von Andreas Behn, Cochabamba
(Berlin, 26. April 2010, npl).- Ein für Gipfeltreffen ungewöhnlicher Dialog zwischen Regierungen und Zivilgesellschaft leitete am Donnerstag den Abschluss der Klimakonferenz in Cochabamba ein. Der gastgebende Präsident Boliviens, Evo Morales, sein venezolanischer Amtskollege Hugo Chávez, der Vizepräsident Kubas und der Außenminister Ecuadors hörten und kommentierten die Zusammenfassungen der 17 Arbeitsgruppen, verlesen von Vertreter*innen aus vier Kontinenten. Kein wirklicher Meinungsaustausch, doch es bleibt der Eindruck, dass dieses Mal die sozialen und indigenen Bewegungen nicht außen vor geblieben sind.
Noch sind die Ergebnisse eine lange Liste von Feststellungen und Forderungen. Es geht um die Rechte der heutigen und zukünftigen Klimamigrant*innen, die Notwendigkeit eines Technologietransfers von Norden nach Süden, die Benennung einer Klimaschuld der Industriestaaten, die Infragestellung des Wirtschaftsystems und der industriellen Landwirtschaft bis hin zur Erarbeitung von kommunitären Lebensformen.
Evo Morales fand die treffendsten Worte, um das mühsame Ringen um Prioritäten, Konsens und politische Sichtweisen zusammen zu fassen: „Auf diesem Klimagipfel wurden, im Gegensatz zu den jährlichen UN-Konferenzen, die Ursachen und nicht nur die Folgen der Klimakrise thematisiert.“ Es sei deutlich geworden, dass die Rettung des menschlichen Lebens auf dem Planeten Erde nur durch die Verteidigung der Natur erreicht werden könne. Da der globale Kapitalismus auf der Ausbeutung der Naturressourcen beruhe, sei „ein Systemwechsel“ der einzig gangbare Weg.
Hugo Chávez kritisierte ein weiteres Mal die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz von Kopenhagen als „unverbindlich und unzureichend“ und regte an, dass die in der Bolivarianischen Allianz ALBA zusammengeschlossenen Staaten die Deklaration von Cochabamba vor der UNO vertreten.
Der originellste Beitrag kam von Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño. Er erinnerte daran, dass die USA einigen Staaten aufgrund ihrer Weigerung, den Kompromiss von Kopenhagen zu unterzeichnen, Teile der Entwicklungshilfe gestrichen haben – im Falle von Ecuador 2,5 Millionen US-Dollar. „Ich verkünde hier offiziell den Vorschlag meines Präsidenten Rafael Correa, den USA 2,5 Millionen US-Dollar zu zahlen, sollten sie endlich bereit sein, das Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen,“ erklärte Patiño.
In Zahlen war der Gipfel von Cochabamba fraglos ein Erfolg. Laut Außenminister David Choquehuanca haben sich statt der erwarteten 12.000 schließlich über 35.000 Teilnehmer*innen aus 142 Staaten eingeschrieben, davon knapp 10.000 aus dem Ausland. Offizielle Delegationen wurden von 47 Ländern entsandt, zumeist aus Asien, Afrika und Lateinamerika. Auch organisatorisch verlief die Mammutveranstaltung ohne größere Probleme. Es war zu spüren, dass die Regierung viel Geld in den reibungslosen Verlauf investiert hat.
Allerdings setzte sie auch auf eine Kontrolle der Inhalte, in einigen Arbeitsgruppen gab es Klagen über fehlende Freiräume und zu viele Vorgaben seitens der Organisatoren. Am Nachmittag lud Evo Morales zur kulturell-politischen Abschlussveranstaltung ins Fußballstadion von Cochabamba ein. Die Abschlusserklärung „Vereinbarung der Völker“ wurde verkündet, sie beginnt mit den Worten „Heute ist unsere Mutter Erde verwundet und die Zukunft der Menschheit ist in Gefahr“. Das Scheitern der Kopenhagener Konferenz wird mit der Unfähigkeit des Kapitalismus zur Lösung der anstehenden Probleme erklärt. Auf den folgenden zehn Seiten werden mehr oder weniger konkrete Anregungen formuliert, wie eine Alternative aussehen könnte.
„Hier werden die Ursachen und nicht nur die Folgen der Klimakrise thematisiert” von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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