Fettleibigkeit – Folgeschaden eines schlechten Ernährungssystems

(Asunción, 14. Juni 2023, BASE-IS).- Das paraguayische Gesundheitssystem hat einen Bericht über die Verbreitung von Fettleibigkeit herausgegeben. Die Zahlen zeigen, dass ein Fünftel der Erwachsenen und ein Drittel der Kinder in Paraguay übergewichtig oder fettleibig ist. Auslöser dieser „Epidemie“ sei das globale Ernährungs- und Landwirtschaftssystem, so Marcos Filardi, Anwalt und Wissenschaftler mit Fokus auf die Ernährungssouveränität.

Hochverarbeitete Lebensmittel: Übergewicht und Folgekrankheiten

Dr. Guillermo Sequera, Leiter der Gesundheitsaufsicht, beschreibt die Gefahren der Entwicklung: „Wir leiden an einer stillen Epidemie, die jedes Jahr schlimmer wird. Von 2007 bis zum letzten Jahr kann man einen Anstieg an fettleibigen Kindern erkennen. Vor 15 Jahren waren das zwischen zwei und sechs Prozent, jetzt ist die Zahl auf 15 Prozent gestiegen. Welche Krankheiten haben diese Kinder wohl, wenn sie einmal erwachsen sind? Wahrscheinlich schon mit 25 Jahren Bluthochdruck, mit 30 bekommen sie Diabetes oder Krebs oder brauchen eine Dialyse. Das sind die zukünftigen Herausforderungen, denen sich das Gesundheitssystem stellen muss“. Das Gesundheitsministerium Paraguays definiert als Ursachen für diese Entwicklung „den erhöhten Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln, die wenig Nährstoffe enthalten, stattdessen aber große Mengen Zucker, Salz und Fett. Auch Bewegungsmangel ist ein Faktor, der Übergewicht und Fettleibigkeit fördert.“

Das Agrar-Business produziert keine Nahrungsmittel, sondern Profite

Geht es nach Marcos Filardi, so ist das hegemoniale Ernährungssystem keins, das seinen Namen verdient. Es sei nicht darauf ausgerichtet, Lebensmittel zu produzieren, sondern Geld, und zwar zunehmend in den Händen weniger Personen. „Betrachten wir nur einmal den Agrarsektor unserer Region. „Gentechnisches Agrar-Business“ wäre wahrscheinlich passender, um klarzumachen: Hier werden keine Nahrungsmittel produziert. Hochverarbeitete Lebensmittel nutzen nur den Aktionären der Lebensmittelindustrie, denn sie versprechen die größte Gewinnmarge. Für die Verbraucher sind diese Produkte katastrophal, denn sie befördern die globalen Pandemien Übergewicht und Fettleibigkeit. Damit einher gehen chronische Krankheiten wie Typ 2-Diabetes oder Bluthochdruck“, so Filardi. „Charakteristisch für dieses System sind die Monokultur und die Beschränkung auf einige wenige Rohstoffe, die vor allem zum Export gedacht sind. In Paraguay bildet die Kombination aus Gentechnik, Toxinen und synthetischen Düngemitteln die Basis der Landwirtschaft. Sie produziert Rohstoffe — nicht mit dem Ziel, jemanden zu ernähren, sondern um große Konzerne reicher zu machen.“

Ernährung darf nicht der Logik des freien Marktes unterworfen sein

Die Agrarindustrie beeinträchtigt die Möglichkeit, mit stabilen Ökosystemen Lebensmittel in bestimmten Gebieten herzustellen. Stattdessen zieht sich die Privatisierung aller Komponenten durch die Branche: vom Saatgut über das Wasser und das Wissen bis hin zu den Erzeugnissen selbst. Angesichts dieser Situation weist Filardi auf die Wichtigkeit der Ernährungssouveränität hin. „Unter dem Aspekt der Ernährungssouveränität ist Ernährung keine Ware wie jede andere, die dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage unterworfen ist, sondern ein Menschenrecht, das eine Regierung ihren Bürger*innen garantieren muss, und zwar auf allen Ebenen, deshalb darf die Ernährung nicht der Logik des freien Marktes unterworfen werden. […] Wir müssen uns ernähren, um zu leben, um ein würdiges und gesundes Leben zu führen. Darum muss der Staat die Regierung so organisieren, dass für alle Menschen eine angemessene Ernährung, das heißt, ein regelmäßiger, dauerhafter und freier Zugang zu ausreichenden, kulturell angemessenen Lebensmitteln von guter Qualität, sicherstellt ist.“

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