(Buenos Aires, 12. September 2011, púlsar-poonal).- Eine internationale Mission verschiedener nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen hat bei einem Besuch in Paraguay aufgedeckt, dass 85 Prozent der Landfläche des südamerikanischen Staates von 2,5 Prozent der Landbesitzer*innen kontrolliert werden.
Die Mission, die Paraguay im Herbst eine Woche lang bereiste, hatte zum Ziel, einen unabhängigen Bericht über den eingeschränkten Landzugang zu erstellen, der nicht erste seit dem Massaker im nordöstlichen Bezirk Curuguaty am 15. Juni dieses Jahres beklagt wird. Bei der gewaltsamen Räumung eines von Kleinbäuerinnen und -bauern besetzten, privat bewirtschafteten Gebietes waren im Juni 17 Menschen ums Leben gekommen, darunter, elf Bauern und sechs Polizisten.
Die Zusammenstöße fanden auf dem Landstück des Großgrundbesitzers und inzwischen verstorbenen Ex-Senators der Colorado-Partei, Blas N. Riquelme statt, der das Land 1975 vom damals herrschenden Diktator General Alfredo Stroessner erhalten hatte. Über die Rechtmäßigkeit dieser Übertragung wird noch immer eine juristische Auseinandersetzung geführt.
Das Massaker gilt als vordergründiger Anlass für die plötzliche Absetzung des damaligen Präsidenten Fernando Lugos durch den bisherigen Vize Frederico Franco (siehe poonal Nr. 1001).
Die Vertreter*innen der internationalen Nichtregierungsorganisationen stammten von Bauernverbänden sowie Menschenrechts- und Umweltorganisationen. Teil der Mission waren unter anderem die globale Kampagne für Landreform der weltweiten Kleinbauernbewegung Via Campesina und der Menschenrechtsorganisation FIAN (Food First Information and Action Network), die internationale Umweltschutzorganisation Friends of the Earth sowie weitere lokale Kleinbauernvereinigungen aus dem Netzwerk der Via Campesina.
Für die Nachforschungen führte die Mission Interviews mit landlosen Familien, zivilgesellschaftlichen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen durch. Laut den Ergebnissen ist Paraguay das Land, wo Boden im internationalen Vergleich am ungleichsten verteilt ist: 2,5 Prozent der Landbesitzer*innen verfügen über 85 Prozent der Böden. Für diese Ländereien hat sich der Begriff „tierras mal habidas” (zu Deutsch etwa: „Ländereien in unrechtmäßigem Besitz“) etabliert.
Zudem berichteten die befragten Landarbeiterfamilien von einer Überbevölkerung im Bezirk, die dazu führe, dass viele Familienmitglieder auf sehr kleinen Landstücken zusammen leben und arbeiten müssten. In Bezug auf das Massaker von Curuguaty beklagten die Bauern und Bäuerinnen, dass sich die Polizei schon Tage vor den tragischen Ereignissen in naher Umgebung der Ländereien, die die Bauern und Bäuerinnen zurück gewinnen wollen, in Stellung gebracht hätte.
2,5 Prozent der Besitzer*innen kontrollieren 85 Prozent der Ländereien von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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