Unternehmer stehlen Benzin in Millionenwert

(Bogotá, 29. Juli, colombiainforma).- Behörden haben eine gigantische Diebstahlserie aufgedeckt. Namhafte lokale und ausländische Firmen haben mit dem illegalen Handel von venezolanischem Erdöl rund 285 Millionen Euro verdient. Nach Einschätzung der örtlichen Behörden entgingen dem Energiekonzern Ecopetrol (zum Großteil in Staatsbesitz) dadurch Gewinne von etwa 66 Millionen Euro. Am 26. Juli gab der kolumbianische Präsident Gustavo Petro bekannt, dass die Behörden ein ganzes Schmugglernetzwerk aufgedeckt haben. Neben dem verdeckten Handel mit venezolanischem Erdöl wurden auch kolumbianische Erdölleitungen mit Hilfe von illegal installierten Ventilen am Pipelinenetz angezapft. Die angezapfte Pipeline zwischen Caño Limón und Coveñas und der Schmuggel des venezolanischen Rohöls bilden jedoch nur das erste Kettenglied. Nachdem das Öl in von halblegal operierenden Gruppen kontrollierte Gebiete gebracht worden war, wurde es mit Hilfe einer Flotte von etwa 20 Tankwagen weitertransportiert und in den legalen Markt eingeschleust.

 

Renommierte Firmen und namhafte Geschäftsleute involviert

Das Netzwerk bestand aus mehreren, anerkannten Firmen aus dem Erdölsektor,  darunter Gunvor Colombia S.A.S., Tochtergesellschaft der niederländischen Gruppe Gunvor Group, und Niman Commerce S.A.S. Ihr Vorsitzender und einer der Hauptverantwortlichen des Unternehmens ist der Geschäftsmann Hernando Silva Bickenbach. Seine Cousine Nohra Puyana Bickenbach ist die Frau von Expräsident Andrés Pastrana. Medienberichten zufolge war Bickenbach schon wegen anderer Geschäfte mit kriminellen Banden behördlich bekannt. Nach Aussage des Journalisten Julián Martínez sitzt Bickenbach außerdem mit Sarmiento Angulo im Vorstand des Unternehmens Administración Operativa Automotriz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen C.I. Operadora S.A.S., die das gestohlene Öl transportiert haben soll, und gegen Swiss Terminal Barranquilla. Das Unternehmen soll für die Lagerung im Hafen zuständig gewesen sein. Ferner laufen Ermittlungen gegen Aceicar Ltda, Australian Bunker Suppliers C.I.S.A.S. und Exportécnicas S.A.S. Verdachtsmomente liegen außerdem gegen zahlreiche Geschäftsleute vor, darunter Margarita Delgado de García, die Kontakte zum Char-Clan unterhält. Die vielleicht einflussreichste Familie des Landes wird mit kriminellen Aktivitäten und Korruption in Verbindung gebracht. Die Verdächtigen müssen sich nun wegen schwerer krimineller Verschwörung, dem Schmuggel von Erdöl sowie der Fälschung von offiziellen Dokumenten verantworten. Die Ermittler*innen vermuten, dass das gestohlene Erdöl mit offizieller Handelsware gemischt und im Anschluss von den genannten Firmen mit Hilfe falscher Dokumente bezüglich der Förderung, Lagerung und Raffinierung legalisiert wurde. So konnte das Erdöl legal in das Pipeline-Netzwerk von Ecopetrol eingespeist oder direkt zu kolumbianischen Häfen transportiert werden. Dort brachten es Schiffe unter panamaischer Flagge nach Europa oder Südostasien. Der Wert dieser Ware: Zehn Millionen US-Dollar.

Ermittlungen dauern an

Verschiedene Medien sprachen von insgesamt sieben Ermittlungen zwischen 2016 und 2023. Infolge der Bekanntmachung der Ergebnisse warnten sowohl die USA als auch Interpol vor kolumbianischen Erdöl-Exporten, die nicht in den Registern von Ecopetrol erscheinen. Unterdessen forderten mehrere Nutzer*innen in den Sozialen Medien, auch Luigi Echeverri und Felipe Bayón zu untersuchen. Beide saßen während des Mandats von Expräsident Iván Duque im Vorstand von Ecopetrol. Unklar ist, ob sie von den illegalen Machenschaften wussten, die unter der Regierung Duque nicht strafrechtlich verfolgt wurden. Ecopetrol ließ seinerseits in einem offiziellen Schreiben verlauten, dass keiner der Funktionäre in das Netzwerk verwickelt gewesen sei. Die beschlagnahmten Schiffe, Unternehmen, Immobilien, Raffinerien und dergleichen sind derweil in der Obhut der Sociedad de Activos Especiales  [Die staatliche Behörde stellt die ordnungsgemäße Verwaltung und Veräußerung von Vermögenswerten sicher, nachdem diese beschlagnahmt, zwangsvollstreckt oder gepfändet wurden. Anm. d. Übers.] Nun hofft Kolumbien darauf, dass die Ermittlungen weiterlaufen, denn noch wurde der Erdöl-Diebstahl nicht im vollen Umfang aufgedeckt. Offensichtlich geht es um Verbrechen, die teils Jahre zurückliegen. Immer wahrscheinlicher wird, dass hohe staatliche Vertreter*innen aktiv an den Geschäften beteiligt waren oder bewusst weggeschaut haben.

Übersetzung: Patricia Haensel

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