(Bogotá, 30. Oktober 2020, colombia informa/poonal).- Kolumbianische Menschenrechtsgruppen und soziale Organisationen haben am 29. Oktober eine humanitäre Karawane in das Micay-Tal im Department Cauca im Südwesten Kolumbiens gestartet. Im Cañon del Micay kämpfen mehrere paramilitärische Gruppen, Drogenkartelle und die kolumbianische Armee um die Vorherrschaft. Leidtragende sind die Zivilbevölkerung und soziale Aktivist*innen. Zu Beginn ihrer Kampagne haben die beteiligten Organisationen einen dringenden Appell an internationale Menschenrechtsgruppen gerichtet, da die bis zum 2. November geplante Karawane schon in den Stunden und Tagen vor ihrem Beginn unter Beschuss geraten ist.
Am Montag, 26. Oktober wurde der lokale Aktivist Carlos Navía erschossen. Er lebte in der Siedlung El Plateado, die genau zwischen den beiden besonders umkämpften Gemeinden Argelia und El Tambo liegt. Navía war Mitglied des Nationalen Landverbandes CNA (Coordinador Nacional Agrario) und des Dachverbandes Congreso de los Pueblos. Er war zudem Teil der humanitären Karawane.
Attentat auf Senator Valencia
Drei Tage später, kurz vor dem geplanten Start der Karawane am 29. Oktober, verübten Unbekannte ein Attentat auf den Senator und bekannten indigenen Sprecher Feliciano Valencia Medina. Sein gepanzertes Fahrzeug wurde auf einer Straße in Toribío im Norden des Cauca beschossen. Valencia, der erst wenige Tage zuvor angekündigt hatte, die Karawane zum Cañon del Micay begleiten zu wollen, überlebte das Attentat leicht verletzt. Er war auf dem Weg nach Tacueyó, um dort an einer Gedenkveranstaltung zum ersten Jahrestag des „Massakers von La Luz“ teilzunehmen. Vor einem Jahr hatten dort Bewaffnete die indigene Verwaltungschefin Cristina Bautista sowie vier weitere Indigene erschossen, fünf weitere Personen wurden bei dem Anschlag verletzt.
Zudem soll es am 29. Oktober zu Schießereien in den ländlichen Gebieten von Argelia gekommen sein. Außerdem wurde Pompilio Narváez aus seinem Haus ebenfalls in El Plateado, Argelia gezerrt und getötet. Der 65-jährige Narvaéz war in der Gemeinde bekannt und beliebt, er war Apotheker und traditioneller Heiler.
Tödliche Warnung an die Karawane
„Unserer Meinung nach bedeuten diese Taten eine Warnung an die Karawane, die bis nach Argelia zieht“, erklärte Olimpo Cárdenas, Mitglied der Menschenrechtskommission der Karawane. „Sie sagen uns, dass wir nicht dort hinkommen sollen. Aus den Gemeinden wissen wir, dass diese Gruppen, die das Gebiet kontrollieren, über unsere Anwesenheit nicht glücklich sind.“ Dennoch zeigen sich die beteiligten Organisationen entschlossen, die Karawane fortzusetzen: „Wie werden da hingehen, wo wir hingehen müssen, denn die Gemeinden wollen, dass wir da sind“, so Cárdenas.
Bereits 83 Aktivist*innen im Cauca erschossen
In diesem Jahr sind allein im Department Cauca nach einer Zählung des kolumbianischen Studienzentrums Indepaz bereits 83 soziale Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen erschossen worden. Trotz einer hohen Militärpräsenz gegen die Morde, Drohungen und bewaffneten Auseinandersetzungen um Drogenrouten im Cauca ungehindert weiter.
Der Terror gegen Indigene, Bäuer*innen und Afro-Kolumbianer*innen betrifft besonders das Micay-Tal, in der die Gemeinden Argelia, El Tambo undy López de Micay liegen. Der Paramilitarismus und die Machenschaften von Konzernen haben unzählige Familien vertrieben, die Zahl der Ermordeten steigt unaufhörlich weiter. „Seit März hat sich die Gewalt mit dem Auftauchen der bewaffneten Verbände „Carlos Patiño“ und „Jaime Martínez“ weiter verschärft“, so der Nationale Landverband CNA. „Sie haben die Prozesse der Selbstorganisierung sowohl in Argelia als auch in El Tambo angegriffen und für eine massenhafte Vertreibung gesorgt.“ Der CNA forderte die kolumbianische Regierung auf, für den Schutz der Bevölkerung zu sorgen und beklagte zugleich einen Zusammenhang zwischen der Armee, den bewaffneten Gruppen und geplanten Megaprojekten in dem Gebiet.
Die humanitäre Karawane „für das Leben und die Verteidigung des Gebietes im Micay-Tal“ will diese humanitäre Krise sichtbar machen und die terrorisierten Gemeinden begleiten. Sie will der Forderung Nachdruck verleihen, das Leben und die Arbeit der Aktivist*innen im Cauca und in ganz Kolumbien zu schützen. Die Karawane begann am 29. Oktober mit einer Pressekonferenz in der Departmentshauptstadt Popayán und geht bis zum 2. November.
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