Santiago Maldonado ist tot: „Dieser Schmerz kennt keine Worte“

(Caracas, 20. Oktober 2017, telesur/poonal).- Der Körper, der am 17. Oktober im Fluss Chubut in der gleichnamigen südargentinischen Provinz im Departement Cushamen gefunden wurde, ist die Leiche von Santiago Maldonado. Der Bruder des jungen Aktivisten, Sergio Maldonado, bestätigte am 20. Oktober, dass er seinen Bruder identifizieren konnte. „Wir konnten den Körper anschauen und wir haben seine Tattoos wiedererkannt. Deswegen sind wir sicher, dass es Santiago ist.“ Der 28-jährige galt seit dem 1. August als vermisst, nachdem die Gendarmerie dort gewaltsam gegen eine Protestaktion der Mapuche vorgegangen ist. Zeug*innen der Mapuche-Gemeinde hatten ausgesagt, dass sie den Fluss durchqueren mussten, als sie vor den Polizeieinheiten flüchteten. Maldonado sei dies nicht gelungen.

Sergio Maldonado sagte, dass nun die Autopsie beginnen werde und die DNA-Analyse in einigen Tagen erstellt sein werde. „Das schließt nicht aus, dass die Gendarmerie verantwortlich ist. Deshalb werden wir die Untersuchungen weiter verfolgen, damit die Wahrheit ans Licht kommt und Gerechtigkeit widerfährt“, betonte Sergio Maldonado. Er bat zudem um Respekt für seine Familie.

Die Leiche wurde erst beim vierten Durchkämmen des Gebiets im Fluss Chubut gefunden, unweit von dort, wo Maldonado zum letzten Mal gesichtet worden ist. Der mit der Untersuchung beauftragte Bundesrichter Gustavo Lleral hatte die erneute Suche angeordnet. „Am Mittag wurde ein lebloser Körper im Fluss Chubut gefunden, etwa 300 Meter entfernt vom Epizentrum des Konflikts, der sich am 1. August abgespielt hat“, erklärte die Staatsanwaltschaft der südargentinischen Stadt Esquel.
Der dunkel gekleidete Körper hing in Weidenzweigen in einer Mulde des Flusses fest. Der Fundort liegt 1.500 Meter vom Wachtposten der Mapuche-Gemeinde Pu Lof entfernt, in Richtung der Stadt Esquel im Nordosten der Provinz Chubut.

Wurde die Leiche abgelegt?

Da die argentinischen Behörden das Gebiet bereits dreimal abgesucht hatten, haben Menschenrechtsgruppen am 18. Oktober bei einem Besuch am Fundort gemutmaßt, der Körper sei im Fluss abgelegt worden. Die dort anwesende Menschenrechtsbeobachterin Mabel Sánchez erklärte, der Körper „wurde abgelegt, eine totale Dekoration; aber wenigstens konnte der Sachverständige der Familie den Fundort untersuchen.“

Der Sprecher der Mapuche-Gemeinde Pu Lof, Fernando Jones Huala, erklärte gegenüber der Tageszeitung Página 12, dass „die Polizeitaucher bereits am 3. August bestätigt haben, dass sie alles abgesucht haben und sie Santiago gefunden hätten, wenn er ertrunken wäre.“ Huala bezeichnete die These des Todes durch Ertrinken als „unhaltbar“. Auch Romina Jones von der Gemeinde Pu Lof bezweifelte, dass der junge Aktivist ertrunken sei, da der Fluss nicht tief und zudem unter Wasser voller Zweige und Wurzeln sei.

Aus demselben Grund hatten auch die Spezialist*innen der Marinebehörde einen Tod durch Ertrinken ausgeschlossen, nachdem sie das Gebiet wenige Tage nach dem Verschwinden Maldonados abgesucht hatten.

Demonstrant*innen fordern Gerechtigkeit

Am Freitag, 20. Oktober gingen tausende Menschen in Buenos Aires, La Plata und weiteren Städten Argentiniens auf die Straße. Sie forderten Gerechtigkeit und die Wahrheit über die Umstände des Todes von Maldonado. Viele forderten den Rücktritt der Sicherheitsministerin Patricia Bullrich, die stets das gewaltsame Vorgehen der Gendarmerie verteidigt hatte.

Unterdessen hat die Autopsie keine Verletzungen an der Leiche von Santiago Maldonado feststellen können. Das teilte der Bundesrichter Gustavo Lleral mit. Die Untersuchung wurde vom Forensik-Team des Obersten Gerichtshofs sowie vom renommierten Argentinischen Team für Forensische Anthropologe EAAF geleitet. Die genaue Todesursache könne jedoch erst in etwa zwei Wochen bestimmt werden, so Lleral.

Was geschah mit Santiago Maldonado?

Die Mapuche kämpfen darum, das von ihnen beanspruchte Land in Patagonien zurück zu bekommen. Seit 2015 beklagen sie den Verkauf großer Landstriche an das italienische Modeunternehmen Benetton. Am 1. August dieses Jahres ging die Gendarmerie gewaltsam gegen Demonstrant*innen der Mapuche vor, die eine Landstraße in der patagonischen Provinz Chubut blockiert hatten.

Laut der Journalistin Laura Capote habe die Gendarmerie dabei „wahllos auf die Leute geschossen“. Santiago Maldonado, der einige Monate zuvor nach Patagonien gereist war, um die Mapuche zu unterstützen, war unter den Indigenen, die vor den Polizeikräften flüchteten. Nach Angaben der Journalistin hätten Maldonado und die anderen versucht, den Fluss zu durchqueren, „doch er hat es nicht geschafft. Statt dessen holt ihn die Gendarmerie aus dem Wasser, schlägt ihn und schleppt ihn in einen Polizeitransporter, wo er zum letzten Mal gesehen wird.“

Ab dem Moment habe die argentinische Polizei jede Verbindung mit Maldonado geleugnet. Die Regierung hat sich geweigert, von einem gewaltsamen Verschwindenlassen zu sprechen; statt dessen kursierten Gerüchte, Maldonado habe sich nach Chile abgesetzt.

Seine Familie veröffentlichte am Freitag ein Statement in dem es hieß: „Wir müssen erfahren, was Santiago passiert ist und welche Leute für seinen Tod verantwortlich sind. Nicht nur die, die ihm das Leben genommen haben, sondern auch die, die aktiv oder durch Unterlassung mitgeholfen haben, den Fall zu vertuschen oder die Suche zu behindern.“

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