von Torge Löding
(San José, 08. Mai 2009, voces nuestras).- Zehn Maßnahmen sollen es sein, die der Wirtschaftskrise in Costa Rica die Schärfe nehmen und dazu noch sozial ausgewogen sein könnten. Erstmals seit seinem Amtsantritt 2006 empfing Präsident Oscar Arias (PLN) am vergangenen Dienstag Vertreter*innen von sozialen Organisationen, die diesen Vorschlag unterbreiten, in seinem Amtssitz in Zapote. Darunter die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes ANEP, Kleinbauern- und Indígenaorganisationen, Umweltschutzgruppen, den katholischen Priester Miguel Picado und den lutherischen Präses Melvin Jiménez. „Ich beglückwünsche die Organisationen für diesen interessanten Vorschlag. Die Regierung wird sehen, welche Maßnahmen sie in ihren Schildplan einarbeiten kann“, sagte Arias. Präses Jiménez akzeptiere er als Moderator des sozialen Dialogs in Costa Rica. Im Übrigen sei seine Regierung keynesianischen Maßnahmen gegenüber nie abgeneigt gewesen.
Die „zehn Maßnahmen“ beinhalten die Forderung nach Wiedererlangung der sozial-produktiven Funktion des Finanzsystems, eine Kampagne für den Konsum lokaler Güter und nach gut bezahlten, abgesicherten Arbeitsplätzen. Die Wirtschaft soll aber nicht nur durch Förderung der Nachfrageseite angekurbelt werden, der Plan sieht auch eine Stimulation der Angebotsseite durch Kredite für Unternehmen vor. Grundlage des Konzeptes sei indes ein sozialer Dialog. „Das Maßnahmenpaket ist ein integraler Vorschlag, aus dem man nicht einfach einzelne Punkte herausklauben kann“, sagte ANEP-Vorstand Édgar Morales Quesada. „Unser Vorschlag ist ein bescheidener Beitrag und keinesfalls die endgültige Lösung der Wirtschaftskrise“, fügte Heidy Murillo, Vorsitzende des Umweltdachverbandes FECON, hinzu. Es genüge auch nicht, jetzt nur mit den teilnehmenden Organisationen zu diskutieren, sozialer Dialog bedeute eine viel breitere Einbeziehung von zahlreichen anderen Akteur*innen.
Präsident Arias antwortete auf die Bitte von Präses Jiménez, den Dialog ernst zu nehmen und auch fortzusetzen, mit dem Versprechen nach einem weiteren Treffen noch im Mai. „Schade, dass wir uns erst jetzt, drei Jahre nach meinem Amtsantritt, kennen lernen. Aber besser spät als nie“, sagte er zum Abschied im Präsidentenpalast. Viele Anwesenden schluckten eine Entgegnung darauf hinunter, waren sie und ihre Argumente während der Kampagne zum Volksentscheid über das CAFTA-Freihandelsabkommen mit den USA vor zwei Jahren von der Regierung Arias doch stets ignoriert worden.
Ein anderer Teil der sozialen Bewegung in Costa Rica lehnt den Dialog mit Arias deshalb auch ab. Einen Tag nach der ersten Präsentation der „zehn Maßnahmen“ in einem Luxushotel in San José im April, formierte sich eine neue „Front gegen den Schildplan“. Die Teilnehmenden sehen in dem Maßnahmenpaket der Regierung eine Arbeitgeberoffensive, die weitreichende Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse vorsieht. „Die Reichen sollen die Krise zahlen. Mit dieser Regierung gibt es nichts zu verhandeln, unsere Kampfmittel müssen Streiks und Massenmobilisierung sein“, sagte David Morero vom Vorstand des linken Gewerkschaftsdachverbandes CGT. Einmütig sprachen sich die Anwesenden aus sozialen Bewegungen im ganzen Land, Vertreter*innen der Hafenarbeitergewerkschaft SINTRAJAP, vom AStA der Universität Costa Ricas und andere gegen die vorgeschlagenen „Zehn Maßnahmen“ als „ungenügend“ und „reformistisch“ aus. Für den 6. Juni wollen sie einen Aktionstag vorbereiten, für den es auch die anderen Gewerkschaften zu gewinnen gelte.
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