Böse Musik in Lateinamerika

Am letzten Oktoberwochenende veranstaltete das Haus der Kulturen der Welt in Berlin die Veranstaltungsreihe ,,Böse Musik – Ode an Gewalt, Tod und Teufel“. Neben Installationen und Ausstellungen gab es auch Konzerte, die ergründen sollten, was ,,Böse Musik“ denn eigentlich ist. Was treibt den Menschen an? Warum bewundert er Gesetzesbrecher? Welche Musik klingt böse aus Sicht welcher Moral und Lebensweise?

 

Chúpame el Dedo bezeichnen ihre Musik als ,,Colombian Dark tropical“. Die zwei in Kapuzenkostümen gekleideten Kolumbianer Eblis Alvarez und Pedro Ojeda spielten vor 80 Leuten im nicht halbvollen Auditorium eine Mischung aus verzerrten Electronics, Percussion und Metalgesang. Die ,,Böse Musik“ von Chupame el Dedo wurde eigens für dieses Event komponiert, erklärt Eblis Álvarez:

 

Wir sind in die 70er Jahre zurückgekehrt, als die Leute sozusagen unschuldiger waren; also ich meine sowas wie Black Sabbath: Die haben sich eine Ästethik des schrecklichen Exorzisten ausgesucht, um sich mitzuteilen. Und wir haben die Gelegenheit hier bei Böse Musik dazu genutzt, ein Projekt rund um das Thema des Bösen zu machen. Wir glauben weder an Satan noch an Gewalt, aber diese Klischees sind so festgelegt dass wir sie für etwas Neues wieder verwendet haben.

 

Aus den verfremdeten Vocals konnte man nur einzelne Wörter entziffern, wie ,,Satan“ oder ,,Monsanto“. Von Àlvarez wollten wir wissen, was er denn eigentlich unter ,,Böser Musik“ versteht:

 

Unser musikalisches Konzept entspricht dem der herkömmlichen Metalbands (…), eine Art Protest von der Ungleichheit bis zur Kriegsverherrlichung, bis hin zu allen möglichen jugendlichen Geschrei der klassischen Metalbands. Aber wir machen das in einem kolumbianischen Kontext, also innerfamiliäre Gewalt, Monsanto…es ist wie ein Spiel und deswegen ähnelt das sehr den Anfängen des Metal. (…) Es ist wie eine bestimmte Naivität innerhalb einer sehr düsteren Ästhetik oder ein spezieller Sarkasmus. Das ist mehr oder weniger das Konzept. Aber das witzige ist, dass die Leute auf dem Konzert gelacht haben, obwohl wir doch eigentlich sogenannte böse Musik spielen. Das ist paradox.

 

? Gibt es denn eine Verbindung zwischen Musik und der Gewalt in Kolumbien ?

 

Die Drogenhändler haben ihre eigene Musik genauso wie die Paramilitärs, sie feiern damit. Jede soziale Gruppe hat ihre Musik und da gibt es untereinander keine Verbindung. Wir sind Künstler, die experimentelle Musik machen. Wir sind in Kolumbien und machen das was kommt. Wenn Metal kommt spielen wir Metal und wenn Elektro kommt dann schnappen wir uns die Synthesizer und machen Musik mit Synthesizern….

 

,,Wir sind Künstler und machen das, was kommt“ – unter diesem Motto scheint wohl die ganze Veranstaltungsreihe zum Thema ,,Böse Musik“ gestanden zu haben. Zumindest war das im Anschluss auftretende Bandprojekt ,,Hombre de Piedra“ deutlich abwechslungsreicher als ihre Vorband. Die musikalische Performance rund um den argentinischen Multi-Instrumentalisten Axel Krygier basierte auf Rock, Pop und Klaviermusik mit Einflüssen von Cumbia und Surf. Diverse Samples, Visuals und etwas Kommunikation mit dem spärlich vertretenen Publikum sorgten, wenn schon nicht inhaltlich, dann wenigstens musikalisch für einen halbwegs gelungenen Abend.

 

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