
(Oaxaca, 21.07.2025, npla).- Anfang 2024 haben wir Andrew Johnson kennengelernt. Johnson, gebürtiger US-Amerikaner, nennt Oaxaca de Juárez mittlerweile seine Heimat. Im Zentrum der südmexikanischen Stadt hat er ein Restaurant gemietet, um durchreisende Migrant*innen zu unterstützen. Sein Ziel war aber, ihnen mehr als eine warme Mahlzeit zu bieten. Dem ist er einen großen Schritt nähergekommen. Seit dem Herbst 2024 gibt es die Casa Collin. Bei einem Besuch in der Herberge haben wir erfahren, welche Unterstützung Migrant*innen dort erhalten und welche neuen Herausforderungen mit der Trump-Regierung auf sie zukommen.
Mehr als ein Bett für die Nacht
Neben einem Bett für die Nacht und einer warmen Dusche gibt es in der Casa Collin drei Mahlzeiten am Tag. Um diese zuzubereiten, hat Collin A.C., der Verein, der die Herberge betreibt, zwei Köchinnen angestellt. Unterstützt werden diese von den Migrant*innen und Freiwilligen aus Oaxaca. Die Herberge will darüber hinaus ein Ort sein, wo die Menschen sich erholen, ein Stück Normalität zurückgewinnen und Kraft für die Weiterreise tanken können. Im Fokus stehen dabei Familien und alleinreisende Frauen mit Kindern. Denn Kinder leiden besonders unter den Strapazen der Reise. Die Casa Collin hat deshalb einen Spielbereich, in dem Menschen aus Oaxaca Zeit mit den Kindern verbringen, mit ihnen spielen, ihnen Geschichten vorlesen oder ihnen Englisch beibringen.
Medizinische und psychologische Betreuung
Die Casa Collin geht allerdings noch einen Schritt weiter. Auf der oft monatelangen, beschwerlichen Reise kann so einiges passieren. Werden Migrant*innen krank oder haben einen Unfall, können sie nicht auf das staatliche Gesundheitssystem setzen. Auch hier versucht die Casa Collin zu helfen: Lynn McDonnald hat mehr als dreißig Jahre als Krankenschwester gearbeitet. Jetzt lebt die Kanadierin einen Großteil des Jahres in Oaxaca und organisiert in der Casa Collin ein Erste-Hilfe-Angebot. Kleinere Verletzungen werden von Lynn und anderen Freiwilligen vor Ort versorgt, bei größeren Problemen begleiten sie die Migrant*innen bei Arztbesuchen. Darüber hinaus arbeitet Casa Collin mit Hebammen zusammen, um Schwangere beraten zu können.
Reden hilft, Erlebtes zu verarbeiten
Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit Psycholog*innen, die die Migtant*innen betreuen. Eine von ihnen ist Maria Guadar Zapata. Die Psychotherapeutin kommt einmal die Woche in die Herberge und spricht mit den Menschen über deren Erlebnisse. Allein das Reden und Gehörtwerden spendet ihnen Trost und lindert den Schmerz, den viele in den Herzen tragen. Oft kommen Familien mit Kindern in die Casa Collin. Für ihren Traum von einem besseren Leben lassen sie alles in ihrer Heimat zurück, Haus, Familie, Freundinnen und Freunde. Die Kinder können auf der Reise nicht zur Schule gehen, und die Eltern dürfen auch nicht arbeiten. Das alles kann sehr belastend sein, erklärt Maria Zapata.
Ausgeraubt und abgezockt
Lina ist seit mehr als acht Monaten unterwegs. Die Venezolanerin möchte zusammen mit ihrem Mann und der zweijährigen Tochter in die USA. Lina hat die Strapazen, von denen Maria spricht, selbst durchlebt. Auf ihrem Weg nach Oaxaca wurden die drei von der Migrationspolizei angehalten. Diese wollte Geld von ihnen. Weil sie keins hatten, wurden sie aus dem Bus geholt. Vier Tage lang liefen sie ununterbrochen, geschlafen wurde nachts auf der Straße. Sie hatten Hunger und froren. In der Casa Collin kam die Familie vor zwei Monaten an. Hier fanden sie einen Ort, an dem sie sich ausruhen konnten. Lina weiß aber auch, dass die Strapazen noch nicht zu Ende sind. Von Oaxaca will die Familie weiter nach Mexiko-Stadt, Papiere besorgen und abwarten, bis sich die Lage in den USA etwas beruhigt hat. Weil es sie soviel gekostet hat, bis Mexiko zu kommen, möchten sie eine Deportation unbedingt vermeiden.
Jagd auf Migrant*innen in den USA
Davon, was Lina in den USA erwartet, kann Oliver berichten. Er hatte es Ende 2024 über die Grenze geschafft. Als er in Texas versuchte, Papiere zur Weiterreise zu seinen in den USA lebenden Verwandten zu bekommen, wurde er verhaftet. Ihm wurden Handschellen angelegt, und er wurde wie ein Verbrecher behandelt und geschlagen. Oliver verlor alle seine Papiere. Nicht einmal seine Familie durfte er anrufen. Dabei hatte er noch Glück: Er wurde nach Mexiko zurückgebracht. Nur wenige Wochen später ließ Trump Menschen aus Venezuela an Händen und Füßen gefesselt nach El Salvador deportieren, wo sie wie Schwerverbrecher in einem Hochsicherheitsgefängnis inhaftiert wurden.
Casa Collin reicht eine helfende Hand
Menschen wie Lina und Oliver möchte das Team von Casa Collin die Hand reichen, ihnen ihre Menschenwürde zurückgeben und ein Stück Normalität auf ihrer beschwerlichen Reise schenken. Und dafür benötigen sie Unterstützung. Wie das geht, erfährt man auf der Webseite von Collin A.C..
Ihr wollt noch mehr zu diesem Thema lesen? Hier findet ihr weitere Infos.
Zwei Audio-Berichte über die Unterstützung von Migrant*innen in Oaxaca gibt es hier und hier.
Ein Video über die Casa Collin findet ihr bei onda.
Casa Collin – Schutz für Migrant*innen in Oaxaca von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

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