Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 323 vom 22. Januar 1998
Inhalt
GUATEMALA/MEXIKO
GUATEMALA
NICARAGUA
BRASILIEN
LATEINAMERIKA
CHILE/ARGENTINIEN/SPANIEN
USA/LATEINAMERIKA
PERU/ECUADOR
USA/PUERTO RICO
GUATEMALA/MEXIKO
Schlechte Aussichten für inhaftierte URNG-Mitglieder
(Guatemala-Stadt, 14. Januar 1998, cerigua-Poonal).- Ein Auslieferungsvertrag mit Mexiko ist laut Guatemalas Außenminister Eduardo Stein derzeit die einzige Möglichkeit für sechs in Mexiko inhaftierte Mitglieder der Revolutionären Nationalen Einheit Guatemalas (URNG), frei zu kommen. Einmal in Guatemala, würden ihre Strafen aufgrund der Amnestie des im Dezember 1996 verabschiedeten Nationalen Versöhnungsgesetzes hinfällig. Doch bisher sitzen sie noch im Nachbarland im Gefängnis. „Wenn es kein Abkommen mit der Regierung des mexikanischen Präsidenten Ernesto Zedillo gibt, wird es unmöglich sein, diese Leute freizubekommen“, so Stein. Er fügte hinzu, seine Regierung nutze alle denkbaren legalen Mechanismen, um die URNG-Mitglieder nach Guatemala bringen zu lassen. Die ehemaligen Rebellen waren im Oktober 1992 wegen Waffenbesitzes und -Handels festgenommen worden und erhielten Strafen von zehn bis 17 Jahren Haft. Vor Gericht gaben sie an, die Waffen seien für die URNG bestimmt gewesen, aber nicht für den Gebrauch in Mexiko gedacht gewesen. Aldo Morales von der Nationalen Menschenrechtskoordination Guateamalas (CONADEHGUA) erklärte: „Die mexikanische Regierung ist Teil einer Gruppe von sechs Ländern, die den Friedensprozeß (in Guatemala) besonders unterstützten. Daher sollte sie eine politische Entscheidung über die früheren Kämpfer fällen und sich nicht auf die legalen Formalitäten versteifen.“
GUATEMALA
Wie fast überall: Mehrheit profitiert nicht von makro-ökonomischen
Erfolgen
(Guatemala-Stadt, 9. Januar 1998, cerigua-Poonal).- Die Weltbank preist die Entwicklung der guatemaltekischen Wirtschaft im vergangenen Jahr. Doch andere Bewertungen legen nahe, daß die von der Finanzorganisation gelobten makro-ökonomischen Veränderungen sich nicht in Nutzen für die breite Mehrheit der Bevölkerung transformierten. Nach einem vorläufigen Bericht der Bank wuchs die Wirtschaft des Landes 1997 um 4,1 Prozent – ein Prozent mehr als 1996. Die Expert*innen machen dafür die allgemeine Preisstabilität verantwortlich. Mit 7,5 Prozent war die Inflation so niedrig wie in den letzten 13 Jahren nicht mehr. Zudem habe die lockerere Geldpolitik zu einer Reduzierung der hohen Zinsen geführt, kommentiert die Weltbank. Geholfen habe der Wirtschaft auch, daß der Preis für das Haupt-Exportprodukt Kaffee auf dem Weltmarkt stieg und sich die Zucker und Öl-Ausfuhren erhöhten. Das Haushaltdefizit, obwohl sechsmal größer als das von 1dd6, blieb mit 0,5 Prozent des Bruttosozialproduktes knapp unter dem empfohlenen Höchsatz von 0,6 Prozent.
Trotz der verbesserten gesamtwirtschaftlichen Daten bleibt Guatemalas Wachstumsrate deutlich unter dem in den Friedensabkommen von 1996 genannten jährlichen Ziel von 6 Prozent Wachstum. Die Verbesserungen sickern scheinbar auch nicht bis zur armen Bevölkerungsmehrheit durch. Die staatliche Planungsbehörde SEGEPLAN konstatiert eine sich verbreiternde Lücke zwischen Reich und Arm. In den 80er Jahren erhielten die ärmsten zehn Prozent noch 2,4 Prozent des nationalen Einkommen, die reichsten zehn Prozent der Guatemaltek*innen 41 Prozent. Jetzt bekommt diese Gruppe der Armen weniger als zwei Prozent vom Kuchen, die Reichen dagegen verbesserten ihren Anteil auf 44 Prozent. Die kleinen Geschäftsleute können nicht das Wachstum verzeichnen, das die Agro-Exportbranche und die großen Industrieunternehmen vorweisen. Die Vereinigung der kleinen und mittelständischen Betriebe (FEPYME) berichtet Gewinne nur bei 15 bis 20 Prozent ihrer Mitglieder, der Rest dagegen meldete überwiegend ein rückläufiges Ergebnis.
Andere „Erfolge“ der offiziellen Wirtschaftspolitik haben ebenfalls die arme Mehrheit und die Mittelklasse getroffen. In dem Eifer, die Steuereinnahmen gemäß den Friedensabkommen und den Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds zu erhöhen, puschte die regierende Partei der Nationalen Vorhut (PAN) im vergangenen Jahr ein Steuerpaket durch, das die Last für die Normalverbraucher*innen erhöht, aber die Reichen kaum berührt. Der Formulierung in den Friedensabkommen, in der ein „faires, gleichgewichtiges und insgesamt progressives“ Steuersystem gefordert wird, ist kaum genüge getan. Die Nachrichten über die Steuererhöhungen produzierten eine Spekulationswelle und Preissprünge bei mehreren Gütern des Grundbedarfs. Anfang Januar sind die Preise für Zucker, Seife und Öl nach Presseberichten zwischen zwei und sechs Prozent gestiegen. Schulgebühren und Unterrichtsmaterial wurden teurer, die Strompreise wurden Ende 1997 um bis zu hundert Prozent angehoben.
Die Löhne haben mit der Inflation nicht mitgehalten. Zwar ist der Mindestlohn vor kurzem um 12 Prozent gestiegen, doch war es die erste Anhebung nach zwei Jahren. Die Grundbedürfnisse einer Familie können mit diesem Lohn bei weitem nicht befriedigt werden. Die UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) verzeichnet für Guatemala sogar ein Absinken der Reallöhne um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Jahr 1990. Die Kaffeepflanzer und Viehzüchter haben dennoch angekündigt, sie könnten sich Lohnanhebungen nicht leisten und müßten Arbeiter*innen entlassen.
NICARAGUA
Casa Alianza weitet Tätigkeit aus
(Managua, 8. Januar 1998, sem-Poonal).- Die Organisation Casa Alianza, die mit Kindern und Jugendlichen auf der Straße arbeitet, hat seit Anfang dieses Monats auch in Managua mit einem Programm begonnen. Nicaragua ist das vierte lateinamerikanische Land, wo Casa Alianza tätig ist. Bekannt wurde die Organisation besonders durch ihre Arbeit in Guatemala, wo sie seit 1dD1 vertreten ist. „Da Nicaragua das ärmste Land in der Region nach Haiti ist, halten wir es für wichtig, den Jungen und Mädchen eine Hand zu geben, denen von niemand eine Chance angeboten wurde“, so Bruce Harris, Leiter von Casa Alianza in Lateinamerika. Das Programm in Managua ist vor allem für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren gedacht, die auf der Straße leben. Es soll nach und nach erweitert werden und Drogenrehabilitation, Wiedeereingliederung in die Familie, Rechthilfe und Wohnangebote für jugendliche Mütter einschließen. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem einheimischen Nicaraguanischen Fonds für Kindheit und Familie (FONIF). In Managua gibt es schätzungsweise 2.500 Kinder, die auf der Straße leben.
Arbeitssuche in der Ferne
(Managua, 19. Januar 1998, pulsar-Poonal).- 500 nicaraguanische Arbeiter*innen könnten bald nach Taiwan reisen. Die Regierung Nicaraguas hat die dazu notwendigen Formalitäten eingeleitet. Mit Taiwan besteht ein Arbeitsabkommen. Das asiatische Land hat etwa 5.000 Arbeitsplätze für Nicaraguaner*innen in den kommenden drei Jahren angeboten. Die erwähnten ersten 500 Personen sollen Anfang Februar nach Taiwan reisen. Nach Informationen des nicaraguanischen Arbeitsministeriums werden sie dort in der Textil-, Bau- und Fischfangindustrie beschäftigt sein. Derzeit wird eine Delegation aus Taiwan in Nicaragua erwartet, um die Formalitäten zu beschleunigen. Trotz der Ungewißheit, wie die konkreten Arbeitsbedingungen in Taiwan sein werden, haben sich bereits jetzt 6.000 nicaraguanische Arbeiter*innen in der Hoffnung ausgewählt zu werden, auf die Warteliste im Ministerium setzen lassen. In Nicaragua sind Alternativen rar: Etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter h at keine Beschäftigung.
BRASILIEN
„Produktion in Eigenregie ist etwas völlig Neues“ – Reportage über
die größte Landbesetzung der brasilianischen Landlosenbewegung
Von Jürgen Moritz
(Giacomet, Januar 1997, npl).- „Bitte langsam fahren, Landbesetzung des MST“ steht auf dem Schild am Straßenrand. Dahinter sind kleine Holzhütten zu erkennen, notdürftig sind die Behausungen mit schwarzen Plastikplanen gegen Regen geschützt. Rund 90 Familien haben hier vor wenigen Monaten brachliegendes Land besetzt. „Wir sind noch nicht da, bis Giacomet fehlen noch 40 Kilometer,“ sagt Jaime Calegari. „Die Bauern hier stehen noch ganz am Anfang, sie verhandeln mit der Agrarbehörde INCRA. Es gibt noch keine Zusagen über eine Legalisierung, sie können jeden Moment geräumt werden.“ Jaime erzählt weiter über seine Arbeit. Nein, bei der Besetzung von Giacomet war er nicht dabei. In der Landlosenbewegung gibt es eine Art Arbeitsteilung, nach einer erfolgreichen Besetzung werden erfahrene Leute gebraucht, die die landwirtschaftliche Produktion leiten. Inzwischen betreut Jaime, dessen Bauernhof derzeit von seinem Bruder geführt wird, die Agrarproduktion von rund 20 Besetzungen.
Kurze Zeit später ist das Tor von Giacomet zu erkennen. „Hier sind am Morgen des 17. April 1996 über 13.000 Menschen hineingegangen und besetzten das ganze Gelände.“ Marcia, sie ist Pressesprecherin der größten Landbesetzung Brasiliens, erinnert sich. „Der Wächter war völlig verdutzt, wir haben ihn erst einmal beruhigt. Nach einem mehrstündigen Marsch bei eisiger Kälte sind wir damals hier angekommen. Als die ersten bewaffneten Wachen eintrafen, hatten wir schon begonnen, die ersten Hütten zu errichten.“ Jaime ergänzt: „In diesem Moment hat Sebastiao Salgado sein berühmtes Foto gemacht.“ Die Ausstellung des weltbekannten Fotografen – eine Hommage an die brasilianische Landlosenbewegung „Movimento Sem Terra“ (MST) – wurde am 17. April des vergangenen Jahres in über 30 Städten Brasiliens gezeigt, während Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Brasilia für eine Agrarreform demonstrierten. Anlaß war nicht der Jahrestag der erfolgreichen Landbesetzung von Giacomet im südlichen Bundesstaat Parana, sondern ein Massaker in Nordbrasilien, bei dem – ebenfalls am 17. April 1996 – 19 landlose Bauern während einer Demonstration von der Militärpolizei erschoßen wurden.
Der MST ist die stärkste soziale Bewegung in dem südamerikanischen Land. Die große Mehrheit der Bevölkerung unterstützt ihre Forderung nach einer gerechteren Landverteilung. Während es 10 Millionen Bauern an Land fehlt, besitzen die wenigen Großgrundbesitzer nach Angaben der Weltbank 43 Prozent des fruchtbaren Bodens. Das brachliegende Land entspricht einem Gebiet der Größe von Deutschland, Frankreich, Spanien, Österreich und der Schweiz zusammen. Angesicht dieser Zustände ist das Vorgehen des MST plausibel: Landlose besetzen ungenutze Latifundien und bebauen das Land. Allein 1997 besetzten Sem Terras 180 Ländereien, auf denen 60.000 Familien leben.
Heute bewachen Leute vom MST den Eingang. Auf der holprigen Fahrt zur Ansiedlung sticht der Kontrast von roter Erde zur knallgrünen Vegetation ins Auge. „Der Besitzer von Giacomet hat eine Firma in der Stadt Porto Alegre und handelt mit Holz,“ erklärt Jaime. Nicht einmal die Hälfte seines Landes – eine Fläche so groß wie das Stadtgebiet Berlins – habe er genutzt. 40.000 Hektar Land hatte der MST für die Besetzer gefordert. Bislang teilte die Agrarbehörde ihnen erst 17.000 zu, ein Fünftel des Geländes.
Im Zentrum der Ansiedlung stehen einige gemauerte Häuser. Sie stammen noch vom früheren Besitzer. Jetzt werden sie als Versammlungsraum, Büro, Apotheke und für andere gemeinschaftliche Einrichtungen genutzt. Etwas unterhalb steht ein großer Holzschuppen, der als Lagerhalle und Lebensmittelladen genutzt wird. Hier werden vor allem Produkte der Vertriebsgenossenschaft des MST angeboten. Gleich daneben eine langgezogene Holzbaracke, in der die Schule untergebracht ist. Die junge Direktorin Eliselle und 25 Lehrer, die von der Gemeindeverwaltung bezahlt werden, unterrichten 945 Schüler in zwei Tagesschichten. Die Schule trägt den Namen zweier Landbesetzer von Giacomet, die 1996 von Pistoleros erschoßen wurden. „Der Anfang war schwer,“ meint Eliselle, „wir hatte keine Erfahrung mit soviel Kindern. Außerdem kommen sie aus ganz unterschiedlichen Regionen und sozialen Schichten. Heute haben wir den gleichen Lehrplan wie andere staatliche Schulen, versuchen aber, den Unterricht mit Musik, Theater und ähnlichen Mitteln aufzulockern.“
Die kleine Apotheke in Giacomet wird von vier Frauen betrieben. Sie bedienen täglich rund 20 Kunden, zumeist werden Medikamente gegen Durchfall, Infektionskrankheiten und Insektenstiche gebraucht. Einige der Mittel stellen die Frauen selbst aus Heilkräutern her. Besonderen Wert wird auf die Gesundheitsvorsorge gelegt: Jede Woche werden Kurse über Hygiene und Erste-Hilfe- Maßnahmen gegeben. Bei Dunkelwerden treffen die ersten Koordinatoren im kleinen Versammlungsraum ein. Jaime erklärt den Besuchern, wie die Organisation in der Siedlung funktioniert: Es gibt hier 35 Gruppen, jede besteht aus ca. 30 Familien und wählt einen Vertreter. Die einzelnen Gruppen beraten über anstehende Aufgaben oder Probleme, sei es Gesundheit, Produktion, die Interessen der Frauen oder Jugendlichen, Sicherheit, alles mögliche. Regelmässig kommen die gewählten Koordinatoren zusammen, um Beschlüße weiterzugeben und Probleme zu klären, die ihre Gruppe nicht allein lösen konnte.
„Am meisten streiten wir über die Produktion,“ unterbricht Ricardo. „Der eine will Yucca für den Eigenbedarf, der nächste Kartoffeln für die Kooperative pflanzen. Dann kommt die Frage, ob wir einzeln oder im Kollektiv arbeiten sollen. Weiter gehts mit der Suche nach Krediten, technicher Beratung…“ In der Praxis werde das meiste schließlich gemeinsam angepackt, da „wir alle viele Dinge erst einmal lernen müssen, faßt Ricardo zusammen. Es sei wie in einer Ausbildung, für die Mehrheit sei Produktion in Eigenregie etwas völlig Neues. Daß Eigeninitiative nötig ist, wissen alle. Zwar spricht auch die Regierung viel über die Agrarreform, doch sie kommt kaum voran. In den vergangenen drei Jahren haben 400.000 Familien von Kleinbauern ihr Land, fast eine Million Saisonarbeiter ihre Arbeit verloren. Aus Not wandern die meisten von ihnen in die Städte, deren Elendsviertel immer größer werden. Nur mit Landbesetzungen, so die Devise des MST, kann dieser Trend aufgehalten werden.
Großgrundbesitzer*innen kritisieren Dokument des Vatikan
(Brasilia, 21. Januar 1998, alc-Poonal).- Die brasilianischen Landbesitzer*innen haben sich gegen ein Dokument der päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden gewandt. Darin werden die Landkonzentration angegriffen, die Agrarreform verteidigt und die Besetzungen von brachliegenden Böden nicht verurteilt. Roosevelt Roque dos Santos, Präsident der rechten Demokratischen Agrarvereinigung (UDA), verkündete gegenüber der Tageszeitung „Folha de Sao Paulo“ die Position seines Verbandes: „Die Kirche sollte vorsichtiger sein, Erklärungen wie diese zu verbreiten. Das kann Besetzungen anstacheln, da die Campesinos ohne Land jede Sache zu ihren Gunsten ausnutzen. „Ich bin katholisch, aber dieses Dokument ist tendenziös und stützt sich auf falsche Informationen.“ Der Vorsitzender der Landesweiten Gewerkschaft der Landproduzent*innen, Narciso Clara, äußerte sich noch emphatischer: „Der Vatikan entschuldigt das Verbrechen. Es handelt sich um überspannte Erklärungen.“ Ähnlich der Präsident der Brasilianischen Agrargesellschaft, Luiz Hafers, der die Interpretation der Kirche bezüglich der Landbesetzungen als „irrig“ ansieht.
Die päpstliche Kommission versichert in ihrem kürzlich veröffentlichen Dokument, daß „der Verzug und die Verschiebung der Agrarreform den Anklagen und Unterdrückungsaktionen (der Regierungen) gegen die Landbesetzungen ihre Glaubwürdigkeit nimmt“. Die Besetzungen seien ein alarmierendes Signal, das auf politischer und sozialer Ebene mit wirksamen und gerechten Lösungen aufgenommen werden müßte. „Es ist klar“, so weiter, „daß die Lösung des Landproblems vor allem an den Maßnahmen der Regierungen nicht vorbeikommt“. Obwohl kein Land besonders erwähnt wird, sind die Reaktionen in Brasilien besonders stark. Der Vorsitzende der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB), Monsenor Lucas Moreira Neves, sagt, die Agrarreform in seinem Land beginne gerade erst. „Das Landproblem ist die Nummer Eins in Brasilien.“ Nach der bischöflichen Einschätzung ist es der Verdienst der Bewegung Derer ohne Land (MST), die Angelegenheit auf der Suche nach einer Lösung ständig und auf allen Ebenen in der Diskussion zu halten. Die Gerichtsbarkeit dürfte nicht den Besitzer*innen brachliegender Böden recht geben. Er fügte hinzu, die Legislative habe die Pflicht, mehr Gesetze zu verabschieden, die die Agrarreform erleichterten. Die Regierung müsse eine Politik fördern, die den Kauf von Arbeitsgeräten und den Zugang zu Krediten einfacher mache.
LATEINAMERIKA
Typische Landschaften
Von Eduardo Galeano
Die Staaten hören auf Unternehmer zu sein und widmen sich der Aufgabe, Polizei zu spielen. Die Präsidenten werden zu Geschäftsführern fremder Firmen. Die Wirtschaftsminister sind gute Übersetzer. Die Industriellen werden zu Importeuren. Die Mehrheit hängt immer mehr von den Resten, die die Minderheit übrig läßt. Die Arbeiter verlieren ihre Arbeit. Die Campesinos verlieren ihre kleinen Böden. Die Kinder verlieren ihre Kindheit. Die Heranwachsenden verlieren die Lust zu wachsen. Die Alten verlieren ihre Rente. „Das Leben ist ein Glückspiel“, meinen die Gewinner.
CHILE/ARGENTINIEN/SPANIEN
Streit um Pinochet, Ex-Militärs in Bedrängnis und Interpol stärkt
spanischen Untersuchungsrichter
Von Roberto Roa
(18. Januar 1997, npl).- Den Repräsentanten südamerikanischer Militärdiktaturen stehen unruhige Zeiten bevor. In Chile ist am Freitag (16.1.) Verteidigungsminister Edmundo Perez zurückgetreten, nachdem der Streit um die politische Zukunft von Ex-Diktator Augusto Pinochet eskalierte. Im Nachbarland Argentinien ist der Ex-Militär Alfredo Astiz festgenommen worden. Er hat erstmals öffentlich zugegeben, am Verschwindenlassen Tausender Menschen beteiligt gewesen zu sein. Ein „Geständnis“ auch mit internationalen Konsequenzen: In Spanien verstärkt sich der Druck auf die Staatsanwaltschaft, die juristische Verfolgung von Verantwortlichen der Diktaturen voranzutreiben, Interpol bestätigte die Ausstellung von Haftbefehlen gegen elf argentinische Ex-Militärs.
Pinochet, der 1973 eine gewählte Regierung stürzte und 17 Jahre lang diktatorisch regierte, kündigte vor kurzem an, nicht wie geplant (und in Poonal 322 berichtet; die Red.) noch diesen Monat sondern erst im März sein Amt als Heereschef aufzugeben. Zudem beharrt er darauf, als Senator auf Lebenszeit in das chilenische Parlament einzuziehen. Die noch in seiner Amtszeit verabschiedete Verfassung billigt dieses Recht allen ehemaligen Staatschefs zu. Dies will die Koalitionsregierung aus Christ- und Sozialdemokraten verhindern. Am 7. Januar stimmte das von der Regierung dominierte Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit gegen Pinochets Ernennung zum Senator. Begründung: Der Ex-Diktator als Senator schade dem internationalen Ansehen und verhindere eine nationale Aussöhnung. Der Senat hingegen, der sich am 11. März konstituiert, wird Pinochets Vorhaben aller Voraussicht nach absegnen. Dort haben die Reaktionäre eine Mehrheit, nicht zuletzt durch neun Senatoren, die laut Verfassung nicht gewählt, sondern von konservativen Institutionen per Fingerzeig auf ihre Posten gehievt werden.
Nach Pinochets Ankündigung, noch zwei Monate länger Armeechef bleiben zu wollen, kam es im Parlament am Mittwoch vergangener Woche zu heftigen Wortgefechten. Am folgenden Tag setzte Verteidigungsministers Perez noch eins drauf: Er teilte seiner Regierung mit, daß vier hohe Generäle, die gleichzeitig mit Pinochet zurücktreten sollten, auch noch bis zum 11. März im Amt bleiben werden. Perez' überraschender Rücktritt am Freitag – im April sollte er Botschafter in Buenos Aires werden – werten Beobachter als Flucht nach vorn. Sein Manöver hat Pinochet jedenfalls ermöglicht, solange sein jetziges Amt zu behalten, daß er unmittelbar danach die parlamentarische Immunität eines Senators in Anspruch nehmen kann.
Derweil überlegen seine Gegner, wie es angesichts der Rechtslage möglich ist, Pinochet für die Verbrechen während seiner Militärdiktatur noch zur Rechenschaft zu ziehen. Nachdem die Regierungsparteien eine Verfassungsklage gegen Pinochet verworfen haben, plädiert die Mehrheit der Christdemokraten jetzt für eine Volksabstimmung. Rechtsexperten prüfen, ob die Verfassung auszusetzen sei, da die Festschreibung nichtgewählter Senatoren ihrer Ansicht nach gegen die Amerikanische Menschenrechtskonvention verstöt. Die kommunistische Partei ihrerseits klagt gegen den Ex-Diktoter vor Gericht wegen vielfachen Mordes. Die Stimmung auf der Straße jedenfalls ist deutlich: Zuletzt am Wochenende demonstrierten Tausende Chilenen gegen Pinochet und erinnerten daran, daß unter seiner Regierung unzählige Regimegegner ermordet wurden, ohne daß die Verantwortlichen bisher zur Rechenschaft gezogen wurden.
Pech für Pinochet und seinesgleichen, daß ein argentinischer Ex- Militär jetzt beschrieb, wie es unter den Diktatoren zuging. „Die Marine lehrte mich, Bomben zu legen und zu töten,“ sagte der ehemalige Fregattenkapitän Alfredo Astiz der Zeitung „Tres Puntos“. Viele Menschen habe er gefoltert und ermordet, darunter auch Jugendliche und Babys. Er „bereue nichts“, erklärte der als „blonder Todesengel“ bekannte Astiz, der in Paris in Abwesenheit zu lebenslanger Haft wegen der Ermordung zweier französischer Nonnen verurteilt wurde.
Argentiniens Präsident Carlos Menem reagierte prompt. Er forderte vom Militärgericht, „gegen Astiz die Höchststrafe zu verhängen“. Allerdings nicht aufgrund seiner Verbrechen, sondern wegen seiner häßlichen Äußerungen. Das „nicht genehmigte Interview“ brachte Astiz erst einmal 60 Tage Arrest ein. Eine Verfolgung durch die argentinische Justiz hat Astiz freilich nicht zu fürchten. 1987 erließ der damalige Präsident Raul Alfonsin ein „Schlußtrich-Gesetz“, das Gerichtsverfahren gegen die Schergen der Diktatur wegen Befehlsnotstands verbot. Über 1.000 Verfahren mußten daraufhin eingestellt werden. Menem höchstpersönlich begnadigte 1990 auch die hohen Generäle, die wegen Menschenrechtsverletzungen schon zu lebenslanger Haft verurteilt worden waren. Dennoch kündigten Angehörige der damaligen Opfer an, nach diesem „Geständnis“ erneut gegen die Straffreiheit vor Gericht zu ziehen.
Eine schlechte Nachricht mit durchaus realen Konsequenzen erreichte die Mörder in Uniform jetzt aus Spanien. Die internationale Polizeibehörde Interpol bestätigte, daß die vom spanischen Untersuchungsrichter Baltasar Garzon beantragten Haftbefehle gegen elf hohe argentinische Ex-Militärs ausgestellt wurden. Bei Verlassen ihres Landes würden sie demnach festgenommen. Damit ist die Erklärung des spanischen Generalstaatsanwaltes vom Dezember vergangenen Jahres, Garzon sei in dieser Sache nicht zuständig, gegenstandslos.
Angesichts der neuen Nachrichten aus Chile und Argentinien forderte die spanische Opposition schnellere Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Diktaturen, denen 600 Staatsbürger Spaniens zum Opfer gefallen sein sollen, und den Rücktritt zweier leitender Staatsanwälte. Alfredo Rubalcaba, Sprecher der Sozialistischen Partei Spanien, fragte die konservative Regierung, ob die Äußerungen von Astiz nicht ausreichten, einen Staatsanwalt zu entlassen, der die Diktatur nur als „zeitlich begrenzte Unterbrechung der verfassungsrechtlichen Ordnung“ bezeichnet hatte.
USA/LATEINAMERIKA
Das Drama der Immigrant*innen, Teil II
Von Eduardo Tamayo G.
(Washington, Dezember 1997, alai-Poonal).- Die Ziele des Gesetzespakets sind klar. Die legale und illegale Einwanderung soll eingeschränkt und unattraktiv, die Grenzkontrolle verstärkt und die illegale Einwanderung kriminalisiert werden. „Wir sehen es als inhumanes Gesetz mit einem im Wesentlichen politischen Charakter, das die Migrant*innen als Kriminelle und Sündenböcker der Gesellschaft betrachtet und behandelt. Mit der riesigen Gefahr, die fremdenfeindliche und rassistische Mentalität gegen jeder andersartige Person noch weiter zu fördern“, so die Internationale Katholische Migrationskommission in ihrem Bulletin „Migrationen Lateinamerika“. Weiter heißt es dort:“Von unserer jüdisch-christlichen Tradition ausgehend und gestützt auf die Universelle Menschenrechtserklärung glauben und bekräftigen wir, daß niemand, ganz egal wo er lebt, illegal ist. Auswandern ist kein Verbrechen, ein Verbrechen ist der Grund, der die Migration verursacht.“
Mit den Anti-Einwanderungsbestimmungen verschließen sich die Arbeitsmöglichkeiten für die Immigrant*innen, da die Strafen für diejenigen, die sie unter Vertrag nehmen, verschärft sind. Nach den neuen Gesetzen werden den Kindern der Einwander*innen Sozialhilfe und Bildung verweigert. Die Grenzpolizei wird ihre Kräfte bis zum Jahr 2001 verdoppeln und jedes Jahr werden 300 neue Inspektor*innen eingestellt, um die Fälle illegaler Einwanderung zu überprüfen. Wenn das Visum der Ausländer*innen abläuft, müssen sie in ihre Ursprungsländer zurückkehren, um ein neues zu beantragen. Falls sie illegal zwischen sechs Monaten und einem Jahr länger im Land bleiben, wird ihnen die Rückkehr für mindestens drei, maximal zehn Jahre verboten. Halten sie sich nicht daran, gilt das Verbot lebenslang.
Dazu kommen seit dem 19. Dezember 1997 weitere Regelungen. Sie beziehen sich insbesondere auf die Familienzusammenführung und werden vor allem die Lateinamerikaner*innen und Mexikaner*innen betreffen, die jedes Jahr in die USA kommen. Sie müssen einen „Paten“ aufweisen, der Wohnrecht im Land des Nordens hat, über ein Jahreseinkommen von mindestens 20.062 Dollar verfügen muß, drei Jahre steuerpflichtige Einnahmen vorweisen kann und die finanzielle Verantwortung über den Einwanderer übernimmt, bis dieser zehn Jahre Arbeit in den USA und die US-Staatsbürgerschaft vorweisen kann. Erhalten Immigrant*innen fälschlicherweise Sozialhilfe, werden sie ausgewiesen und das Geld vom Paten zurückverlangt.
In Kalifornien gibt es jetzt eine Kampagne für die Abschaffung des seit mehreren Jahren gültigen zweisprachigen Unterrichtes. In diesem Sinn setzt sich der republikanische Millionär Ron Unz unter dem Motto „eine Nation, ein Kalifornien“ dafür ein, im Juni 1998 eine Befragung durchzuführen, damit zukünftig alle Kinder in den kalifornischen Schulen nur auf Englisch unterrichtet werden. Die Kinder, die diese Sprache nicht sprechen, sollen ein Jahr zwangweise einen Englischkurs belegen.
Hispanics besonders arm
Es ist schwierig, die Zahl der Personen in den USA ohne gültige Papiere anzugeben. Die US-Einwanderungsbehörde schätzt sie auf fünf Millionen, wobei mehr als die Hälfte Mexikaner*innen sind. Genauso finden sich aber auch Gruppen von Salvadoreaner*innen, Guatemaltek*innen, KandadierInnnen, Haitianer*innen, Filipin*innen, Honduraner*innen, Pol*innen, Nicarguaner*innen, Kolumbianer*innen und Ecuadoreaner*innen. Die meisten von ihnen leben in den folgenden sechs Bundesstaaten: Kalifornien, Texas, New York, Florida, Ilinois un New Jersey. 1996 lebten knapp 28 Millionen Menschen hispanischen Ursprungs in den USA, das sind etwas über 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Angaben stammen von der Volkszählungsbehörde des Landes. Für das Jahr 2000 wird von fast 31,5 Millionen Hispanics ausgegangen, 11,4 Prozent der US- Bevölkerung.
Auf der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Skala nehmen die „Hispanos“ die untersten Ränge ein. Über 27 Prozent ihrer Familien leben unterhalb der Armutsgrenze. Diese Ziffer ist weit über dem nationalen Durchschnitt von 10,8 Prozent. Die Unterschiede, was das formelle Bildungsniveau angeht, sind ebenfalls beträchtlich. Während die Nicht-Hispanos zu 80 Prozent einen Abschluß auf einer weiterführenden Schule erreichen, sind es bei den Hispanos nur 50 Prozent. Ein Abitur (bachillerato) können nur gut 6 Prozent vorweisen.
Die Arbeiter*innen ohne Papiere bekommen niedrigere Löhne, die schwersten und für die Gesundheit gefährlichsten Arbeiten, haben keine Sozialversicherung und auch nicht die sonstigen Sozialleistungen, die den übrigen Arbeiter*innen zustehen. Im allgemeinen übernehmeen sie die Jobs, die die weißen US- Bürger*innen ablehnen. Sie arbeiten als Kellner*innen, Köch*innen, Tellerwäscher*innen, Hausangestellte, auf dem Feld, auf dem Bau, in den Kühlhäusern, Textilfabriken und Metallgiessereien. Sie essen schlecht, haben lange und ermattende Arbeitstage und teilen sich oft für die Übernachtung die „warmen Betten“, die ihren Namen daher haben, weil die einen sich darin schlafen legen, wenn die anderen zur Arbeit aufstehen. Die „Illegalen“ nehmen diese Beschränkungen auf sich, um zu sparen, die Reisekosten in die USA bezahlen und Geld an die zurückgebliebenen Familienmitglieder schicken zu können.
Aufgrund der Repression ist es sehr schwierig für sie, sich zu organisieren. „Die Verfolgung durch die Einwanderungsbehörde, die Razzien am Arbeitsplatz, die übertriebenen (verlangten) Garantien und Strafen bewirken, daß die Personen ohne Papiere leicht ausgebeutet werden können: sie haben Angst vor der Deportation, sind diejenigen, die sich am wenigsten beschweren, werden Opfer von Verstößen wie der fehlenden Bezahlung von Überstunden, der Verweigerung des Mindestlohnes, unsicheren Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit“, schreibt die Koalition für die Menschenrechte der Immigrant*innen. „Viele der Unternehmer in der Textilindustrie wissen nicht, daß sie Razzien der Einwanderungsbehörde verhindern können, wenn diese nicht drei Tage vorher angekündigt werden. Oft sind es die Unternehmer selbst, die die Behörde rufen, um auf diese Weise die Lohnzahlungen an die Arbeiter*innen zu vermeiden oder Organisationsarbeit zu zerstören“, fügt die Koalition hinzu.
Der Beitrag der Immigrant*innen
Der Beitrag der Einwander*innen – ob legal oder illegal – zur US-Wirtschaft ist bedeutend, immerhin 10 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Wirtschaft profitiert davon, denn es handelt sich um eine ständig zur Verfügung stehende billige Arbeitskraft. Für viele Länder sind die Geldsendungen der Immigrant*innen aus den USA eine der wichtigsten Devisenquellen. In El Salvador, Nicaragua und Honduras zum Beispiel ist es die größte Devisenquelle, für Guatemala und die Dominikanische Republik stehen die Geldsendungen an zweiter Stelle der Deviseneinnahmen. In Mexiko ist es der viertwichtigste Posten. Die etwa 3 Millionen Mittelamerikaner*innen, die in den USA leben, schicken ihren Familien jährlich 2 Milliarden Dollar, das sind 10 Prozent des Bruttosozialproduktes der Region.
Die Einwander*innen ohne Papiere sind Arbeiter*innen, die mit ihrer täglichen Anstrengung zum Wohlstand des Landes beitragen, aber als Parias betrachtet und als Kriminelle behandelt werden. Die Koalition für die Menschenrechte der Immigrant*innen meint dazu: „Allen Arbeiter*innen müssen die fundamentalen Menschenrechte gewährt werden, einschließlich des Rechtes auf Arbeit, um zu überleben, auf ein Leben frei von Verfolgung, auf gesetzliche Vertretung unabhängig vom Einwanderungsstatus.“
Die Proteste
Mit Hungerstreiks, Demonstrationen, Gerichtsklagen und Petitionen haben die Hispanos in den USA auf die Situation reagiert. Aber die „Mißbräuche werden weitergehen, wenn die eingewanderten Arbeiter*innen und andere Leute nicht für das, was gerecht ist, kämpfen“, sagt Bertha Wilson von der Textilgewerkschaft UNITE in New York. Das Problem der Immigrant*innen ist ein Tagesordnungspunkt auf der internationalen Agenda geworden. Mexiko und die zentralamerikanischen Länder versuchen, jeder für sich, Abkommen mit den USA zu erreichen, um die Rechte ihrer Bürger*innen zu schützen. Die Vereinigten Staaten ihrerseits haben es geschafft, die Einwander*innen mit ihrer Kontroll- und Repressionspolitik stärker zu bedrängen.
Noch steht die Ratifizierung der „Internationalen Konvention über den Schutz der Rechte aller Migrationsarbeiter*innen und ihrer Familien“ aus. Sie wurde von der Vollversammlung der UNO am 18. Dezember 1990 verabschiedet. Damit sie in Kraft treten kann, muß sie von mindestens 20 Staaten ratifiziert werden. Bis 1995 hatten dies nur sechs Länder (Kolumbien, Ägypten, Filipinen, Marroco, Seychellen, Uganda) getan, drei weitere hatten sie unterschrieben (Chile, Mexiko, Monaco). Die entscheidende Lösung für die Immigration besteht darin, ihre Ursachen in den „ausstossenden“ Ländern abzuschaffen und gerechtere Beziehungen zwischen dem Norden und dem Süden zu erreichen. Wenn die lateinamerikanischen Regierungen ihre Politik darauf richten würden, Armut und Arbeitslosigkeit zu überwinden, täten sie einen großen Schritt, um den Exodus, die Demütigung und die Verfolgung ihrer Bürger*innen zu verhindern.
PERU/ECUADOR
Neue Hoffnung auf dauerhaften Frieden
(Quito/Lima, 20. Januar 1998, pulsar-Poonal).- Der neue Zeitplan, den die Delegationen Perus und Ecuadors für einen endgültigen Friedensschluß zwischen beiden Ländern aufgestellt haben, ist als wichtiger Schritt begrüßt worden. Zum Treffen lateinamerikanischer Staatsoberhäupter am 31. Mai dieses Jahres wollen die Kriegsgegner des Jahres 1995 mit einem unterzeichneten Friedensvertrag kommen.
USA/PUERTO RICO
Weltkirchenrat mahnt Clinton
(Genf, 16. Januar 1998, alc-Poonal).- Der Generalsekretär des Weltkirchenrates (CMI), Konrad Raiser, hat US-Präsident William Clinton einen Brief geschrieben. Darin verlangt er Gnade für 15 Puertorikaner*innen – darunter ein Pfarrer – , die wegen ihrer Aktionen zugunsten der Unabhängigkeit Puerto Ricos zu langjährigen Haftstrafen verurteilt sind. Raiser weist darauf hin, daß sein Brief auf der Bitten vieler CMI-Mitgliedskirchen in Puerto Rico und den USA beruht. „Wir wollen nicht in die Diskussion über die Gültigkeit der Vorwürfe, wegen derer sie verurteilt wurden, eintreten“, schreibt der Kirchenmann. Sondern „unser Antrag stützt sich auf humanitäre Gründe und das Interesse für Gerechtigkeit und Versöhnung“. Die 15 Personen seien in einer Zeit festgenommen und verurteilt worden, in der diese Maßnahme als abschreckend angesehen wurde. „Diese Zeit ist vorbei und die Verurteilten haben ihre Strafen nach dem Stand der aktuellen Rechtsprechung erfüllt“, so Raiser.
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