(Caracas/Bogotá, 14. November 2016, telesur-poonal).- Die Delegationen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) unterzeichneten einen neuen Friedensvertrag, nachdem die erste Fassung beim Plebiszit am 2. Oktober nicht angenommen worden war.
Das neue Dokument wurde von beiden Seiten als „Vertrag der Hoffnung“ bezeichnet, da dieser nach den Widerständen gegen die erste Version nun Vorschläge von verschiedenen Sektoren des Landes enthält. Der Präsident Kolumbiens, Juan Manuel Santos, hatte am 12. November erklärt, dass der Friedensvertrag in 56 von 57 Punkten verbessert worden sei. Laut Iván Márquez, Chef-Unterhändler der FARC-EP bei den Verhandlungen in Havanna, bewahre der neue Friedensvertrag die Struktur und den Geist der ersten Vereinbarung.
Márquez erläutert, dass dieser neue Vertrag mindestens 65 Prozent der Vorschläge aufgreife, die von Gegner*innen des ersten Vertrages hinsichtlich des vorgesehene Systems der Übergangsjustiz gemacht wurden, der sogenannten Jurisdicción Especial para la Paz (JEP). Außerdem seien fast 90 Prozent der Initiativen berücksichtigt worden, die sich auf das Thema der geschlechtlichen Gleichstellung beziehen. Gerade dieses Thema hatte vor allem bei religiösen Gruppierungen für hohe Ablehnung gegen den Friedensvertrag gesorgt.
Keine Veränderungen bei neuralgischen Punkten
Der kolumbianische Politikexperte Jairo Estrada bekräftigte in einem Interview mit TeleSur, dass es bei den besonders sensiblen Punkten in der neuen Fassung keine starken Veränderungen wurden gegenüber dem ersten Vertrag gebe. Der neue Text enthalte Präzisierungen und Erläuterungen, die zu einem besseren Verständnis beitragen und potentiellen Konflikten um die Auslegung vorbeuge, so der Analyst.
Sowohl die Guerilla FARC-EP als auch die kolumbianische Regierung hätten in den letzten Wochen intensiv an dem Dokument gearbeitet und viele Arbeitssitzungen in Havanna abgehalten, um die Positionen von Anhänger*innen des „Ja“ und des „Nein“ zu vernehmen und ein entsprechend überarbeitetes Abkommen präsentieren zu können.
Außerdem wurden den Repräsentant*innen über 500 Vorschläge vorgestellt, auf Basis derer die Beteiligten nach langen Sitzungen zu einem Friedensvertrag gekommen sind, der nun als endgültiges Ergebnis bezeichnet werden kann. Estrada hob hervor, dass noch präzisiert werden müsse, wer den neuen Vertrag mit unterzeichnet, um mit der Amnestie und dem Prozess der Transition in den ländlichen Gebieten zu beginnen zu können, wo die Sympathisant*innen der FARC-EP ihre Waffen niederlegen sollen.
Wesentliche Punkte des endgültigen Friedensvertrags
Entschädigung der Opfer
Die FARC-EP Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejercito Popular (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Volksheer) verpflichten sich, all ihre Güter zu deklarieren und für die Entschädigung der Opfer zur Verfügung zu stellen.
Freiheitsbeschränkung
Das Friedenstribunal legt bei Sanktionen sowohl Aufenthaltsorte als auch den zeitlichen Rahmen fest, innerhalb dessen die Strafe vollzogen werden soll.
Nichtregierungsorganisationen (NRO)
NRO können nicht als Staatsanwälte auftreten und Anklage erheben. Sie können jedoch Informationen präsentieren, die von den Zuständigen geprüft wird.
Richter
Alle Richter*innen des Friedentribunals müssen Kolumbianer*innen sein und die gleichen Qualifikationen vorweisen wie an Gerichten tätige Jurist*innen.
Privatbesitz
Der Respekt des Privateigentums und das Recht auf Eigentum wurden bestätigt.
Landwirtschaft
Es wird eine Expertenkommission eingerichtet, um landwirtschaftliche Themen zu klären.
Makroökonomie
„Unternehmerverbände zeigten sich besorgt bezüglich von Auswirkungen der Einigung auf die makroökonomische Stabilität“, betonte Präsident Santos. Die Umsetzung des Friedensabkommens werde gemäß einer nachhaltigen Steuerpolitik erfolgen, mit der die Steuerlast gegebenenfalls über einen Zeitraum von zehn Jahren gesenkt werde.
Drogen
Alle sind verpflichtet, detaillierte Informationen zum Drogenhandel zur Verfügung zu stellen, um Verantwortlichkeiten zu klären.
Spezielle Gerichtsbarkeit für den Frieden JEP
Die Spezielle Gerichtsbarkeit für den Frieden JEP (Jurisdicción de Paz) wird es in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren geben, Aufforderungen für die Untersuchung von Fällen wird sie jedoch nur in den ersten beiden Jahren annehmen.
Die FARC-EP in der Politik
Die Partei, die sich aus der Eingliederung der FARC-EP ergibt, darf ihre Kandidat*innen nicht für Ämter einsetzen, die bereits für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und andere Minderheiten reserviert sind. Die Partei der FARC-EP kann bei Wahlen für politische Ämter kandidieren, sie kann jedoch keine Kandidat*innen für die 16 Übergangssitze im Kongress bestimmen.
Gender
Es werden die Prinzipien der Geschlechtergleichheit und Nicht-Diskriminierung betont.
Nachbemerkung: Das kolumbianische Parlament hat Anfang Dezember dem neuen Friedensvertrag zugestimmt.
Worin bestehen die Änderungen im neuen Friedensvertrag von Kolumbien? von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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