Journalistinnen Marcela Yarce und Rocío González ermordet

von Gerold Schmidt, Mexiko-Stadt

(Berlin, 04. September 2011, npl).- In Mexiko sind Mitte vergangener Woche erneut zwei Journalistinnen ermordet worden. Die Leichen der 48-jährigen Marcela Yarce und der gleichaltrigen Rocío González Trápaga wurden am 1. September in einem Park in Mexiko-Stadt gefunden. Die unbekleideten Körper der beiden Frauen waren an Händen und Füßen gefesselt, ihr Hals mit einem Strick umschlungen. Beide Leichen wiesen zudem Schusswunden sowie weitere Gewalteinwirkung durch Schläge auf. Der Tod soll nach Angaben der Ermittlungsbehörden durch Ersticken eingetreten sein.

 

Journalistische Arbeit als Tatmotiv nicht ausgeschlossen

Die Staatsanwaltschaft der Hauptstadt geht offiziell von einem Raub als Tatmotiv aus. Die Ermittler*innen stützen ihre Einschätzung auf die Tatsache, dass Rocío González Trápaga offenbar auch Besitzerin beziehungsweise Teilhaberin einer Wechselstube war. Dort soll sie kurz vor ihrer Ermordung einen größeren Geldbetrag beschafft haben.

Menschenrechtsorganisationen und journalistische Gremien warnen jedoch eindringlich davor, die berufliche Arbeit der beiden Frauen als Grund für ihre Ermordung auszuschließen. Marcela Yarce war Gründerin und Reporterin der mexikanischen Zeitschrift Contralínea. Zuletzt leitete sie die Öffentlichkeitsarbeit dieses Mediums. Rocío González Trápaga arbeitete früher als Reporterin für Nachrichtensendungen des Fernsehkonzerns Televisa. Danach war sie als freie Journalistin tätig. Die beiden Frauen hatten den Informationen nach am Mittwochabend gemeinsam die Büroräume von Contralínea in Mexiko-Stadt verlassen.

Berichterstattung über Drogenhandel und Korruption bei Contralínea

Contralínea hat wiederholt über Regierungskorruption und die Verstrickung von Funktionär*innen in zwielichtige Geschäfte berichtet. Auch das Thema Drogenhandel war immer wieder Gegenstand von Veröffentlichungen in dem Medium. Aufgrund ihrer Berichterstattung waren die Mitarbeiter*innen von Contralínea und Chefredakteur Miguel Badillo mehrfach Ziel sowohl juristischer Attacken als auch anonymer Drohungen.

Insgesamt sind in diesem Jahr bereits acht Journalisten und Journalistinnen in Mexiko ermordet worden. Erst am 25. August war im nördlichen Bundesstaat Sinaloa der Journalist Humberto Millán entführt und kurz darauf umgebracht worden. Mexiko festigt damit seine Position als das für Medienschaffende gefährlichste Land in Lateinamerika.

Straffreiheit führt zu Selbstzensur

Von 2000 bis heute sind nach Angaben der staatlichen Menschenrechtskommission CNDH (Comisión Nacional de los Derechos Humanos) 74 Journalist*innen in Mexiko umgebracht worden, die meisten von ihnen im Zeitraum 2005-2011. Die Organisation Reporter ohne Grenzen zählt sogar 80 ermordete Journalist*innen seit 2000. Dazu kommen mindestens ein Dutzend verschwundene Medienmitarbeiter*innen. Bei ihnen ist die Hoffnung gering, dass sie noch leben.

Die generelle Situation der weitgehenden Straffreiheit in Mexiko spiegelt sich auch im Falle der JournalistInnenmorde wieder. Bisher ist kaum eines dieser Verbrechen aufgeklärt worden. Es gibt weder effektive Mechanismen noch ernsthafte Anstrengungen von Seiten des Staates, die Journalisten und Journalistinnen bei der Berufsausübung zu schützen. Dies hat vielfach zu einer Selbstzensur geführt, die im Interesse des organisierten Verbrechens und gleichfalls vieler staatlicher Institutionen ist.

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