(Mexiko-Stadt, 22. März 2023, desinformémonos) Wasser ist ein fundamentales Element für ein menschliches Leben in Würde. Aus diesem Grund erkannten die Vereinten Nationen im Jahr 2010 den Zugang zu dieser Ressource als Menschenrecht an. In Mexiko wurde dieses Recht 2012 mit in die Verfassung aufgenommen, wodurch der Staat sich dazu verpflichtete, der Bevölkerung den Zugang zu und die Verfügbarkeit für den persönlichen und häuslichen Gebrauch zu garantieren.
Der zunehmende Extraktivismus führt in Mexiko allerdings dazu, dass Wasser weder in Quantität noch in Qualität in ausreichendem Maße für alle zur Verfügung steht. Die Umsetzung von Großprojekten etwa in Bergbau, Wasserkraft, Agrarindustrie, Gebäudekonstruktion und Infrastruktur wirkt sich auf verschiedene Weise auf das Wasser aus: Verschmutzung und Austrocknung von Brunnen, Feuchtgebieten, Flüssen, Seen und Bächen oder die übermäßige Entnahme von Grundwasser. Dies zieht weitere negative Folgen für die menschliche Gesundheit und wirtschaftliche Aktivitäten nach sich. Außerdem verschärft es die soziale Ungleichheit. Zudem werden immer mehr Fälle registriert, bei denen ganze Bevölkerungsgruppen aufgrund von Wassermangel ihre Heimat verlassen müssen.
Die Auseinandersetzung über die Nutzung des Wassers, den Zugang dazu und die Kontrolle darüber führt zu Konflikten zwischen der Bevölkerung und den Projektplanern. Die Beobachtungsstelle für sozio-ökologische Konflikte (Observatorio de Conflictos Socioambientales, OCSA) der lberoamerikanischen Universität Mexiko-Stadt dokumentiert in einer Karte extraktivistische Projekte, die in Mexiko zu eben solchen Konflikten führen. So hat das OCSA im Zeitraum von Januar 2017 bis Januar 2022 insgesamt 97 Projekte registriert, die seit ihrer Entstehung (dies beinhaltet Erkundung, Konstruktion, Betrieb und Ausbau) negative Auswirkungen auf Wasserressourcen haben, sei es durch Entnahme, Nutzung oder Verklappung.
Am deutlichsten und verheerendsten ist der durch den Bergbau verursachte Schaden, da hier große Mengen an Wasser verwendet werden. Es wird geschätzt, dass etwa 7 Prozent des in Mexiko für den industriellen Gebrauch konzessionierten Wassers Bergbauunternehmen gehören. Allerdings gibt diese Zahl nicht den Gesamtverbrauch der Bergindustrie an. Denn sie nutzt auch Wasser, das keinen Konzessionen unterliegt und es gibt ein Gesetz, das diese Nutzung erlaubt. Besonders schädlich ist der Bergbau auch, weil er hochgiftige Stoffe verwendet wie z.B. Zyanid und Quecksilber. Diese kontaminieren das Wasser und führen zu schweren gesundheitlichen Problemen bei Personen, die damit in Kontakt kommen. Allein im Jahr 2020 waren 36,2% der von der Nationalen Wasserkommission (CONAGUA) überprüften Wasserstellen mit verschiedenen Stoffen belastet, vor allem mit Quecksilber. Das bedeutet, dass von zehn Brunnen fast jeder vierte kontaminiert ist.
Ein von der OCSA untersuchter emblematischer Fall ist die Kupfermine Buenavista del Cobre in Cananea im Bundesstaat Sonora. Hier geschah im Jahr 2014 eine der schlimmsten Umweltkatastrophen. Mehr als 40 Millionen Liter Kupfersulfat gelangten in die Flüsse Bacanuchi und Sonora. Der Vorfall hatte Auswirkungen auf das Leben und die Wirtschaft in sieben mexikanischen Gemeinden. Das Gesundheitsministerium und das Nationale Zentrum für Krankheitskontrolle berichteten in diesem Kontext, dass mehr als 95 Prozent der untersuchten Bevölkerung (650 Fälle) Bleispuren im Blut hatten, bei 79 Prozent wurde Kadmium nachgewiesen und bei 50% Arsen. Diese Metalle verursachen ernsthafte gesundheitliche Probleme, da sie u.a. Knochen, Leber und Nieren schädigen. Bei Kindern verursachen sie dauerhafte kognitive Schäden.
Ein aktuelles Beispiel eines Infrastrukturvorhabens mit negativen Auswirkungen auf die Wasserressourcen ist der Tren Maya auf der Halbinsel Yucatán im Südosten Mexikos. Das touristische Megaprojekt gefährdet das Grundwasser der Region, das hier die einzige Versorgungsquelle ist. Eine zusätzliche Belastung, denn ohnehin besteht ständig die Gefahr, dass das Grundwasser kontaminiert wird aufgrund der Beschaffenheit des Bodens, der hauptsächlich aus Kalkgestein besteht. Der Bau der Bahntrasse richtet nicht nur durch die übermäßige Nutzung und die Verschmutzung des Wassers Schaden an. Die großflächigen Waldrodungen führen zu noch geringeren Niederschlagsmengen in der Region.
All diese Projekte werden mit Erlaubnis der örtlichen Regierungen umgesetzt. Die wirtschaftlichen Interessen und die Wassernutzung für wirtschaftliche Zwecke werden somit über den Nutzen für den Menschen gestellt. Vor diesem Hintergrund sollte der Widerspruch zwischen dem angeblichen Nutzen extraktivistischer Projekte, die der Bevölkerung Wohlstand versprechen, und dem gleichzeitigen Entzug des Menschenrechts auf Wasser hinterfragt werden. Zumal all dies im Kontext der Klimakrise geschieht, die ebenfalls das Recht auf Zugang zum lebenswichtigen Element Wasser für alle Mexikaner*innen bedroht.
Großprojekte bedrohen Wasservorkommen von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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