wie ich, ihre Jugend damit verbracht haben, gegen den Bau von Belo Monte zu kämpfen und andere Entwicklungsmodelle für die Region aufzuzeigen. Aber wir konnten die Regierung nicht überzeugen. Wir haben unsere Kinder nicht in ihrer Freizeit begleitet, sind nicht ausgegangen – all das für diesen Kampf, und das ist jetzt niedergewalzt worden. Noch haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich das Blatt noch zum Guten wenden kann. Unser Kampf endet nicht mit der Aktion. Wir befinden uns jetzt allerdings in einer neuen Situation und müssen andere Strategien anwenden“, erklärte sie.
Dion zufolge werden die sozialen Bewegungen ihren Widerstand gegen den Bau von Belo Monte weiterhin gegenüber der Staatsanwaltschaft und gemeinsam mit Unterstützer*innen in und außerhalb Brasiliens äußern. Sie werden die Situation bei nationalen und internationalen Gerichten anprangern und ihren Kampf und Widerstand gegen das Wasserkraftwerk vergrößern.
Den ganzen Dienstag lang fanden in acht brasilianischen Bundesstaaten und dem föderalen Distrikt Brasília Demonstrationen gegen den Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte statt. Die Demonstrationen in Fortaleza, Florianópolis, Porto Alegre, Porto Velho, Belo Horizonte, Belém, Campina Grande und Altamira wurden von der Bewegung der von Staudämmen Betroffenen MAB (Movimento dos Atingidos por Barragens) organisiert.
Mitglieder des MAB aus Tocantins und Goiás, die Bewegung „Der Xingu soll für immer leben“ (Movimento Xingu Vivo para Sempre) und die indigene Bewegung vereinten in Brasília ihre Kräfte. Es gelang ihnen aber nicht, vor die Nationale Behörde für Elektroenergie ANEEL (Agência Nacional de Energia Elétrica) zu ziehen. Die Behörde konnte eine einstweilige Verfügung erwirken, die es den Demonstrant*innen verbot, sich auf mehr als einen Kilometer Entfernung der Behörde anzunähern.
Belo Monte: Kampf gegen Wasserkraftwerk geht weiter von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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