(Montevideo, 30. August 2008, comcosur-poonal).- Der Vorschlag des uruguayischen Präsidenten Tabaré Vázquez, die Möglichkeit der nuklearen Energiegewinnung in Erwägung zu ziehen und eine breite Debatte zum Thema anzuregen, hat bei Oppositionsführer*innen einhellige Unterstütztung gefunden. Die uruguayische Regierung will es nicht länger hinnehmen, dass Folgen des Klimawandels, wie z.B. geringere Regenfälle, ernsthaft die Stromerzeugung gefährden. Auch bei drohenden Energiekrisen möchte das Land nicht weiterhin von den Nachbarländern abhängig sein und vor allem nicht den großen Schwankungen des internationalen Ölpreises unterliegen.
Während der Amtszeit von Vázquez hatte man daher begonnen, auf alternative Energiequellen wie Windenergie oder die Produktion von Biobrennstoffen (Biodiesel und Ethanol) zurück zu greifen. Nun aber ist die Regierung entschlossen, den Wetteinsatz zu erhöhen. Womöglich auch in diesem Zusammenhang brach Vázquez Ende August mit einer Delegation zu einer Rundreise durch Israel, Südkorea und die Schweiz auf, um die Beziehungen in den Bereichen von Politik, Wirtschaft, Handel, Wissenschaft und Kultur zu fördern. So schlug er der uruguayischen Öffentlichkeit am 1. September von Israel aus vor, die „beträchtlichen Vorteile“ der Nuklearenergie zu nutzen.
Zur Zeit erarbeitet eine Expertenkommission, bestehend u.a. aus dem Industrie- und Energieministerium, dem Nationalen Rat für Umweltschutz und der Universität der Republik einen Bericht, der als Diskussionsgrundlage für Parteien und Gesellschaft dienen soll. Dieser wird einen Kostenplan und umweltpolitische Punkte wie den Standort für den Bau eines neuen Atomkraftwerks oder die Atommüll-Endlagerung enthalten. Auch technologische Fragestellungen und der rechtliche und institutionelle Rahmen würden behandelt, so der nationale Leiter für Energie und Nukleartechnologie, Ramón Méndez.
Obwohl die Nutzung von Kernenergie – nicht zuletzt auch aufgrund von Forderungen der Linken – in Uruguay gesetzlich verboten ist, begrüsste die Opposition den Vorschlag der Vázquez-Regierung. Der Oppositionsvertreter, Senator und Vorsitzende der Partido Nacional, Jorge Larrañaga, zeigte sich entschlossen, den Austausch mit Präsident Vázquez über dieses Thema zu suchen und erinnerte daran, dass der Senator Sergio Abreu schon den Vorschlag der Partido Nacional präsentiert habe, das Anti-Kernkraft-Gesetz außer Kraft zu setzen.
“Es ist absurd, dass wir selbst keinen Atomstrom produzieren können, aber Strom aus Argentinien importieren, der zum Teil mit Atomkraft hergestellt wird. Wir werden das Thema mit dem Präsidenten besprechen und die Sicherheitsrisiken dieser Art der Energiegewinnung abwägen“, so der Senator.
Der ehemalige Präsident und Vorsitzende der Partei Unidad Nacional Luis Alberto Lacalle, zeigte sich erfreut darüber, dass die Linkspartei Frente Amplio ihre Position überdacht habe. “Als die kanadische Regierung uns einen Reaktor überlassen wollte um ihn nach Uruguay zu bringen, etwas über Atomenergie zu lernen und schon im Jahr 1993 damit Energie zu erzeugen, protestierten die Frente Amplio und der Rest der Opposition lautstark und stimmten für ein Gesetz, das die atomare Energieerzeugung im Land verbietet“, erinnerte Lacalle.
Auch der ehemalige Präsident und Senator Julio María Sanguinetti zeigte sich offen für die Aufhebung des Gesetzes und bereit, eine Alternative zu suchen. Der Vorsitzende der Partido Independiente Pablo Mieres meinte, die Nuklearenergie solle ernsthaft in Betracht gezogen werden und bezeichnete den Vorschlag von Vázquez als „eine sehr gute Idee“.
Die uruguayische Regierung plant, ein Symposium mit international anerkannten Expert*innen der Kernenergie zu organisieren. Zudem versprach Vázquez, er werde allen politischen Führer*innen einen detaillierten Bericht zur Atomenergie als alternative Energiequelle vorlegen.
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