Genmais: Wiedereinführung des Moratoriums mehrfach abgelehnt

von Angélica Enciso, Blanche Petrich

(Mexiko-Stadt, 14. Februar 2012, la jornada-poonal).- In den zurückliegenden zehn Jahren empfahlen drei nationale bzw. internationale Institutionen der mexikanischen Regierung, das Moratorium für den Anbau von Genmais wieder einzuführen und zu verstärken. Es war nach elfjähriger Gültigkeit im Jahr 2009 aufgehoben worden, als der experimentelle Anbau mit Blick auf die spätere kommerzielle Freigabe genehmigt wurde.

Weit davon entfernt, sich diese Empfehlungen zu eigen zu machen, begann die dem Agrarministerium zugeordnete Bundesbehörde für Gesundheit, Unbedenklichkeitsprüfung und ernährungswirtschaftliche Qualität SENASICA (Servicio Nacional de Sanidad, Inocuidad y Calidad Agroalimentaria) am letzten Tag des vergangenen Jahres damit, Genehmigungen für die der kommerziellen Phase vorausgehenden so genannten „Pilotphase“ zu erteilen. Erster Nutznießer war, mit drei Genehmigungen für den Genmaisanbau im Bundesstaat Sinaloa, der Monsanto-Konzern. Die Gesamtfläche ist derzeit noch auf 150 Hektar begrenzt.

UN-Sonderberichterstatter fordert 2011 Rückkehr zum Moratorium

Die Vereinten Nationen übten Mitte 2011 harsche Kritik an der Absicht der mexikanischen Agrarbehörden, den Weg für den kommerziellen Anbau von Genmais frei zu machen. Sie forderten „so schnell wie möglich“ eine Rückkehr zum Moratorium. Nachdem der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Ernährung, Olivier de Schutter die jüngsten wissenschaftlichen Daten über die Risiken des Genmais in Mexiko erhalten und analysiert hatte, schlussfolgerte er am Ende eines offiziellen Mexikobesuches vom 13. bis 20. Juni 2011: Die laufenden Programme für das Land „bedeuten einen Schritt zurück bei der Verwirklichung des Rechtes auf Ernährung“. Die Transgene, erläuterte er, „stellen hohe Risiken für die Vielfalt der einheimischen Maissorten dar“.

Anders als die Lesart der offiziellen mexikanischen Versionen ging er von einem sehr relativen Nutzen aus, „denn die Gensorten tragen wenig zur Lösung der Hauptprobleme, wie die Resistenz gegen Dürre und die Anbaufähigkeit auf armen Böden bei“. Er folgerte: „Die Feldversuche scheinen einzig den Sinn zu haben, der erste Schritt für eine groß angelegte Kommerzialisierung zu sein.“ De Schutter warnte, die Ausweitung könne „das schrittweise Verschwinden der einheimischen Sorten provozieren“ und die Abhängigkeit der Landwirt*innen von einer Technologie verursachen, mit der die Ressourcen an die Saatgutunternehmen und Patentinhaber transferiert würden. Diese Industrie definierte er als „stark Macht anhäufend“.

Genmais-Importe auf ein Minimum reduzieren

Bereits im Jahr 2009 sprach sich die die wissenschaftliche Instanz des Umweltministeriums, die Nationale Kommission für die Erforschung und Nutzung der Biodiversität Conabio (Comisión Nacional para el Conocimiento y Uso de la Biodiversidad), in der Studie „Ursprung und Diversifizierung des Mais“ ebenfalls dafür aus, „das Moratorium wieder einzuführen und aufrecht zu erhalten.“ Und zwar „bis die Zentren von Ursprung und Vielfalt präzise definiert sind; die notwendige Infrastruktur für die Kontrolle dieses Mais besteht; das Ausmaß der Genkontaminierung in den Maisarten des ganzen Landes festgestellt worden ist; eine angemessene Untersuchung über den Einfluss dieses Getreides in Mexiko durchgeführt und nationale Programme für den Schutz, die Bewahrung und Verbesserung der Maisarten entwickelt worden sind“.

Die Kommission für die Nordamerikanische Umweltzusammenarbeit verbreitete im August 2004 den Bericht „Mais und Biodiversität. Auswirkungen des Genmais in Mexiko“. Erarbeitet hatten diesen Bericht 16 Wissenschaftler*innen aus Mexiko, Kanada und den USA. Das Dokument konstatiert: „Da der Fortbestand und die Verbreitung neuer Gene außerordentlich stark von der Rate des Genflusses abhängen, muss die mexikanische Regierung das Moratorium stärken und die Importe aus Ländern, die ihn [Genmais] kommerziell anbauen, auf ein Minimum reduzieren. Beispielsweise haben einige Staaten auf die Problematik reagiert, indem sie genverändertes Getreide im Eingangshafen mahlen.“ Damit würde verhindert, dass die mexikanischen Bauern die importierten Körner als Saatgut nutzen.

[Der Originalartikel erschien am 14. Februar 2012 in der mexikanischen Tageszeitung „La Jornada“. Der Text ist der sechste von sieben Artikeln der Autor*innen zum Thema Gentechnik in Mexiko, die hier wiedergegeben werden.]

Übersetzung: „Entre Campos & Entre Pueblos – Zwischen Land und Leuten“

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