Der Staat wird für die Verseuchung in La Oroya verurteilt

Die Stadt La Oroya entstand und wuchs rund um einen metallurgischen Komplex, der bereits 1922 gegründet wurde. Foto: Graham Styles via flickr, CC BY 2.0 DEED.

(, 22. März 2024 , servindi).- Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) hat den peruanischen Staat verurteilt, weil er zugelassen hat, dass das metallurgische Komplex in La Oroya die Gesundheit und die Umwelt der Bevölkerung beeinträchtigt. Der Staat muss sich nun um die Opfer kümmern und sie entschädigen, so die Verfügung des Gerichts.

In seinem Urteil stellt das Gericht fest, dass Peru für die Verletzung der Rechte auf eine gesunde Umwelt, Gesundheit, persönliche Integrität, Leben und des besonderen Schutzes von Kindern u.a. verantwortlich ist.

Daher wird der Staat angewiesen, den betroffenen Familien eine kostenlose und fachärztliche Versorgung zu gewährleisten und ihnen eine finanzielle Entschädigung für den Schaden zu zahlen, der durch die Verletzung ihrer Rechte entstanden ist.

Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen und umgesetzt werden, die sicherstellen, dass der Betrieb der Metallschmelze im Einklang mit den internationalen Umweltnormen erfolgt, um weitere Umwelt- und Gesundheitsschäden für die Einwohner*innen von La Oroya zu vermeiden und zu mindern.

„Nach 20 Jahren des Kampfes wurde das Recht der Opfer auf Gerechtigkeit und Wiedergutmachung anerkannt“, erklärte die Menschenrechtsorganisation APRODEH bei der Verkündung des Urteils, das sie als „historisch“ bezeichnete.

Hintergrund

La Oroya ist ein Bezirk in der Region Junín im zentralen Hochland von Peru. Er hat mehr als 33.000 Einwohner*innen. Seit 1922 befindet sich dort der metallurgische Komplex von La Oroya (CMLO).

Der CMLO, der 1974 verstaatlicht wurde und seit 1997 dem Privatunternehmen Doe Run Peru gehört, widmet sich dem Schmelzen und Raffinieren von Metallen mit hohem Blei-, Kupfer-, Zink- und Arsengehalt.

Die Tätigkeit des Werkes hatte erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und führte zu einer Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden, so dass La Oroya im Jahr 2006 als eine der zehn am stärksten verschmutzten Städte der Welt eingestuft wurde.

Als Reaktion darauf haben 80 Betroffene aus 17 Familien und 6 Einzelpersonen, davon 38 Frauen und 42 Männer, beschlossen, den Staat zur Verantwortung zu ziehen und Wiedergutmachungsmaßnahmen zu fordern.

Richtungsweisendes Urteil

Nach der Prüfung der Frage, ob der Staat für die Verletzung ihrer Rechte durch seine Handlungen und Unterlassungen angesichts der Aktivitäten des CMLO verantwortlich ist, stellte der CIDH fest, dass der Staat tatsächlich schuldig ist.

„Der Staat hat es versäumt, die Aktivitäten des CMLO zu reglementieren und zu überwachen, was sofortige Maßnahmen erfordert hätte (…), um erhebliche Umweltschäden zu vermeiden“, so der Gerichtshof.

Darüber hinaus stellte der Gerichtshof fest, dass die Belastung durch Blei, Kadmium, Arsen und Schwefeldioxid ein erhebliches Risiko für die Gesundheit der Opfer darstellte und dass sie keine angemessene medizinische Versorgung erhielten.

Der Staat sei außerdem seiner positiven Verpflichtung nicht nachgekommen, vollständige und verständliche Informationen über die Umweltverschmutzung zur Verfügung zu stellen, der die Opfer durch die Aktivitäten der Metallschmelze ausgesetzt waren.

Das Gericht stellte ferner fest, dass der Staat es zum Nachteil der Opfer versäumt hat, eine wirksame Beteiligung an umweltpolitischen Entscheidungen zu ermöglichen, und dass der Mangel an Informationen ein Hindernis für die wirksame politische Beteiligung der Betroffenen darstellte.

Darüber hinaus kam es zu dem Schluss, dass Peru seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, das Urteil des Verfassungsgerichts vom 12. Mai 2006 zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit umzusetzen. Und dass es nicht auf die Beschwerden der Opfer gegen Schikanen und Drohungen gegenüber neun Opfern reagiert hat, die sich für den Schutz der Umwelt und der Gesundheit eingesetzt hatten.

Zuletzt wird der Staat auch dafür verurteilt, dass er das Recht auf Zugang zu Informationen, auf politische Partizipation sowie auf Rechtsgarantien und Rechtsschutz zum Nachteil der 80 Betroffenen von La Oroya verletzt hat.

„Das Recht auf eine gesunde Umwelt stellt ein universelles Interesse dar und ist ein Grundrecht für die Existenz der Menschheit“, so der Interamerikanische Gerichtshof in seinem Urteilsspruch.

Wiedergutmachungsmaßnahmen

Infolge dieser Verstöße ordnete der Gerichtshof an, dass der peruanische Staat verschiedene Wiedergutmachungsmaßnahmen ergreifen muss, unter anderen:

  • Durchführung einer grundlegenden Analyse der Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung in La Oroya, die einen Plan zur Beseitigung der Umweltschäden enthalten sollte;
  • Kostenlose medizinische Versorgung der Opfer von Verletzungen des Rechts auf Gesundheit, Leben und persönliche Unversehrtheit;
  • Anpassung der Vorschriften zur Festlegung von Luftqualitätsnormen, damit die zulässigen Höchstwerte für Blei, Schwefeldioxid, Kadmium, Arsen, Feinstaub und Quecksilber in der Luft, die für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit erforderlichen Höchstwerte nicht überschreitet;
  • Gewährleistung der Wirksamkeit des Warnsystems in La Oroya und Entwicklung eines Überwachungssystems für die Qualität von Luft, Boden und Wasser;
  • Sicherstellung einer öffentlichen medizinischen Versorgung der Einwohner*innen von La Oroya, die an Symptomen und Krankheiten leiden, die auf die Exposition gegenüber Schadstoffen aus dem Bergbau und der Hüttentätigkeit zurückzuführen sind;
  • Zahlung der im Urteil festgesetzten Geldbeträge für materielle und immaterielle Schäden;
  • Ergreifen von Maßnahmen, die gewährleisten, dass die Tätigkeiten der Metallschmelze in Übereinstimmung mit internationalen Umweltstandards durchgeführt werden, um Schäden an der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung von La Oroya zu verhindern und zu mindern.

 

 

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