Schleppende Vergangenheitsbewältigung: Proteste an Diktatoren-Statue

(Buenos Aires, 31. Juli 2012, púlsar).- In Rio de Janeiro haben am 29. Juli etwa 300 Demonstrant*innen an einer Statue des Generals Castelo Branco ihre Verärgerung über die schleppende Aufarbeitung der Verbrechen der Militärdiktatur zum Ausdruck gebracht. Die Diktatur hatte Brasilien von 1964 bis 1985 im Griff gehalten. General Castelo Branco, der führend am Sturz des linken Präsidenten João Goulart beteiligt war, amtierte als Präsident von 1964 bis 1967.

Protestform aus Argentinien übernommen

Die Menschenrechtler*innen legten seiner Statue eine Schärpe mit der Aufschrift „Diktator Brasiliens 1964“ um. Die Aktionsform des sogenannten „Esculacho“ stammt ursprünglich aus dem Nachbarland Argentinien, wo sie als „Escracho“ bekannt ist. Auf mitunter spektakuläre Weise werden hierbei Verbrecher*innen aus den Zeiten der Diktatur an den Pranger gestellt.

Im April war beispielsweise der Arzt Harry Shibata Zielscheibe eines Esculacho. Er hatte während der brasilianischen Militärdiktatur falsche Todesursachen für zu Tode Gefolterte beglaubigt. Die Protestierenden waren mit Plakaten vor das Haus des Arztes gezogen, der sich für diese Taten nie verantworten musste.

Diskussion um „Wahrheitskommission“

Brasilien diskutiert derzeit kontrovers über die Arbeit einer Wahrheitskommission, die Licht in die von der Diktatur begangenen Verbrechen bringen soll. Unter den Protestierenden befanden sich auch ehemalige Gefangene. Alle gedachten der Ermordeten. Am Ende des Protests wurde rote Farbe auf die die Statue des Generals Castelo Branco geschleudert, die das Blut versinnbildlichen sollte, das an den Händen des 1967 gestorbenen Diktators klebte.

Er hatte die seinerzeit in Brasilien bestehenden 13 Parteien abgeschafft und Hunderte von Gewerkschaften verboten. Im Zuge einer politischen Säuberung der Streitkräfte wurden während seiner Amtszeit fast 6.000 Militärs suspendiert.

Brasilianische Straßen tragen Namen von Diktatur-Verbrechern

Mit Nachdruck fordern Angehörige von Ermordeten und Verschwundenen, dass sämtliche Verbrechen aus der Zeit der Diktatur nun endlich aufgeklärt werden. Monumente für Repräsentanten der Diktatur sollen verschwinden, ihre Namen getilgt werden, hieß es in Rio. In Brasilien sind bis zum heutigen Tag Straßen nach Verbrechern aus den Reihen des Militärs benannt.

 

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