„Unfassbar beschämend“

(Montevideo, 7. Dezember 2022, la diaria).- Die Ernennung von Kapitän Marcos Saralegui zum Attaché der uruguayischen Botschaft in Deutschland bezeichnet Ignacio Errandonea von der Organisation der Mütter und Familienangehörigen verschwundener Gefangener als unfassbar beschämend.

„Fehlende Schuld“

Der verstorbene Kapitän zur See Juan Carlos Larcebeau wurde 2021 in Italien wegen der Ermordung und dem Verschwindenlassen von 38 Personen im Rahmen des „Plan Cóndor“ zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im selben Prozess wurden weitere Militärs im Ruhestand verurteilt. Die uruguayische Justiz hatte Larcebeau und Ex-Diktator Gregorio Álvarez bereits 2009 für schuldig befunden, während der Diktatur 29 Morde verübt zu haben. Dies hielt das Berufsgericht der nationalen Marine von Uruguay jedoch nicht davon ab, Larcebeau als „Vorbild“ zu bezeichnen: Im Jahr 2018 wurde das Marinegericht damit betraut, den Sachverhalt zu untersuchen, der zur Verurteilung von Larcebeau geführt hatte, und zu bestimmen, ob die Armee dadurch in ihrer Ehre verletzt worden war. Das Gericht verneinte dies „wegen fehlender Schuld“. Laut El Observador attestierte das Gericht Larcebeau in seiner Urteilsbegründung ein beispielhaftes Verhalten; 2020 gab die Zeitung die Zusammensetzung dieses Gerichts bekannt: Es bestand aus den Schiffskapitänen Marcelo Pazos, Gabriel Guida und Marcos Saralegui. Letzterer bezeichnete Larcebeau als vorbildlichen Soldaten, der der Armee Ehre mache. Der damalige Kommandant der Marine, Admiral Carlos Abilleira, war den Anträgen des Gerichts gefolgt, nicht so Staatspräsident Tabaré Vázquez.

Marcos Saraleguis diplomatische Mission beginnt im März 2023

2020 wurde Saralegui seines Amtes als Kommandant der Marineinfanterie enthoben, nachdem eine interne Untersuchung eine Verletzung der Protokolle der Sicherheitskontrollen für die Truppen der Festung „Fortaleza del Cerro“ aufgedeckt hatte. In der besagten Festung waren drei Soldaten ermordet worden. Das tat der militärischen Laufbahn von Saralegui jedoch keinen Abbruch. Als nächste Herausforderung erwartet ihn ab März 2023 eine zweijährige diplomatische Mission als Militärattaché der Botschaft von Uruguay in Deutschland. Beantragt wurde sie vom Oberkommando der Flotte, ratifiziert am 30. November 2022 vom Verteidigungsminister Javier García wie auch vom Präsidenten der Republik Uruguay, Luis Lacalle Pou. „Das Aussenministerium wird den Diplomatenpass ausstellen und die nötigen Anweisungen erteilen, damit der Stabsoffizier über unsere Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland die Befugnisse zur Erfüllung des Auftrags erhält, der ihm anvertraut wurde“, hält der amtliche Beschluss fest. Die Zeitung la diaria beruft sich bei ihren Recherchen auf armeeinterne Quellen. Der Antrag sei aufgrund eines Gesuchs erfolgt, das am 5. Oktober dieses Jahres nach einem Admiralstreffen eingereicht wurde. Er sei mit Verweis auf Saraleguis Lebenslauf begründet und letztlich von der Exekutive beschlossen worden.

„Unfassbar beschämend“

Ignacio Errandonea von der Organisation der Mütter und Angehörigen verschwundener Gefangener bezeichnete die Ernennung Saraleguis für diese diplomatische Mission gegenüber la diaria als unfassbar beschämend. Er unterstreicht: „Saralegui war Mitglied des Berufsgerichts von Larcebeau, das ihn als Vorbild für die kommenden Generationen bezeichnet hat; das ist nichts anderes als ein Bekenntnis zum Staatsterrorismus. Man darf nicht vergessen, dass Larcebeau wegen zahlreicher Fälle gewaltsamen Verschwindenlassens verurteilt wurde. Das heisst: wegen Tötungsdelikten. Aber es geht um gewaltsames Verschwindenlassen, und das umfasst mehr als Mord: Hier geht es auch um Folter und viele Arten von Verbrechen, die an diesen Menschen begangen wurden, bevor man sie verschwinden liess. Dieser Mann bezeichnet Larcebeau als Vorbild für die kommenden Generationen, und der Verteidigungsminister und der Staatspräsident belohnen ihn auch noch dafür, indem sie ihn zum Attaché in Deutschland ernennen – das kann einen wirklich zur Verzweiflung bringen“, hebt er hervor und fügt hinzu: „Nicht auszudenken, wie unser Land international dastehen wird, sobald in Europa oder am Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte bekannt wird, dass jemand, der sich zum Staatsterrorismus bekennt, für diesen Posten ausgewählt wurde“.

Am 10. Dezember wird der Tag der Menschenrechte begangen. Wie jedes Jahr hat die Organisation der Mütter und Angehörigen an der Gedenkstätte für die verschwundenen Gefangenen eine Mahnwache auf der Festung „Fortaleza del Cerro“ geplant. „In unserer Rede werden wir zu dieser sehr ernsten Sache nicht schweigen“, kündigte Errandonea im Vorfeld an.

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