Indigene Kandidatin tritt bei Präsidentschaftswahl an

Von Ulrike Bickel

(07. Januar 2017, amerika21).- Bei den Präsidentschaftswahlen 2018 werden indigene Gruppierungen mit einer eigenen unabhängigen Kandidatin antreten. Darauf verständigten sich der Nationale Indigene Kongress CNI (Congreso Nacional Indigena), ein Zusammenschluss verschiedener ethnischer Gruppen, und die Guerillaorganisation Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional). Die Entscheidung wurde bei einem gemeinsamen Kongress der Universidad de la Tierra in San Cristóbal de las Casas im Bundesstaat Chiapas getroffen. Im Rahmen dieser Zusammenkunft Ende Dezember hatten Aktivist*innen zugleich den 23. Jahrestag des zapatistischen Aufstands begangen.

Vertreter*innen aller 66 mexikanischen Ethnien und die EZLN einigten sich darauf, einen basisdemokratisch gewählten indigenen Regierungsrat einzusetzen, um das Land angesichts der schweren Krise zu regieren. Dieser solle von einer indigenen Sprecherin geleitet werden, die gleichzeitig 2018 als unabhängige, also parteilose Kandidatin antreten soll.

Hierzu wurde im letzten Quartal 2016 ein umfassender Konsultationsprozess eingeleitet. Bislang wurden bereits 525 Gemeinden von 43 indigenen Ethnien in allen 25 mexikanischen Bundesstaaten konsultiert, die sich mit großer Mehrheit für den Regierungsrat aussprachen. Manche Gemeinden konnten wegen der allgemein labilen politischen Lage und Konflikten zwischen Drogenbanden noch nicht konsultiert werden. Die Kandidatin soll im Mai 2017 namentlich bekannt gegeben werden.

Im Vorfeld des Kongresses hatte es über den Schritt allerdings auch öffentliche Kontroversen gegeben, da vor allem Parteilinke und linksgerichtete Medien, die der 2014 gegründeten Partei „Bewegung der Nationalen Regeneration“ (Morena) nahestehen, in einer indigenen Gegenkandidatin die Spaltung linker Wählerstimmen sehen. Die EZLN selbst tritt nicht als Partei an, auch wird die Kandidatin nicht aus den zapatistischen Strukturen kommen.

EZLN-Subcomandante Moisés zufolge befindet sich Mexiko aktuell in einer schlimmeren Krise als zu Beginn des zapatistischen Aufstands 1994. Ziel des indigenen Regierungsrates soll es sein, „von unten die herrschende Macht zu demontieren, die die mexikanische Bevölkerung in einem Klima des Todes, der Gewalt, der Vertreibung und Zerstörung hält.“ Der Nationale Indigene Kongress hatte bereits im Oktober vergangenen Jahres hierzu ein Kommuniqué veröffentlicht, das die politischen Missstände, die Gewalt und die rassistische Diskriminierung im Land anprangerte.

In Mexiko leben schätzungsweise zehn Prozent Indigene, weitere rund 60 Prozent der 123 Millionen-Bevölkerung haben indigene Wurzeln. Im Alltag sind sie jedoch marginalisiert bzw. diskriminiert und in politischen Ämtern stark unterrepräsentiert. Der indigene Regierungsrat soll deshalb nach dem Willen von CNI und EZLN den sozialen Zusammenhalt von unten her neu festigen und sich „für Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit“ einsetzen, „für Respekt gegenüber der Mutter Erde“, menschenwürdiges Wohnen, faire Löhne, umfassende und kostenlose Gesundheitsversorgung; für kostenlose, qualitative und laizistische und frei zugängliche Bildung, für Selbstverwaltung und Autonomie der indigenen Bevölkerung, für Wissenschaft und Künste.

 

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