Zwei Lateinamerikagipfel in Brüssel

(Brüssel, 19. Juli 2023, pressenza).- Am 17. und 18. Juli fanden in Brüssel zwei lateinamerikanisch-karibische Gipfeltreffen statt. Der erste in den Räumlichkeiten der Europäischen Union war ein Treffen zwischen lateinamerikanischen Präsident*innen und europäischen Staats- und Regierungschefs (CELAC-EU).

Der zweite, der alternative „Gipfel der Völker“, fand an der niederländischen Universität (VUB) in Brüssel statt und brachte Hunderte von Verbänden, Gewerkschaften und NGOs zusammen, um gemeinsam über Lösungen außerhalb des Neokolonialismus nachzudenken.

Themen des ersten Gipfels: Ukraine und Handel

Es hat acht Jahre gedauert, bis ein solches Gipfeltreffen zwischen den Staats- und Regierungschefs der 33 Länder Lateinamerikas und der Karibik und der Europäischen Union stattgefunden hat. In den imposanten Gebäuden der europäischen Institutionen entsprachen die europäischen Interessen nicht wirklich denen ihrer lateinamerikanischen Kolleg*innen. Während die Europäische Union um Unterstützung für die Ukraine bemüht ist, hat Brasilien es abgelehnt, der Ukraine Waffen zu liefern oder Sanktionen gegen Wladimir Putins Russland zu verhängen. Präsident Luiz Inacio Lula da Silvas wiederholte Erklärungen, dass alle Seiten für den Konflikt verantwortlich sind, gelten als kontrovers, obwohl er die russische Invasion der Ukraine verurteilt hat. Andere Länder wie Kuba und Venezuela haben ihr Bündnis mit Moskau deutlich bekräftigt.

Natürlich bleibt der wirtschaftliche Aspekt der Ressourcen bei diesen Treffen eine Priorität. Zum Beispiel ist Lithium (in Argentinien und Bolivien) für die Europäische Union von offensichtlichem Interesse, weil ohne Lithium die von Europa geplante Energiewende nicht stattfinden wird. Argentinien ist einer der weltweit führenden Produzenten dieses Minerals und bildet zusammen mit Bolivien und Chile das „Lithiumdreieck“ mit fast 56 Prozent der weltweiten Reserven. Ende Juni kündigte Bolivien an, dass China und Russland 1,4 Milliarden Dollar in die Eröffnung von zwei Lithiumminen im Land investieren würden.

Vor dem Gipfel unternahm die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Mitte Juni eine Rundreise durch die Region (Brasilien, Argentinien, Chile und Mexiko) und kündigte eine Aufstockung der Europäischen Investitionen mit Hilfe der Strategie „Global Gateway“ um zehn Milliarden Euro an, um dem Einfluss des chinesischen Programms, der „Neuen Seidenstraße“, entgegenzuwirken. Ebenfalls im Mittelpunkt der Verhandlungen steht der Mercosur-Vertrag über den Handel mit Lebensmitteln zwischen den Ländern – ein Abkommen, das von den europäischen Landwirt*innen gefürchtet wird.

Der Gipfel der Zivilgesellschaft

Parallel zum ersten Treffen fand in den Gebäuden der VUB ein alternativer „Gipfel der Völker“ statt. Tausende von Menschen aus NGOs, Gewerkschaften, Bauern- und Bürgerverbänden nahmen an Diskussionsforen und Sitzungen zum Erfahrungsaustausch teil, die Gelegenheit boten, sich von Grund auf zu informieren und zu handeln. Die Prioritäten lagen unter anderem auf dem Klimawandel und der sozialen Ungerechtigkeit.

Am Abend konnten wir auf dem Festival des Solidarités singen, zum Rhythmus der Musik von Sindicato Sonico (Mexiko, Kuba, Honduras, Chile, Spanien und Belgien) , César , Osvaldo Torres und Silvia Balducci (Chile, Frankreich, Belgien, Italien), Ismaël Querales (Venezuela) und Animation Brésil (Brasilien, Frankreich). Zwischen den Darbietungen waren Botschaften des Kampfes und der Hoffnung zu hören. An der Veranstaltung nahmen Jean-Luc Mélenchon (NUPES, Frankreich), Cristina Faciaben (CCOO, Spanien), Hilal Sor (ABVV Metallos, Belgien), Raoul Hedebouw (PVDA, Belgien), Paula Polanco (INTAL, Frankreich) und Jeremy Corbyn (Vereinigtes Königreich) teil.

Die Präsidenten von Bolivien, Kuba, Venezuela und Kolumbien kamen ebenfalls und bekundeten ihre Unterstützung für den Kampf der Teilnehmenden. Bewegende Reden und Slogans, die von der Menge mitgeschrien und mitgesungen wurden, sorgten für eine warme, lebhafte Atmosphäre von Emotion und Stärke. Ich hörte die antikapitalistische Rede von Mélenchon (Frankreich), und die von Miguel Diaz-Canel, der den Boykott gegen die Vereinigten Staaten verurteilte, gefolgt von den Präsidenten Boliviens und Kolumbiens. Alle hielten großartige Reden und übernahmen die Lieder und Slogans, die vom Publikum gesungen wurden.

Es war ein sehr bewegendes Ambiente, eine große, fröhliche menschliche Kraft, viele Frauen und junge Menschen, die stolz auf ihre Herkunft und voller Hoffnung für die Zukunft sind. Wir hoffen aufrichtig, dass sich diese gemeinsame emotionale Erfahrung in mutigen Entscheidungen wiederfindet, die in diesen Zeiten der Ungewissheit so notwendig sind.

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