(Bogotá, 23. Januar 2021, contagio radio/poonal).- Erneut werden die Bewohner*innen der Ortschaft El Salado im nordkolumbianischen Department Bolívar von paramilitärischen Gruppen bedroht, die in dem Gebiet aktiv sind. Das teilte die Kolumbianische Jurist*innenkommission CCJ (Comisión Colombiana de Juristas) in einer Erklärung mit, die sich auf Aussagen der Bewohner*innen beruft.
Demnach werde seit Monaten systematisch Druck auf die Bewohner*innen aufgebaut mit der Drohung, dort erneut ein Massaker wie vor 21 Jahren zu verüben. Im Februar 2000 sind etwa 450 Paramilitärs in die Ortschaft El Salado eingedrungen und haben über mehrere Tage hinweg mindestens 66 Menschen grausam ermordet, während die Armee oder staatliche Stellen nicht eingriffen. Das Massaker von El Salado gehört damit zu den schlimmsten von Paramilitärs in Kolumbien begangenen Verbrechen.
Einige Familien haben nun nach den erneuten Drohungen die Ortschaft fluchtartig verlassen. „Wir hätten nie gedacht, dass wir eine solche Unsicherheit erleben würden“, erzählte eine Dorfbewohnerin gegenüber Contagio Radio. „Wir dachten, dass wir für immer in Frieden leben würden. Aber jetzt sehen wir, dass das nicht stimmt.“
„Todesurteil für alle sozialen Führungspersonen“
Am 15. und 18. Januar 2021 erhielten mehrere Bewohner*innen Drohnachrichten auf ihrem Handy. Wenige Tage zuvor hatte die Nachricht für Unruhe gesorgt, dass mehrere Menschen in der nahe gelegenen Gemeinde Zambrano ermordet worden seien, mutmaßlich durch die paramilitärische Gruppe AGC. „Im Morgengrauen des 17. Januar wurde der Strom abgestellt, überall regierte die Angst“, berichtete eine der Bedrohten gegenüber der Tageszeitung El Tiempo. „Am Tag darauf waren diese Flugblätter im ganzen Dorf.“ Auf dem Flugblatt war zu lesen: „Todesurteil für alle sozialen Führungspersonen, Diebe, Drogenabhängige (…), wir sind vor Ort und dies ist unsere zweite Warnung, El Salado Bolívar zu verlassen“. Auf dem Flugblatt sind Fotos von bedrohten Führungspersonen und Opfern des Massakers vom Februar 2000 abgebildet, unterzeichnet ist es von den Águilas Negras, die seit vielen Jahren landesweit Todesdrohungen versenden.
Bereits im vergangenen Jahr kam es zu Drohungen. Zwischen Juli und September 2020 wurden mehrere Graffiti der AGC am Fußballplatz gesprüht. Die Behörden ließen diese übermalen, ohne sie jedoch auf Spuren und Inhalt hin zu untersuchen, wie die CCJ kritisiert.
Was unternimmt die Regierung?
Erst am 18. Januar haben sich nach Angaben der CCJ der Dorfbevollmächtigte und ein Vertreter der Ortsverwaltung mit den Bewohner*innen getroffen. Dort sei ihnen geraten worden, eigene Schutzmaßnahmen zu ergreifen und sich nicht an die Medien zu wenden. Auf dem Treffen seien weder konkrete Schutzmaßnahmen beschlossen noch Ergebnisse schriftlich festgehalten worden, so die Bewohner*innen. Noch in derselben Nacht sei eine weitere Textnachricht aufgetaucht, in der erneut damit gedroht wurde, das Massaker und die Folterungen des Jahres 2000 zu wiederholen.
Die CCJ fordert die kolumbianische Regierung auf, „sofort Maßnahmen zu ergreifen, um das Leben und das Wohlergehen des Dorfes El Salado und seiner Führungspersonen zu schützen“. Zudem solle die Regierung auch eine psychosoziale Betreuung für die Gemeinden sicherstellen, da durch die erneuten Drohungen eine Reviktimisierung zu befürchten sei und die Menschen zudem wegen der Covid-19-Pandemie in Isolation leben.
El Salado erneut im Visier von Paramilitärs von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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