Es brennen die Wälder Lateinamerikas

Hunderttausende Waldbrände wüten 2024 auf dem lateinamerikanischen Kontinent, wie hier in Mato Grosso, Brasilien. Das hat verheerende Folgen, vor allem im Amazonas. Foto: Chico Ribeiro für Brasil de Fato via flickr, CC BY-NC-SA 2.0.

(Quito, 16. September 2024, OpenDemocracy).- Im Jahr 2024 haben bisher mehr als 50.000 Brände den Amazonas verwüstet, während das Amazonasbecken mit der schlimmsten Dürre seit 121 Jahren konfrontiert ist. „Fliegende Flüsse“ verwandeln sich in Rauchströme und beschleunigen eine noch nie dagewesene Klimakatastrophe.

Laut Satellitendaten des brasilianischen Nationalen Forschungsinstituts (INPE) wurden zwischen Januar und September dieses Jahres in Südamerika 346.112 Brände registriert, womit der bisherige Rekord von 345.322 Bränden aus dem Jahr 1998 übertroffen wurde.

Die Brände in Lateinamerika reichen von Trockenwäldern bis zum Amazonas-Regenwald. Mehrere Faktoren tragen zur raschen Ausbreitung der Brände bei: Dürreperioden, Phänomene wie El Niño und La Niña, der Klimawandel und vor allem eine Regierungspolitik, die die Rohstoffindustrie und die Abholzung fördert.

Die Brände haben die „fliegenden Flüsse“, die früher den Regen vom Amazonas in andere Teile des Landes und des Kontinents brachten, in Rauchschwaden verwandelt.

Die meisten Brände sind auf Brandstiftung zurückzuführen und entstehen in den angestammten Gebieten der indigenen Völker.

Im Falle des Feuers in Mato Grosso, Brasilien, waren 41 von 86 indigenen Gebieten betroffen, in denen sich die Biome Amazonas, Cerrado und Pantanal konzentrieren. Die Auswirkungen auf Tiere konnten in den Aufzeichnungen über Waldbrände im Feuchtgebiet für das Jahr 2020 auf 39.030 Kilometer geschätzt werden. Schätzungsweise 17 Millionen Tiere wurden durch die Brände getötet, darunter Eidechsen, Vögel und Primaten, wie eine Studie in der Zeitschrift Nature Scientific Reports ergab. Expert*innen zufolge könnte es bis zu 100 Jahre dauern, bis sich die betroffenen Gebiete erholt haben, und mancherorts sind die Verluste bereits irreversibel.

Auch die Luftqualität verschlechtert sich für alle Lebewesen erheblich. Gleichzeitig wird von einem Rückgang der Flussläufe wie im Amazonasbecken berichtet – dem stärksten seit 121 Jahren. Es ist an der Zeit, dass die Regierungen sich einer Realität stellen, von der sie dachten, sie sei weit weg. Die Klimakrise ist da – werden wir sie überwinden oder aussterben?

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) warnt, dass bei der Verbrennung von Bäumen und anderen Pflanzen der Kohlenstoff, den sie über Jahre des Wachstums gespeichert haben, schnell als Gas freigesetzt wird. Damit tragen sie zur globalen Erwärmung bei. Die weltweiten Waldbrände verursachen etwa ein Fünftel der jährlichen, vom Menschen verursachten Kohlenstoffemissionen.

Warum brennen in Lateinamerika die Wälder?

Wegen der starken Abholzung, die durch die Intensivierung des Bergbaus, der Kohlenwasserstoffindustrie, der Viehzucht und der Landwirtschaft, die die Landnutzung verändern, noch verstärkt wird. So ist Brasilien der weltweit größte Exporteur von Rindfleisch (20 % der Weltexporte).

Die Entwaldung unterbricht den natürlichen Wasserkreislauf, verringert die Niederschläge, erhöht die Temperaturen und macht das Land trockener.

Die Bedrohung der Wälder wird noch verschärft, wenn Unternehmen profitable Anreize für ihre Aktivitäten finden. Unter der Regierung Bolsonaro wurde die aggressive Expansion der Industrie im Amazonas-Regenwald gefördert und gleichzeitig die Umweltpolitik gelockert.

Wie funktioniert Klimawandel?

Wissenschaftliche Untersuchungen, die in Nature Ecology & Evolution veröffentlicht wurden, haben einen Zusammenhang zwischen steigenden globalen Temperaturen und der Zunahme von Waldbränden festgestellt. Die Luftqualität verschlechtert sich und beschleunigt den Transport von Kohlenmonoxid über Südamerika.

Amazon Watch erklärt, dass die globale Erwärmung zu häufigeren Dürren führt, die den Wald austrocknen. Das führt zu größeren und weiter verbreiteten Bränden, die dann wiederum den Klimawandel verstärken, da sie sich auf den globalen Temperaturanstieg auswirken.

Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat in Zusammenarbeit mit dem Climate Change Service und dem Copernicus Atmospheric Monitoring Service (CAMS) des Europäischen Zentrums für Wettervorhersage davor gewarnt, dass Hitzewellen und Dürren weite Teile des Amazonasbeckens mit Auswirkungen von Brasilien bis Paraguay betreffen werden. Ein Teil dieser Auswirkungen auf die Wälder konzentriert sich auf den Amazonas-Regenwald, der seit 65 Millionen Jahren gegen Klimaschwankungen resistent ist. „Die Möglichkeit, dass das amazonische Waldsystem bald einen Kipppunkt erreicht, der zu einem großflächigen Zusammenbruch führen könnte, ist nicht auszuschließen.“

Der Amazonas-Regenwald wird bald verschwunden sein

Der Amazonas-Regenwald beherbergt mehr als 10 Prozent der terrestrischen Artenvielfalt der Erde und speichert eine Kohlenstoffmenge, die den globalen CO2-Emissionen von 15 bis 20 Jahren entspricht; außerdem trägt er durch Evapotranspiration und Kühlung zur Stabilisierung des Erdklimas bei und ist für die Feuchtigkeitsversorgung ganz Südamerikas von zentraler Bedeutung.

Laut dem Wissenschaftlichen Beirat für den Amazonas, einer Initiative des Sustainable Development Solutions Network (SDSN) der Vereinten Nationen, könnten die Brände die Fähigkeit des Amazonas-Regenwaldes, sich gegen die zukünftige Erwärmung zu schützen, irreparabel schädigen. Wenn wir die Brände und die Abholzung nicht stoppen, könnte der Amazonas-Regenwald ab 2050 mehr Treibhausgase in die Luft abgeben, als er absorbiert.

Der Wissenschaftliche Beirat für den Amazonas hat davor gewarnt, dass der Amazonas an einem Punkt angelangt ist, an dem es kein Zurück mehr gibt, und dass er sich bis 2030 in eine riesige Savanne verwandeln wird.

Feuerwehrleute und freiwillige Helfer versuchen, den Betroffenen zu helfen und die Brände zu löschen. Sie sind die Held*innen der Stunden oder Tage. In Abstimmung mit der Zivilgesellschaft setzen sie ihre Kräfte ein, um Wälder und Lebensgrundlagen, Eigentum und Arbeitsplätze zu schützen.

In Regierungsberichten werden jedoch das Abbrennen von Gras und kriminelle Handlungen als Hauptursachen für die Brände genannt. Faktoren wie der unkontrollierte Rohstoffabbau, der die regionale und globale Krise verschärft und die Brände verschlimmert, werden kaum berücksichtigt.

Die Missachtung der lautstarken Botschaften der Natur wird wahrscheinlich zu einem Szenario des Massensterbens führen, einschließlich des Aussterbens der menschlichen Spezies.

CC BY-SA 4.0 Es brennen die Wälder Lateinamerikas von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert