(Santiago de Chile, 17. Februar 2020, alainet).- Das Museum Violeta Parra ist eines der vorzeigbarsten Kulturzentren von Santiago und ganz Chile, besonders bei Jugendlichen beliebt und viel besucht. Doch Freitag Nacht, dem 7. Februar, wurde das Museum in Brand gesetzt. Offensichtlich wurde dieser Angriff von Menschen verursacht, die die demokratische, soziale und liberale Ausrichtung eines solchen Museums verachten – von Pinochet-treuen Gruppen, die mit Hilfe des Diktators mit eiserner Faust regiert hatten und seitdem, trotz der Wiedereinführung der Demokratie aktiv und vor allem aggressiv sind.
Zwar führte das Feuer nicht zur Zerstörung der wertvollen Ausstellungsstücke und museographischen und künstlerischen Sammlung des Museums. Die Museumsleitung hatte die Ausstellungsstücke schon vor einiger Zeit aus Sicherheitsgründen an einen anderen Ort bringen lassen. Allerdings konnte nicht verhindert werden, dass das Feuer einen Teil des Gebäudes zerstörte. Nach aktuellem Ermittlungsstand geht die Polizei davon aus, dass der Brand von einer organisierten Gruppe von zehn vermummten Personen verursacht wurde, was alle Zweifel an einer Brandstiftung beseitigt. Was aussteht ist die namentliche Identifizierung der pinochetistischen Vandal*innen.
Aber der Brand im Museum Violeta Parra ist nicht der einzige Fall, sondern nur der jüngste einer ganzen Reihe. Am 27. Dezember 2019 brannte das Centro de Arte Alameda, ein von chilenischen Jugendlichen viel besuchtes Kulturzentrum, in dem in mehreren Kinosälen Filme gezeigt wurden. Darüber hinaus war das Kulturzentrum ein wichtiger Anlaufpunkt für andere kulturelle Darbietungen.
Angezündetes Kulturzentrum hatte Demonstrant*innen versorgt
Weniger als einen halben Block von der Plaza Italia entfernt, dem Hauptschauplatz der Proteste in Santiago in den letzten Monaten, hat das Centro de Arte Alameda das „Verbrechen“ begangen, Menschen, die bei den Demonstrationen verletzt wurden, zu versorgen. Folglich wurde es angezündet, und es ist klar, wer dafür verantwortlich ist. Der Verlust war in diesem Fall vollständig. Sowohl die Räume, als auch die filmischen und künstlerischen Archive, die über Jahre mühsam und liebevoll aufgebaut wurden, verbrannten zu Asche.
Das Brandstiftungen im Museum Violeta Parra und im Centro de Arte Alameda sind die gewagtesten und berüchtigtsten Aktionen einer systematischen Reihe brutaler Aggressionen gegen beliebte Kulturzentren. Sehr viele Angriffe aller Art richten sich gegen Orte und Zentren, die der Erinnerung an die Opfer der Diktatur von Augusto Pinochet im ganzen Land gewidmet sind. Gedenkstätten sind ein häufiges Ziel der Angriffe der „Mumien“, der Ultrarechten, die bis heute die Morde und Folter gutheißen, die Pinochets Tyrannei zwischen 1973 und 1990 über ganz Chile verbreitete.
CIDH zeigt sich besorgt
Das Ausmaß der aktuellen Ereignisse wird auch von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission CIDH (Comisión Interamericana de Derechos Humanos) erwähnt, die gerade eine Untersuchung in Chile durchgeführt hat. Die CIDH hat „ihre Besorgnis über wiederholte Angriffe auf Gedenkstätten in den verschiedenen Regionen Chiles“ ausgedrückt und fordert den Staat auf, „diese Vorgänge zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Erhaltung dieser Räume zu gewährleisten “.
Die CIDH weist darauf hin, dass „zwischen dem 18. Dezember 2018 und dem 19. Januar 2020 neun Vorfälle von Beschädigungen an Denkmälern in den Städten San Antonio, Osorno, La Serena, Concepción und Coquimbo registriert wurden, genauso wie das gewaltsame Eindringen und die Beschädigungen von Erinnerungsstätten in Santiago. Die Denkmäler, die errichtet wurden, um die während der chilenischen Diktatur begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Opfer zu würdigen, wurden beschmiert. In verschiedenen Fällen nehmen die Inschriften Bezug auf rechtsextreme Gruppen oder drohen damit, dass „noch einige fehlen“ und „noch mehr kommen“.
Die CIDH fügt hinzu, dass „im Laufe des Jahres 2019 mindestens sechs weitere Angriffe auf Gedenkstätten in Santiago, Panguipuli, Antofagasta, Paine und in Pichoy, in der Region Los Ríos, registriert wurden“. Der Charakter und das Muster dieser Taten sind klar, außer für diejenigen, die sich weigern, die Realität anzuerkennen. Es ist eine Terroroffensive der ultrarechten Pinochetisten, die damit beginnt, die Orte der Erinnerung zu zerstören und beispielhafte kulturellen Zentren zu verbrennen. Dies ist unerträglich und muss drastisch untersucht und sanktioniert werden. Auf die Autor*innen und Anstifter*innen ist die ganze Härte des Gesetzes anzuwenden.
„Besorgniserregendes Szenario der Intoleranz“
Joel Hernández, CIDH-Berichterstatter für Chile, erklärte: „Die wiederholten Angriffe auf die Gedenkstätten im Zusammenhang mit den Opfern der chilenischen Diktatur stellen ein besorgniserregendes Szenario der Intoleranz dar, das die Behörden genau im Blick haben sollten. Wir hoffen, dass der Staat die entsprechenden Maßnahmen ergreift, um festzustellen, ob die Angriffe miteinander in Zusammenhang stehen und wer die Verantwortlichen sind.“
Bisher scheinen die Behörden jedoch nicht wahrzunehmen, das hier eine Terroroffensive der extremen Rechten stattfindet. Bisher wurden keine Verdächtigen ermittelt oder festgenommen. Nur beim Brand des Violeta-Parra-Museums hat die Polizei zum ersten Mal eingesehen, dass es sich um Brandstiftung handelt, die „von einer Gruppe von zehn Vermummten“ verursacht wurde, wie oben bereits erwähnt wurde. Nun, dann nehmt diese Idioten fest und hindert sie daran, das kulturelle Erbe zu zerstören und zu versuchen, die Bevölkerung zu terrorisieren.
Die rechten Terroristen werden niemals in der Lage sein, die Menschen zu unterwerfen, die sich widersetzten und es schließlich schafften, Pinochet loszuwerden. Die Erinnerungen, die den Opfern der Tyrannei gewidmet sind, verschwinden nicht mit der Asche und werden wie ein Phönix auferstehen. Denn es sind diese Menschen in Chile, die heute darum kämpfen, ihre Gesellschaft zu verändern, um sie fairer und solidarischer zu gestalten.
*Ronald Gamarra ist Jurist. 2008 bis 2010 war er Generalsekretär der Nationalen Koordinationsstelle für Menschenrechte in Peru. Er leitete die Ermittlungen zu Korruption und Menschenrechtsverletzungen, die während der Diktatur von Alberto Fujimori (1992-2000) begangen wurden.
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