(Bogotá, 19. Dezember 2024, servindi).- Ein neuer Gesetzentwurf will einen wichtigen Vorstoß zum Verbot der Kinderehe leisten. Eine Heirat soll künftig nicht mehr möglich sein, wenn einer oder beide Partner unter 18 Jahre alt sind. Laut Strafgesetzbuch war es Personen über 14 Jahren bisher erlaubt, mit Zustimmung ihrer Eltern zu heiraten. Wenn die Präsidentin zustimmt, wird die seit 1887 geltende Vorschrift abgeschafft. Kinder und Jugendliche, die bereits verheiratet sind oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, sollen außerdem die Möglichkeit bekommen, das Verhältnis zu lösen. UN-Organisationen begrüßen den Vorstoß, da er den Betroffenen ein Recht auf Kindheit einräumt und ihnen ermöglicht, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden. Nach Untersuchungen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) lebt in Kolumbien jeder fünfte Jugendliche und jedes zehnte Mädchen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren in einem ehelichen Verhältnis. Im Weltmaßstab steht Kolumbien hinsichtlich der Anzahl der Mädchen unter 15, die verheiratet sind, auf Platz 20. In Lateinamerika und der Karibik liegt Kolumbien hinsichtlich der Zahl der Jugendlichen, die vor dem 18. Lebensjahr ein eheliches Verhältnis eingehen, an 11. Stelle. Dagegen will das neue Gesetz vorgehen. „Diese Gesetzesänderung ist eine Botschaft an die kolumbianische Gesellschaft, dass Bedingungen und Möglichkeiten geschaffen und gefördert werden müssen sollte, damit Mädchen eigene Lebensentwürfe entwickeln und autonom und frei entscheiden können“, so UNICEF.
Ein Fortschritt in Sachen Kinderrechte
Bibiana Aido Almagro, Vertreterin der UN-Frauenrechtskommission in Kolumbien, würdigte die Bedeutung des Verbots für die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen an Frauen und Mädchen. „Wir gratulieren zu dieser großartigen Nachricht.“ Das Recht auf Leben, Gesundheit, Bildung und Unversehrtheit von Frauen und Mädchen sowie ihre gesamte Entwicklung werde durch Kinderehen, De-facto-Ehen sowie Früh- und Zwangsverheiratungen ernsthaft beeinträchtigt. „Mädchen brauchen Schutz“, so Aido Almagro. Andrea Tague Montaña, Gender- und Entwicklungsbeauftragte von UNICEF Kolumbien, erklärt ihrerseits, diese Maßnahme werde die Zukunft von Jungen und Mädchen entscheidend begünstigen. „Wir verstehen die Verheiratung von Kindern als schädliche Praxis und als geschlechtsspezifische Gewalt, verbunden mit zahlreichen Rechtsverletzungen, die vor allem Mädchen in die Armut treiben und Diskriminierung fördern.“ Jungen Mädchen vermittle man den Eindruck, heiraten und Kinderkriegen sei das Beste, was ihnen widerfahren könne; dadurch würden ihre Unabhängigkeit und ihre wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten beim Übergang zum Erwachsensein eingeschränkt. Mädchen hätten durch das ungleiche Machtverhältnis mit einem sechs bis zehn Jahre älteren Partner kaum eine Chance zu entscheiden, ob sie Sex haben wollen oder nicht, wie viele Kinder sie haben möchten oder wie sie ihr Leben gestalten möchten, so die UNICEF-Beauftragte.
Ländliche Gebiete am stärksten betroffen
Der Gesetzentwurf schlägt außerdem ein neues nationales Programm vor: „Würdige Lebensprojekte für Kinder und Jugendliche“ umfasst Maßnahmen zur Stärkung der öffentlichen Politik zur Förderung von Kindern und Jugendliche. Das Programm beinhaltet „Strategien zur Verhinderung von Kinderehen, De-facto-Ehen und frühen Eheschließungen und Maßnahmen zur Rückgewinnung der Rechte von Kindern und Jugendlichen, die von diesen Formen der Gewalt betroffen sind“, heißt es in dem verabschiedeten Gesetz. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf abgelegenen ländlichen Gebieten, da diese am meisten betroffen seien. Unter Berücksichtigung ihrer Autonomie und in Kooperation mit ihren eigenen Regierungsorganen werden auch indigene Gemeinschaften an den Präventions- und Aufklärungsprogrammen teilnehmen. „Das Wichtigste ist nun, dass die strukturellen Einflussfaktoren der Kinderehen, nämlich Armut und mangelnde Bildung, angegangen werden, und dass es auch gelingt, Familien und Gemeinschaften in diese gesellschaftlichen Veränderungen einzubeziehen“, so Tague Montaña.
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