Peruaner*innen bestehen auf Entschädigungen für Bürgerkrieg

(Fortaleza, 04. November 2009, adital).- 20 Jahre lang musste die peruanische Bevölkerung unter dem größten inneren Konflikt in der Geschichte des Landes leiden: Von 1980 bis 2000 kämpfte die Guerillabewegung Leuchtender Pfad (Sendero Luminoso) gegen Staat und Regierung. Tausende von Menschen waren in jenen Jahren massiver politischer Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegen die Landbevölkerung ausgesetzt. Dennoch hat der Staat auch jetzt, neun Jahre später, die Opfer noch immer nicht für die ihnen zugefügte Gewalt entschädigt.

Den Angaben des Dachverbands der Nationalen Kommission der Menschenrechte CNDH (Coordinadora Nacional de Derechos Humanos) zufolge, sind im nationalen Opferregister des 2006 eingerichteten staatlichen Reparationsrates (Consejo de Reparaciones) die Namen von mehr als 30.000 Personen eingeschrieben. Die gelisteten Personen wurden bereits als direkte Empfänger*innen individueller Entschädigungszahlungen anerkannt und warten auf ihre möglichst gerechte Abfindung. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, veröffentlichten peruanischen Bürger*innen am 4. November eine Erklärung mit mehr als 800 Unterschriften. In der Erklärung fordern sie vom Staat die materielle Entschädigung aller Opfer und Hinterbliebenen des Bürgerkrieges.

Doch noch gibt es bei der Umsetzung Hürden zu überwinden. Denn für die Entschädigungen müsse der Reparationsrat zunächst seine Auswertung des Einzelregisters der Opfer (Registro Único de Víctimas) beenden, heißt es in der Erklärung: “Diese Aufgabe kann jedoch nicht abgeschlossen werden, wenn es dafür keinen angemessenen Etat gibt. Denn die Arbeit besteht darin, Tausende von Akten zu sichten, die den Horror und die Barbarei des Bürgerkrieges im Detail darlegen.”

Diese Aktion war nicht die einzige Initiative der peruanischen Zivilgesellschaft in diesem Zusammenhang. Der CNDH lancierte zudem die Kampagne „Präsident der Nation, her mit der Reparation“ („Senor Presidente, Reparar es urgente“). Mit der Kampagne soll die Regierung dazu gedrängt werden, schon ab nächstem Jahr mit der Entschädigung der Opfer zu beginnen. Die Kampagne möchte erreichen, dass der Staat die betagten Opfer bevorzugt; das sind nahezu 2.000 der insgesamt 30.000 Personen, die auf Entschädigungszahlungen warten.

Die Daten

Der 20 Jahre lang von den Peruaner*innen durchlebte Bürgerkrieg gilt als der grausamste Konflikt des Landes. Nach Angaben der Wahrheits- und Versöhnungskommision CVR (Comisión de Verdad y Reconciliación) schätzt man, dass 69.280 Menschen in jener Zeitspanne ihr Leben ließen. Das sind mehr als die bisher bei externen Kriegen und Bürgerkriegen ums Leben gekommenen Peruaner*innen seit der Unabhängigkeit 1821.

Neben den Tausenden von Toten, Verschwundenen und Opfern von Gewalt hatte der Bürgerkrieg auch massive ökonomische Einbußen zur Folge, wie die Zerstörung der Infrastruktur und die Verschlechterung der Produktivität der Bevölkerung. Laut den Angaben der CVR gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Armut, sozialer Ausgrenzung und der Wahrscheinlichkeit, Opfer in dem Konflikt zu werden. So hatten 68 Prozent der Toten und Verschwundenen keinen Gymnasialabschluss, wohingegen 1993 der nationale Durchschnitt bei nur 40 Prozent lag.

Die Kommission stellte weiter fest, dass die Opfer mehrheitlich, zu rund 79 Prozent, aus den ländlichen Gegenden stammten und überwiegend in der Landwirtschaft beschäftigt waren.

Der Bürgerkrieg habe zudem, so der Bericht, die Ungleichheit der Ethnien und Kulturen noch betont. Laut Aussage der Kommission hatten rund 75 Prozent der Opfer eine indigene Muttersprache.

Die Erklärung findet sich unter:http://blog.dhperu.org/?p=5374

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