(Lima, 15. Dezember 2019, servindi).- Im sogenannten heiligen Amazonasbecken entspringt der größte und wasserreichste Fluss der Erde. Außerdem weist die Region im Osten von Ecuador und Peru die größte Biodiversität unseres Planeten auf. Etwa 500.000 Indigene leben völlig isoliert im Amazonasgebiet und hatten zum Teil niemals Kontakt außerhalb ihrer Gemeinschaft. Die rund 30 Millionen Hektar Regenwald leisten laut Umweltschützer*innen einen entscheidenden Beitrag dazu, die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern. Jedoch verbirgt sich unter der Erde ein Schatz, der die Existenz des Amazonas in erhebliche Gefahr bringen könnte. Schätzungsweise 5.000 Millionen Tonnen Erdöl liegen unter dem Regenwald.
Ein Teil dieses Reichtums wird bereits erschlossen und ausgebeutet. Bislang konnte jedoch durch gesellschaftlichen Druck eine große Fläche des heiligen Amazonasbeckens geschützt werden. Nichtsdestotrotz kritisierten Umweltschützer*innen und Indigene auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen COP-25 die Regierungen Ecuadors und Perus für ihre Pläne, weite Flächen des Amazonasgebiets zu erschließen und aus den reichen Bodenschätzen Profit zu schlagen.
Die Aktivist*innen fordern einen „sofortigen Aufschub“ der geplanten Erschließung und Ausbeutung des Regenwaldes. Kevin Koenig, Direktor des Bereichs Klima und Energie der Organisation Amazon Watch führt die Klage an und sagte BBC Mundo in Madrid, dass die Pläne die „Scheinheiligkeit“ dieser Länder beweisen. „Vor Kurzem sprach der ecuadorianische Präsident, Lenín Moreno, auf der COP-25 über den Schutz des Planeten, während er gleichzeitig die großangelegte Erdölförderung im Amazonasgebiet plante“, kritisierte Koenig.
Obwohl lokale Medien die Pläne diesbezüglich in beiden südamerikanischen Ländern bestätigt haben, weist Peru die Vorwürfe zurück. Ecuador hat bislang noch keine neue Ausschreibung für die Region im heiligen Amazonasbecken offiziell bekannt gegeben.
Ecuadors Pläne zur Erdölförderung im Amazonasgebiet
Laut El Comercio plant der staatliche Erdölkonzern seine Förderung 2020 in ein hoch umstrittenes Gebiet des Amazonas auszuweiten, bekannt als Ishpingo-Tambococha-Projekt (ITT) oder „Block 43“. Dabei handelt es sich um fast 80 Territorien, in die das ecuadorianische Amazonasgebiet unterteilt ist. Die Region gilt als extrem reich an Erdölvorkommen. Bislang hat die Regierung in ungefähr der Hälfte des Gebiets die Erschließung und Erdölförderung gestattet. Dies schließt auch Teile des ITT mit ein, ein Territorium, das an die sogenannte „unberührte Zone“ grenzt. In dieser Zone ist die Erdölförderung verboten.
El Comercio zufolge plant die Regierung jedoch nicht nur eine Ausweitung der bestehenden Erdölförderung im ITT, sondern schreibt ebenso die südöstliche Zone aus, welche mehr als ein Dutzend Territorien umfasst, die unmittelbar an der Grenze zu Peru oder in der Nähe des Grenzgebietes liegen. Dabei handelt es sich um eine riesige Fläche, die mehr als ein Drittel des derzeit erschlossenen oder zur Erdölförderung genutzten Amazonasgebietes umfasst.
Perus Erdölprojekt im Amazonas
Petroperú, der staatliche Erdölkonzern Perus, wäre für die Durchführung einiger neuer Erdölförderprojekte zuständig. Außerdem kündigte die peruanische Regierung Pläne zur Modernisierung der Ölpipeline Norperuano im Amazonasgebiet an, um die Transportkapazitäten von Petroperú zu steigern. Ebenso sei es Ziel der Modernisierung, die Umweltverschmutzung zu verringern, da die Pipeline schon häufig wegen undichten Stellen in der Kritik stand.
Der Präsident von Petroperú, Carlos Paredes, signalisierte, dass nicht nur eine „Ausbesserung der Ölleitungen“ angestrebt werde, sondern genauso eine „Ausweitung des Arbeitsbereichs“. Über die staatliche Nachrichtenagentur Andina teilte Paredes mit, dass der staatliche Erdölkonzern gemeinsam mit privaten Unternehmen und dem Ministerium für Energie und Bergbau eine Studie ausarbeitet, die sich mit der „der Identifizierung konkreter Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung unserer Industrie im Amazonas“ beschäftigt.
Auf die Frage von BBC Mundo nach möglichen Plänen zur Ausweitung der Erdölförderung im sogenannten heiligen Amazonasbecken bestritten die Sprecher des Ministeriums jegliche Pläne. „Für das Jahr 2020 ist keine Ausschreibung für die Förderung fossiler Brennstoffe in der Provinz Alto Amazonas geplant,“, signalisierte ein Sprecher. BBC Mundo kontaktierte ebenfalls das Ministerium für Energie und nicht erneuerbare Energie in Ecuador, hat aber bislang noch keine Antwort erhalten.
Anzeichen widersprechen den Angaben von öffentlicher Seite
Trotz einer Ablehnung von offizieller Seite weisen Umweltschützer*innen auf verschiedene „Anzeichen“ hin, welche die Bestrebungen der beiden Länder in der Ausweitung der Erdölförderung im Amazonas vermuten lassen. So reformierte Ecuador sein Gesetz zu fossilen Brennstoffen, um so die Erdölförderung für ausländische Firmen attraktiver zu machen. Auch die peruanische Regierung legte dem Parlament ein ähnliches Reformprojekt vor. Mit dem Vorschlag wird nicht nur der Gewinn der Erdölfördernden gesteigert, sondern auch der Vertrag um Jahre verlängert.
Laut dem peruanischen Ministerium für Energie und Bergbau verfolgt die Reform die „Sicherheit in der Energieversorgung des Landes auf einem kompetitiven Energiemarkt sowie einen verbesserten Schutz von Umwelt und sozialen Rechten im Sektor der fossilen Energie“. Für Koenig ist das Hauptmotiv jedoch die „Wiederbelebung der peruanischen Erdölindustrie“.
Auch Ecuador scheint die Ausweitung der Erdölförderung zu planen
Der Umweltaktivist erkennt immer deutlichere Anzeichen dafür, dass Ecuador seine Produktion im Amazonasgebiet ausweiten will. Im vergangenen Mai unterschrieb das Land sieben Verträge zur Erdölförderung im Amazonasgebiet und hat bereits für März des Jahres die Ausschreibung der sogenannten „Intercampos-Runde“ angekündigt, im Rahmen derer acht Territorien im Norden des ecuadorianischen Amazonasgebiets versteigert werden.
Vor zehn Jahren hatte der damalige Präsident Rafael Correa die Verträge zur Förderung in der Region aufgekündigt, da er diese als schädlich befand. Auf der anderen Seite verkündete die Regierung Morenos, dass Ecuador im Januar 2020 aus der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) austreten wird, wodurch das Land nun selbst seine Fördermenge festlegen und erhöhen kann.
Seit 2016 hat die OPEC die Produktionsmenge von Rohöl verringert, um den Ölpreis auf dem internationalen Markt zu stabilisieren. Als Teil der Organisation musste sich Ecuador an diese Regulierungen halten. Nun allerdings nicht mehr. Die Regierung erklärte, dass sie anstrebe, die Erdölproduktion im nächsten Jahr um 2 Prozent zu steigern. Das entspräche einer Fördermenge von 542.000 Tonnen pro Tag. Laut Amazon Watch würde dies die Ausbeutung eines Gebietes im Amazonas mit der Größe Italiens bedeuten.
Kritik an geplanter Erdölförderung im Amazonas von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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