Friedensgespräche zwischen ELN und Präsident Petro in der Krise?

(Pasto, 15. Mai 2023, la diaria).- Laut einer Erklärung der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) befinden sich die Friedensverhandlungen mit der kolumbianischen Regierung in einer kritischen Phase. Die jüngsten Äußerungen des Präsidenten Gustavo Petro zur Führungsfähigkeit der Guerilla erregten Missfallen. „Der Dialog ist in eine Krise geraten. Die Regierung muss Klarheit schaffen, damit wir auf dem Weg zum Frieden weiterkommen und uns unserem Land und der Welt gegenüber einheitlich präsentieren“, so das Zentralkommando der ELN in einer Erklärung.

Ist die Guerilla in der Lage, landesweit zu agieren?

Wie die kolumbianische Tageszeitung El Espectador berichtete, war die Krise entstanden, nachdem Petro vor einigen Tagen die Frage aufgeworfen hatte, ob die Guerilla wirklich eine Befehlskette habe, da regionale Sektoren der ELN mehrfach Entscheidungen getroffen hätten, ohne die bisherigen Vereinbarungen des Runden Tischs zu respektieren. „Sie sitzen hier mit uns und reden, aber haben sie auch Befehlsgewalt?“, fragte Petro. „Wir alle haben viele Fragen, deshalb noch einmal: Haben sie wirklich das Sagen?“ Weiter merkte er an: „Die ELN von heute folgt einer anderen Logik. Sie versuchen, sich anzupassen, aber die Logik ist anders, die Gruppen arbeiten föderal“. Bindeglied und Existenzgrundlage der ELN sei die informelle Wirtschaft.

Das Hin und Her des Präsidenten ist nicht zielführend“

Nach Ansicht der Guerilla tragen diese Erklärungen „nichts“ zum Dialog bei. Vielmehr drücke sich darin „eine Missachtung des ELN als rebellische politisch-militärische Kraft“ aus. „Die ELN ist ein nationaler Zusammenschluss mit nationalen politischen Zielen und Gesetzen, deren Organisation und definierte Hierarchien auf nationaler Ebene arbeiten und deren gesamte Struktur einem demokratisch gewählten nationalen Direktorium und Zentralkommando untersteht“, betonte die Guerilla in ihrem Kommuniqué. „Die Friedensgespräche dürfen nicht dem Hin und Her in den öffentlichen Stellungnahmen des Präsidenten unterworfen sein.“ Petros Äußerungen hätten die für die Friedensverhandlungen zuständige Delegation öffentlich in Frage gestellt und ihre Vertretungsmacht in Zweifel gezogen, daher müsse sich die Regierung nun ebenfalls öffentlich dazu äußern, ob sie sie als Gesprächspartner für ein Vorankommen im Friedensprozess ernst nimmt oder nicht. Petros Darstellung unterstützte außerdem die „Doktrin der imperialistischen Kriegsführung niedriger Intensität“, der zufolge der Feind sich „in informellen Wirtschaftsstrukturen verschanzt“. Wie die Nachrichtenagentur Efe berichtet, wies die Guerilla darauf hin, dass sie sich im Laufe ihrer Geschichte „kategorisch von allen Gliedern der Drogenhandelskette distanziert“ habe.

Unser Engagement für den Frieden duldet keinen Aufschub“

Die kolumbianische Regierung betonte daraufhin, sie betrachte die Verhandlungen mit dem ELN als wichtigen politischen Dialog. Die konstante Bitte der Gemeinden, die Gewalt in den Gebieten einzustellen, nehme sie sehr ernst. „Die Erklärungen der letzten Tage sind ein Aufruf an beide Parteien, sich mit der Dynamik des bewaffneten Konflikts und mit dem, was im täglichen Leben in den Gebieten geschieht, auseinanderzusetzen“, so Petro. Die Regierung sei darum bemüht, die Situation zu verändern, die Feindschaft zwischen allen Beteiligten des Konflikts zu beenden, die Bevölkerung zu schützen und die Zivilgesellschaft so weit wie möglich einzubeziehen. „Unser Engagement für den Frieden duldet keinen Aufschub. Alles, was uns dem Frieden näherbringt, hat für uns Priorität“, erklärte der Präsident. Der ELN sei aufgerufen, dieser Aufforderung konsequent nachzukommen.

Der Dialog zwischen der Regierung und dem ELN war bereits einige Monate zuvor in eine Krise geraten, als die Regierung am 31. Dezember einen Waffenstillstand ankündigte und die Guerilla bestritt, diesen vereinbart zu haben. Eine weitere kritische Situation entstand im März, als die Guerilla zehn Soldaten im Departement Norte de Santander in einen Hinterhalt lockte und tötete.

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