Wahlkampf endet mit einer unerwarteten Stichwahl

(Quito, 21. August 2023, bolpress).- Eine Stichwahl zwischen Luisa González von der Partei Revolución Ciudadana (RC) und Daniel Noboa des Bündnisses Acción Democrática Nacional (ADN) war vor wenigen Wochen noch undenkbar. Nun ist sie Realität und für den 15. Oktober angesetzt.

Noboa überrascht mit hoher Stimmzahl

Die Ergebnisse der Wahlen am 20. August bestätigen einmal mehr, dass die linke Partei Revolución Ciudadana das stärkste politische Bündnis Ecuadors ist. Ihre Kandidatin Luisa González erreichte 33 Prozent der Stimmen und gewann die Runde. Auch bei den letzten Umfragen hatte González schon vorngelegen. Sie selbst hatte ein Ergebnis angestrebt, das eine zweite Runde überflüssig gemacht hätte. Währenddessen kämpften die anderen sieben Kandidat*innen um die Plätze in der eventuellen Stichwahl. Nur wenige aber rechneten damit, dass der 35-Jährige Daniel Noboa diesen begehrten Platz einnehmen würde. Der Ex-Abgeordnete und Unternehmer gewann 24 Prozent der Stimmen. Die gesamte Wahlstimmung kippte am 9. August mit dem Mord am Construye-Kandidaten Fernando Villavicencio. Diejenigen Anwärter*innen auf das Amt, die ein hartes Vorgehen gegen Kriminelle und das organisierte Verbrechen versprachen, gewannen dadurch mehr Beliebtheit. Noboa war nicht darunter. Seiner Kandidatur verhalf vor allem die Fernsehdebatte am 13. August, wo er sich sehr selbstsicher zeigte. Sein Selbstvertrauen katapultierte ihn auf den Platz, auf dem er jetzt ist.

Ein neues Kapitel?

Auch Expräsident Rafael Correa (2007-2017) meint: Nun stehen zwei verschiedene Modelle an den Urnen einander gegenüber: der unternehmerische Ansatz von Noboa und der an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientierte Ansatz von González. Daniel Noboa war für das rechtsgerichtete Parteienbündnis ADN angetreten. Sein Vater, der Großindustrielle Álvaro Noboa, hatte bereits fünfmal erfolglos für das Präsidentenamt kandidiert.Der ehemalige Präsident Correa bekräftigte, das Modell seiner Parteigenossin Luisa González basiere auf Gleichheit und sozialem Fortschritt – so wie es in seinem Mandat der Fall gewesen sei. González sagte bei Bekanntgabe der Wahlergebnisse am Sonntag, dass nun ein neues Kapitel in der Geschichte Ecuadors beginne. Sie sprach von einer Geschichte des Glaubens, der Hoffnung und des Optimismus und einem Vaterland mit besseren Zeiten, Würde und für ein gesamtes Volk. „Wir müssen bei unserer Stimmabgabe besonnen handeln, wir wollen kein Lasso 2.0. Wir müssen das Land zurückgewinnen”, versicherte sie in Bezug auf Guillermo Lasso, den derzeitigen Präsidenten. Wie im Jahr 2021 stehen sich nun der Correísmo und die Wirtschafts- und Business-Elite gegenüber. Vor zwei Jahren gewann der Banker Lasso die Wahl gegen Andrés Arauz, der nun beratend an der Seite von González steht. Doch das ganze Land sowie auch der Correísmo selbst waren vor zwei Jahren noch in einem ganz anderen Zustand. Die Kommunal- und Landeswahlen im letzten Februar hatten es bereits gezeigt: Die Partei Revolución Ciudadana ist gestärkt aus der Zeit der Verfolgung hervorgegangen, obwohl viele ihrer Führungspersönlichkeiten im Exil leben, wie beispielsweise auch Correa selbst. Luisa González oder Daniel Noboa – wer auch immer bei der Wahl am 15. Oktober den Sieg davonträgt, wird nur 18 Monate regieren können. Eine kurze Zeit, in Anbetracht der Herausforderungen, vor denen das Land derzeit steht angesichts der tiefsten Sicherheitskrise seiner Geschichte.

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