Düstere Aussichten im Ringen um Nachhaltige Entwicklung

von Andreas Behn

(Rio de Janeiro, 30. März 2012, npl).- Die Kritik seitens der Zivilgesellschaft am Entwurf des Abschlussdokuments der Konferenz Rio+20 schlägt in Empörung um. „All unsere Erfolge, die wir bei der Konferenz ECO92 vor 20 Jahren in Rio de Janeiro erringen konnten, sind in Frage gestellt,“ protestiert Iara Pietricovsky.

Die Soziologin kommentiert die Ergebnisse der jüngsten Verhandlungen zu Rio+20 in New York, an denen sie als Vertreterin des brasilianischen Zivilgesellschaftskomitees teilgenommen hat. „Alle Aspekte, die irgendeinen Bezug zu Menschenrechten haben, wurden aus dem Entwurf gestrichen.“ Es sei offensichtlich, dass sich die Staaten auf nichts festlegen lassen wollen, fasst Iara zusammen.

Iara Pietricovsky spricht im Namen der sozialen Bewegungen und NRO, die den People’s Summit vorbereiten, der in Juni parallel zur UN-Konferenz über Nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro stattfinden wird. Mit zunehmender Sorge verfolgen die Vertreter*innen der Zivilgesellschaft im Gastgeberland Brasilien, wie die Agenda der offiziellen Konferenz sich „immer mehr an den Interessen der Privatwirtschaft orientiert“, so Marcelo Durão von der Landlosenbewegung MST. Mittlerweile stehen viele Konsens-Positionen des Zivilgesellschaftkomittes wie der Schutz öffentlichen Güter vor Vermarktung oder das Eintreten für Ernährungssouveränität und ökologische Landwirtschaft den auf UN-Ebene diskutierten Vorschlägen diametral entgegen.

Für Iara bestanden die Verhandlungen in New York vor allem in der Streichung gerade der Passagen des Entwurfs, die Grundlage für den Schutz der Umwelt und nachhaltige Entwicklung sind. Länder wie die USA, Frankreich, Australien und andere Industriestaaten sperrten sich dagegen, den Zugang zu Naturressourcen als Menschenrecht zu bezeichnen. Das Betreiben, einige 1992 verabschiedete Grundsätze wie das Vorsorgeprinzip oder das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung abzuschaffen, drohe der größte Widerspruch der Konferenz Rio+20 zu werden. „Ohne diese Prinzipien werden alle Ziele nachhaltiger Entwicklung auf den Müll geworfen,“ erklärt Iara Pietricovsky, die in Brasilia bei der Organisation INESC tätig ist.

Des weiteren wurde ein Paragraf in Frage gestellt, der die Rechte von Frauen, Indígenas und anderer benachteiligter Gruppen garantiert. Generell soll der Begriff „Armut“ durch „extreme Armut“ ersetzt werden – für Iara ein Hinweis darauf, dass sich die öffentliche Politik in Zukunft noch weiter aus ihrer Verantwortung stehlen möchte.

Dabei kritisiert die Soziologin nicht nur die Industriestaaten. Auch die Länder des Südens seien nicht bereit, Kompromisse einzugehen. „Sie verfolgen das gleiche Modell wie die reichen Länder. Doch dieses Modell ist nicht nachhaltig.“

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