(Montevideo, 22. März 2021, la diaria/poonal).- Seit dem 25. März befinden sich 171 chilenische Kommunen erneut im Lockdown, darunter auch 38 Kreise in der Metropolregion Santiago. Wie Präsident Sebastián Piñera ankündigte, betrifft die neue Phase der Virusbekämpfung etwa die Hälfte der Landesfläche und 13 der 18,7 Millionen Chilen*innen.
Seit Wochen werden im Land wieder steigende Zahlen von Corona-Infizierten registriert. In der vergangenen Woche war ein Anstieg der Infektionszahlen von 17 Prozent zu beobachten, in den vergangenen zwei Wochen sogar von 36 Prozent, wie der chilenische Gesundheitsminister Enrique Paris erläuterte. Und das, obwohl die chilenische Impfkampagne eine der erfolgreichsten der Region ist. Dennoch registrierte das Gesundheitsministerium jüngst innerhalb von 24 Stunden 6.155 neue Fälle von Covid-19 – entsprechend einer 7-Tage-Inzidenz von über 200 Infektionen auf 100.000 Einwohner*innen. 80 Menschen seien außerdem innerhalb von 24 Stunden an oder mit Covid-19 gestorben.
Kritischer Moment der Pandemie in Chile
„Der Lockdown ist schmerzhaft, er ist schwer, aber angesichts der Ausbreitung des Virus müssen wir diese Maßnahmen ergreifen und an die Gesundheit der Menschen denken“, so Paris. „Wir stehen am Beginn einer sehr schwierigen Woche“, bemerkte er. Der Gesundheitsminister forderte die Chilen*innen dazu auf, die Präventionsmaßnahmen einzuhalten und „die physischen Abstände, das Händewaschen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes stets zu befolgen.“
Paula Daza, Staatssekretärin des Gesundheitsministeriums, erklärte, man mache jetzt „eine sehr komplexe Phase“ durch, in der es nötig sei „die Mobilität zu verringern“. Wie bereits erwähnt, schreitet die Impfkampagne in Chile schnell voran. Etwa 15 Prozent der Bevölkerung haben bereits beide Impfdosen erhalten, fast 30 Prozent der Chilen*innen sind schon ein Mal gegen das das Coronavirus geimpft worden. Doch mit Blick auf die Infektionszahlen bereitet der positive Verlauf der Impfkampagne der Regierung Sorgen. Wegen der positiven Nachrichten mache sich eine falsche Erleichterung bei der Bevölkerung breit, die zu einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen führe.
Angesichts der aktuellen Situation ziehen chilenische Abgeordnete auch eine Verschiebung der für den 10. und 11. April angesetzten Wahlen in Betracht. An diesem Termin sollen auch die Mitglieder des Verfassungskonvents gewählt werden. Sie sollen bis 2022 einen neuen Verfassungstext ausarbeiten, der die aktuell gültige Verfassung aus Zeiten der Pinochet-Diktatur ersetzen soll.
Gesundheitsministerium und Senat schieben sich gegenseitig Verantwortung zu
Die Frage einer möglichen Verschiebung der Wahlen wird bereits seit Wochen diskutiert. Einige Abgeordnete forderten die Regierung sogar dazu auf, eine Verfassungsreform einzureichen und diese schnellstmöglich zu bearbeiten. Wie das Radio Bio Bio berichtet, bestehe die die gemeinsame Absicht jedoch darin, dass der für Covid-19 zuständige Beirat eine formelle Empfehlung abgibt. Zu den Unterstützer*innen dieser Idee gehört auch der parteiunabhängige Carlos Bianchi, der erläuterte, die Welt der Wissenschaft solle darüber entscheiden, ob die Wahlen verschoben werden sollen – die Politik müsse sich dieser Entscheidung anpassen.
Gesundheitsminister Paris wies die ganze Verantwortung für die Entscheidung dem Abgeordnetenhaus und der Exekutive zu. Er erläuterte, diese Macht läge nicht in seinem Ministeramt: „Wir ziehen verschiedene Anwälte zur Beratung hinzu, aber das Gesundheitsministerium hat diese Entscheidungsmacht nicht. Es kann den Gesundheitsnotstand ausrufen und entsprechende Maßnahmen wie den Lockdown einleiten, aber nicht die Wahlen verschieben. Das ist im Gesetz vorgeschrieben und solange das Abgeordnetenhaus funktionsfähig ist, ist es das Abgeordnetenhaus, das mit der Exekutive darüber beraten und eine Entscheidung fällen muss.“
Sondersitzungen zu Covid-19 im Senat
Yasna Provoste, Senatspräsidentin und Abgeordnete der christdemokratischen DC, kommentierte, die Entscheidung über eine pandemiebedingte Verschiebung der Wahlen müsse von den Gesundheitsbehörden gefällt werden. In einem Interview mit dem Radio Pauta erklärte Provoste, eine Bestimmung dieser Art müsste von den Gesundheitsbehörden und nicht von der Politik bewertet werden: „Eine Entscheidung wie diese liegt in der Verantwortung der Gesundheitsbehörden und ist keine Aufgabe der Politik. Hier zählen keine politischen Einschätzungen, sondern die Meinung der Experten. Es ist eine Gesundheitsentscheidung.“
In ihrer Rolle als Senatspräsidentin kündigte Provoste an, dafür sorgen zu wollen, „einen institutionellen Ort für die Rechnungslegung der Behörden zu schaffen“, weswegen sie eine Sondersitzung über den Umgang mit der Pandemie einberufen werde. Der Covid-19-Beirat werde in Kürze in einer Sondersitzung des Senats über die aktuelle Covid-19-Lage informieren und eine formelle Empfehlung über den Wahltermin abgeben. Die Entscheidung über eine mögliche Verschiebung der Wahlen wird für Anfang kommender Woche erwartet.
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