Das Pantanal brennt

(Berlin, 10. September 2020, taz).- Als Leandro Barbosa schon längst wieder zu Hause in São Paulo war, roch immer noch alles nach Rauch. „Der Gestank wird mich noch länger begleiten“, sagt der 34-Jährige der taz.

10 Tage verbrachte der Umweltjournalist im fast 2.000 Kilometer entfernten Sumpfgebiet Pantanal. Dort wüten seit Wochen die schwersten Brände in seiner Geschichte. Das Pantanal ist das größte Binnenlandfeuchtgebiet der Welt und steht bis zu sechs Monate im Jahr völlig unter Wasser.

Das von der Unesco zum Welterbe erklärte Gebiet liegt zum größten Teil im Südwesten von Brasilien, der Rest befindet sich in Bolivien und Paraguay. Das Naturreservat zählt zu den artenreichsten Gebieten des Planeten und ist die Heimat von seltenen Spezies wie Jaguaren, Tapiren und exotischen Vögeln.

Nun droht dieses einzigartige Feuchtbiotop zerstört zu werden. Das Weltrauminstitut INPE zählte vom 1. Januar bis 31. August dieses Jahres 10.316 Brandherde im Pantanal. Das sind mehr als dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Über 1,7 Millionen Hektar sind bereits zerstört worden, das sind rund 10 Prozent des gesamten Gebiets.

Überschaubare Anteilnahme

In den sozialen Medien zirkulieren dramatische Bilder von verbrannten Waldstücken, völlig verkohlten Tieren und Indigenen, die ihre Habseligkeiten vor den Flammen in Sicherheit bringen. Viele dieser Videos stammen vom Umweltreporter Barbosa. „Ein grünes Naturwunder hat sich in eine graue Feuerhölle verwandelt.“

In sozialen Medien drückten viele User*innen ihre Anteilnahme aus, der Hashtag #ajudapantanal (#helftpantanal) schaffte es am 7. September in den weltweiten Twitter-Charts auf Platz vier. Doch während es die Bilder vom brennenden Amazonas-Regenwald im vergangenen Jahr auf die Titelseiten der Weltpresse schafften, Prominente rührselige Botschaften ins Internet spülten und die Brände gar eine handfeste diplomatische Krise zwischen Brasiliens Regierung und EU-Staatschefs auslösten, interessieren die Brände in Coronazeiten kaum noch jemanden.

Auslöser für die Feuer sind meist illegale Brandrodungen lokaler Kleinbauern, die damit Platz für Viehzucht und Sojaanbau schaffen wollen. Doch Expert*innen machen auch den globalen Klimawandel und die ausbleibenden Regenfälle für die Umweltkatastrophe verantwortlich. Das Pantanal erlebt derzeit die schlimmste Trockenzeit seit 47 Jahren: Von Oktober bis März gab es 40 Prozent weniger Niederschlag als in den Vorjahren.

Privatpersonen und NGOs helfen

Zwar hat die Regierung mittlerweile Militärs und Feuerwehrleute in die Region geschickt, doch laut Umweltschützer*innen sind das viel zu wenige. NGOs und Privatpersonen übernehmen in vielen Teilen des Pantanals die Arbeit des Staates. So auch Juliana Camargo, die sich mit ihrer NGO Ampara Animal um verbrannte Tiere kümmert. „Die Bundesregierung hat nur zwei Löschflugzeuge hierhin geschickt“, sagt sie der taz. „Und eines davon ist schon kaputt.“

Hinzu kommt: Die rechtsradikale Regierung hat systematisch Umweltbehörden geschwächt. Dies erschwert Kontrollen bei Umweltvergehen und hat eine Situation der Straflosigkeit geschaffen – mit fatalen Auswirkungen für die Natur.

Und das Schlimmste könnte dem Pantanal noch bevorstehen. September ist traditionell der trockenste Monat und die Brände drohen komplett außer Kontrolle zu geraten. Erst im Oktober, wenn voraussichtlich Regenfälle einsetzen, ist mit Besserung zu rechnen.

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