Dezentrale Aktionen an nationalem Protesttag

von Torge Löding

(San José, 08. Juni 2009, voces nuestras).- Viele kleine Proteste an verschiedenen Orten, so lautete der Aufruf für den „nationalen Protesttag“ am 5. Juni. Alleine in der Hauptstadt San José marschierten zwei Demonstrationszüge getrennt auf verschiedenen Routen. Der größere startete am Morgen mit knapp 1.000 Teilnehmenden vom Uni-Campus; vorwiegend Studierende, denen sich aber auch Unibeschäftigte und einige Gewerkschafter*innen des linken Dachverbandes CGT (Central General de Trabajadores) angeschlossen hatten. „Wir sind ein kleiner Teil der Kräfte, welche kürzlich ein nationales Aktionsbündnis gegründet haben“, sagte Cristina Barboza, Vorsitzende des AStA der Universität von Costa Rica FEUCR (Federación de Estudiantes de la Universidad de Costa Rica). Während die Studierenden zeitweilig die Straße vor dem Präsidentenpalast blockieren, besetzen Indígenas die Schnellstraße Panamericana im Süden des mittelamerikanischen Landes und im Norden sind es Campesinos, die ihre Forderungen in San Carlos skandieren, der Grenzregion mit Nicaragua.

„Ich glaube an die Macht der Straße. Nur so können wir unsere Forderungen durchsetzen“, sagte Barboza. Auf den ersten Blick mögen die sehr unterschiedlich sein – die Studierenden und Unibeschäftigten streiten gegen Haushaltskürzungen an den Hochschulen, die Gewerkschaften gegen ein neues Gesetz zur Arbeitszeitflexibilisierung, die Indígenas für die Anerkennung ihrer Rechte und die Campesinos gegen die Verseuchung des Grundwassers durch Ananasplantagen. „Am Ende kämpfen wir aber alle gegen die Auswirkungen der gleichen Krise und die Folgen der gleichen fatalen Politik der Arias–Regierung“.

Seine Politik schmückt Präsident und Friedensnobelpreisträger Oscar Arias von der Partei der Nationalen Befreiung (PLN) gerne mit seinem Programm „Frieden mit der Natur“ und dem Ziel, das Land bis 2021 „klimaneutral“ gemacht haben. Zu den Feierlichkeiten zum Weltumwelttag am 5. Juni waren die Umweltschützer*innen aber nicht erschienen. Sie beteiligten sich mit eigenen Aktionen am „nationalen Aktionstag“. Rund 100 von ihnen versammelten sich vor dem Umweltministerium, um ihren Protest öffentlich zu machen. „Das Projekt Frieden mit der Natur ist eine Mogelpackung. Unter der Ägide von Arias erleben wir ökologischen Notstand wie schon lange nicht mehr“, sagte Heidy Murillo, Vorsitzende des Umweltdachverbandes FECON (Federación Conservacionista de Costa Rica). Einige Beispiele seien Gemeinden im Süden Costa Ricas, die derzeit um ihren Zugang zum Trinkwasser kämpfen, weil die Regierung Massentourismusprojekte unterstütze, die den Anwohner*innen im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abgraben. Anderenorts wehren sich Küstenbewohner*innen und Fischer*innen gegen ihre Vertreibung durch Immobilienspekulant*innen.

Besonders offensichtlich sei die unökologische Praxis der „grünen“ Arias–Administration beim Projekt für Goldminen im Tagebau „Las Crucitas“ in der Grenzregion mit Nicaragua, gegen welches die Regierung von Daniel Ortega von der Sandinistischen Front zur Nationalen Befreiung FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional) auch bereits protestiert hat. „Es ist ein Hohn: Costa Rica ist das einzige Land der Welt, das einen Friedensnobelpreisträger als Präsidenten hat, welcher der Natur sogar den Frieden erklärt hat. Gleichzeitig ist dieser Präsident der einzige, der den Goldminentagebau zum nationalen Interesse erklärt hat“, sagte Isaac Rojas vom Naturschutzbund „Amigos de la tierra“ (Freunde der Erde). Im März trat der Umweltminister Roberto Dobles zurück, nachdem herauskam, dass seine Frau Geschäftsbeziehungen zu eben dem kanadischen Minenunternehmen unterhalte, dem er die Konzession zum Goldschürfen erteilt hatte. Ein peinlicher Skandal für die Regierung des „grünen“ Präsidenten.

Unklar ist, inwieweit die sozialen Bewegungen Einfluss auf die Präsidentenwahl im Februar 2010 haben werden. In der vergangenen Woche unterlag die linke Kandidatin Epsy Campbell bei den internen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur der „Partei der Bürgeraktion“ PAC gegen den Technokraten und Parteigründer Ottón Solis. Dieser wurde in der Urabstimmung von 70 Prozent seiner Parteifreund*innen aufgefordert, erneut den Hut in den Ring zu werfen. Die Teilnahme lag mit knapp 30 Prozent weit unter den Erwartungen. Unterstützung kann dieser Kandidat nicht von allen erwarten. „Wir haben keine Wahloption und lehnen es ab, dass Parteien unsere Bewegung als Wahlplattform nutzen“, sagte AStA–Vorsitzende Cristina Barboza.

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