(5. Dezember 2022, servindi) Internationale Organisationen warnen, dass die Umwandlung von 30 Prozent der Erde in Naturschutzgebiete eine ernsthafte Bedrohung für das Leben indigener Gemeinschaften und anderer Gruppen darstellen könnte. Sie sind besorgt, dass auf der Biodiversitätskonferenz der UNO (COP 15) die Vereinbarung 30×30 verabschiedet wird, die vorsieht 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen. Die Konferenz findet vom 7. bis 16. Dezember in Montreal statt.
Schutzgebiete nach dem westlichen Naturschutzkonzept haben in Afrika und Asien zu Massenvertreibungen, Hunger, Krankheiten und Menschenrechtsverletzungen wie Mord, Vergewaltigung und Folter geführt. In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren die Organisationen, dass es viele erfolglose Debatten über die Einbeziehung von Menschen- und Landrechten in das Globale Rahmenwerk für Biodiversität der UNO (Global Biodiversity Framework, GBF) gegeben habe. Zwar werden auch „andere wirksame gebietsbezogene Erhaltungsmaßnahmen“ erwogen, doch „ist es wahrscheinlich, dass reine Naturschutzgebiete, in denen ein stärkerer Schutz der Gemeinschaften nicht vorgesehen ist, den Großteil des 30×30-Ziels ausmachen werden.“
Der richtige Ansatz
Amnesty International, Minority Rights Group International, Rainforest Foundation UK und Survival International rufen die Staaten dazu auf, für Naturschutzziele einen grundlegend anderen Ansatz zu verfolgen.
Ein solcher Ansatz muss die Anerkennung und den Schutz der kollektiven und gewohnheitsmäßigen Landbesitzstrukturen der indigenen Gemeinschaften in den Vordergrund stellen und ihr Recht auf Land, Ressourcen und Selbstbestimmung garantieren. Dazu gehört auch, dass die Gemeinschaften allen Maßnahmen vorher zustimmen müssen und dass sie die Entscheidung auf Grundlage verfügbarer Informationen frei treffen können. Auch anderen Gemeinschaften, die für ihren Lebensunterhalt auf Land angewiesen sind, muss ihr Recht auf Schutz vor Zwangsräumungen, auf einen angemessenen Lebensstandard und auf Anhörung bei Entscheidungen, die ihre Rechte betreffen, anerkannt werden.
Darüber hinaus sollte man sich auf einen angemessenen Schutz aller bedrohten Arten und Ökosysteme konzentrieren, anstatt einfach nur die Zahl der Schutzgebiete zu erhöhen. Ebenso müssen die Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt angemessen berücksichtigt werden. Denn 80 Prozent der weltweit vorhandenen Biodiversität sind in indigenen Territorien zu finden. Es ist also offensichtlich: Der beste Weg, Ökosysteme zu erhalten, ist der Schutz der Rechte derjenigen, die in ihnen leben und von ihnen abhängen.
Hintergrund
Schon im April 2021 waren 250 indigene Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und Wissenschaftler*innen zusammengekommen, um ihre Besorgnis über die vorgeschlagene Verdoppelung der Fläche der Naturschutzgebiete im Globalen Rahmenplan für Biodiversität zum Ausdruck zu bringen. Nun scheint es, als würden die jüngsten Überarbeitungen des GBF-Entwurfs die bisher enthaltenen Regelungen zum Schutz Indigener rückgängig machen. Denn die Formulierungen zu deren Rechten wurden von einem integralen Bestandteil zu einer bloßen „Anleitung“ im Anhang herabgestuft.
Zudem sind 30 Prozent sind eine willkürliche Zahl ohne wissenschaftliche Basis. Es gibt kaum Belege dafür, dass die bestehenden Naturschutzgebiete die Ökosysteme erfolgreich geschützt haben und daher ausgeweitet werden sollten.
Um den ökologischen Kollaps aufzuhalten, bedarf es weit mehr als eines erweiterten globalen Netzes von Naturschutzgebieten. Es ist ein weitaus ehrgeizigerer Ansatz erforderlich, der die Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt eindämmt, etwa den übermäßigen Verbrauch von Ressourcen.
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