Zuerst die öffentliche Ordnung

von Andrea Martínez

(Berlin, 05. Oktober 2011, la diaria/poonal).- „Unserer Regierung werden nicht die Hände zittern und immer wird sie dem Recht der großen Mehrheit den Vorrang geben“, so der chilenische Präsident, Sebastián Piñera, als er am 3. Oktober das Gesetzesvorhaben verteidigte. Am Tag hatte er den Entwurf mit Dringlichkeitscharakter ans Parlament überstellt. Der Präsident möchte so schnell wie möglich das Strafmaß für einige Delikte erhöhen.

Kriminalisierung von Protesten

Die Strafen, die sich erhöhen würden und die dann künftig als Straftaten zu wertenden Handlungen sind Praktiken, die während des Bildungsstreiks Anwendungen finden, der vor fünf Monaten begonnen hat.

Die Reform des Strafgesetzbuches impliziert höhere Strafen für jene, die bei Demonstrationen und Kundgebungen gegen die öffentliche Ordnung verstoßen und sieht als erschwerend zu wertende Straftatbestände die Plünderung, das Eindringen oder Besetzen von Immobilien, das Blockieren oder das Umlenken von Fahrzeugen- oder Personen sowie die Unterbrechung des öffentlichen Nahverkehrs an, informierte die chilenische Zeitung La Tercera. Zudem werden die Strafen für jene erhöht, die sich vermummen, um unerkannt zu bleiben.

Ausgerechnet Demonstrationen und die Besetzung von Schulen waren nun aber Mittel des Protests in einem Konflikt, den die Studierenden mit der Regierung ausfechten, im Kampf um eine kostenlos und qualitativ hochwertige Bildung. Die Besetzung von Privateigentum war zudem ein sehr häufig von den Mapuche-Aktivist*innen verwendetes Mittel in jenen Regionen, wo sie die Territorien ihrer Ahnen zurückfordern.

Unpopulärer Piñera will bei den Rechten punkten

Diese Initiative von Piñera kommt drei Tage nachdem die Student*innen ihr erstes Treffen mit Bildungsminister Felipe Bulnes abgehalten hatten, in dem Versuch, den Konflikt zu lösen. Die führenden Köpfe der Bewegung aus Student*innen, Lehrer*innen und Dozent*innen hatten die Fortsetzung des Dialogs bereits in Frage gestellt, sollte weiter an der Reform gearbeitet werden.

Die Opposition wies die Gesetzesinitiative zurück. Doch die Regierung steht hinter der Maßnahme. „Chile muss entschieden und auf der Grundlage von Gesetzen den anhaltenden Störungen der öffentlichen Ordnung begegnen“, unterstrich der Chef der konservativen Partei der Demokratischen Unabhängigen Union UDI (Unión Demócrata Independiente), Juan Antonio Coloma.

Da die Popularität von Präsident Piñera auf nur 22 Prozent abgesunken ist, fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass Piñera zu diesen Maßnahmen greift, um die Student*innen auszubremsen und seine Nähe zur extremen Rechten zu demonstrieren, die bei den Wahlen schließlich für ihn votiert hatte.

Drohgebärden und Konfrontationskurs

„Es wird nicht mehr gratis sein, die öffentliche Ordnung zu attackieren, es wird nicht mehr nur eine Ausweiskontrolle und geben und am nächsten Tag ist alles wieder wie zuvor“, betonte Piñera, als er am Sonntag das Gesetzesprojekt vorstellte. Jetzt, so versicherte er, werde „wer die öffentliche Ordnung angreift, die Carabineros, die Untersuchungspolizei oder gegen öffentliches oder privates Eigentum vorgeht, wird auf eine harte und solide Gesetzgebung stoßen, die entsprechende Strafen verhängen wird.“

Mit Innenminister Rodrigo Hinzpeter an seiner Seite, verteidigte Piñera das in die Kritik geratene Auftreten der Carabineros bei Demonstrationen und Kundgebungen: „Sie haben alle Unterstützung und den Rückhalt der Regierung, wenn sie ihre schwierige Aufgabe wahrnehmen, sich der Kriminalität entgegenzustellen und die öffentliche Ordnung zu wahren. Jedes Mal, wenn einem Mitglied aus ihren Reihen durch diese Kriminellen ein Leid widerfährt, ist dies ein Angriff auf diese Regierung“.

(Der Originalartikel erschien am 5. Oktober in der uruguayischen Tageszeitung „La Diaria„)

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