(Bogotá, 8. November 2024, Colombia INFORMA).- Vom 1. bis 7. November trafen sich die Friedensdelegationen der kolumbianischen Regierung und der ELN in Venezuela, um nach Lösungen für die Krise im Friedensprozess zu suchen. Ein weiteres Treffen ist vom 19. bis 25. November geplant.
In einem gemeinsamen Kommuniqué kündigten beide Delegationen die Wiederaufnahme des Friedensprozesses an. Dieser war seit Monaten ins Stocken geraten. Ziel des Treffens in Venezuela war es, Wege aus der Krise zu finden.
Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt die Rückkehr zu einer gemeinsamen Vision von Frieden, basierend auf den Abkommen von Mexiko 2023. Zudem vereinbarten die Delegationen, den Verhandlungstisch als einziges Entscheidungs- und Verhandlungsorgan zu stärken.
„Wir sind uns einig, dass es dringend notwendig ist, die Krisenfaktoren zu überwinden und das Notwendige zu tun, um in den nächsten zwanzig Monaten der aktuellen Regierung maximale Fortschritte zu erzielen und zu diesem Zweck an diesem neuen Verhandlungsmodell zu arbeiten“, heißt es in dem von den Friedensdelegationen der Regierung und des ELN unterzeichneten Kommuniqué. Nach internen Konsultationen wollen sich die Parteien erneut vom 19. bis 25. November in Caracas, Venezuela, treffen.
Das Treffen wurde von der Bolivarischen Republik Venezuela unterstützt und fand in Anwesenheit der Garantiestaaten Brasilien, Chile, Kuba, Mexiko und Norwegen statt. Zudem nahmen der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, die kolumbianische Bischofskonferenz und die Gruppe der Unterstützungs-, Begleit- und Kooperationsländer (GPAAC) – bestehend aus Deutschland, Spanien, Schweden und der Schweiz – teil.
Herausforderungen des Friedensprozesses
Die Krise im Friedensprozess wurde bereits im Februar deutlich. Damals wies das Verhandlungsteam der ELN die Forderung der Regierung zurück, in Nariño eine Demobilisierung der Frente Comuneros del Sur durchzuführen. Die ELN warf der Regierung vor, ein doppeltes Spiel zu spielen: einerseits den Friedensprozess mit der ELN aufrechtzuhalten, andererseits jedoch die Demobilisierung in Nariño voranzutreiben.
Trotz Warnungen versuchte die Regierung, die Gespräche fortzusetzen, kündigte jedoch an, die Verhandlungen ab April 2024 auf Eis zu legen.
Pablo Beltrán, Chefunterhändler der ELN, erklärte in einem Interview mit der Journalistin María Fernanda Barreto, dass das Treffen in Venezuela dazu diente, einen Ausweg aus der Sackgasse des Prozesses zu finden. Er betonte, dass es für die ELN inakzeptabel sei, wenn ein Teil der Regierung den Friedensprozess unterstütze, während ein anderer Teil ihn unterminiere.
Ein weiterer Konfliktpunkt ist die Fortsetzung der Demobilisierung der Frente Comuneros del Sur, einer Abspaltung der ELN. Diese Gruppe erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung: Sie sei Teil eines militärischen Plans, Mitglieder des Zentralkommandos zu eliminieren. Dieser Plan, der unter der Regierung Duque begann, werde auch unter der Regierung Petro fortgesetzt. Verschärft wird die Lage durch den Aufstieg paramilitärischer Gruppen, die Ermordung sozialer Führer*innen und die Zusammenarbeit der kolumbianischen Streitkräfte mit dem Clan del Golfo.
Kritik am Hochkommissar für Frieden, Otty Patiño
Soziale Organisationen fordern den Rücktritt des Hochkommissars für Frieden, Otty Patiño. Sie werfen ihm vor, die Friedenspolitik der Regierung ungeschickt zu verfolgen und unberechenbar auf den bewaffneten Konflikt in den Regionen zu reagieren. Zudem bemängeln sie die mangelnde Reaktion der Regierung auf ihre Forderungen.
Quellen aus dem Umfeld des Friedensprozesses bestätigen, dass der Hochkommissar Spannungen nicht nur mit der ELN, sondern auch innerhalb der Friedensdelegation der nationalen Regierung verursacht.
Quellen aus dem Umfeld des Friedensprozesses berichten, dass Patiño Spannungen nicht nur mit der ELN, sondern auch innerhalb der Friedensdelegation der Regierung verursacht habe. Ihm wird vorgeworfen, auf die Nichteinhaltung der Vereinbarungen aus der ersten Verhandlungsrunde gedrängt zu haben. Diese untersagen es der ELN, parallele Dialoge mit nicht autorisierten Sprechern zu führen und den Prozess zu nutzen, um die Gegenseite zu spalten.
Zivilgesellschaftliche Akteur*innen kritisieren zudem wiederholte logistische, administrative und finanzielle Mängel, die eine angemessene Beteiligung sozialer Organisationen am Friedensprozess erschweren.
Keine bilaterale Waffenruhe
Die kolumbianische Regierung hat die militärischen Aktionen der ELN scharf verurteilt, insbesondere den Angriff auf die Militärkaserne der Task Force Quirón in Puerto Jordán de Arauquita (Arauca) am 17. September. Zudem kündigte die ELN an, ab dem 9. November einen bewaffneten Streik in der Subregion San Juan im Chocó durchzuführen. Dies wird auf die starke Militarisierung durch die Streitkräfte und die Präsenz der paramilitärischen Gruppe Clan del Golfo zurückgeführt.
Die Volksanwaltschaft rief die ELN auf, den Streik zurückzunehmen, da er massive Auswirkungen auf die Gemeinden der Region haben werde. „Es wird der dritte Streik in diesem Jahr sein, von dem 85 afro-indigene Gemeinden betroffen sein werden, d.h. etwa 45.000 Menschen, von denen 7.500 sowohl vom bewaffneten Konflikt als auch von den Umwelteinflüssen des Winters betroffen sind“, so das Büro des Ombudsmanns auf seiner Website X.
Derzeit gibt es keinen bilateralen Waffenstillstand zwischen der ELN und dem kolumbianischen Staat, nachdem die letzte Vereinbarung im August ausgelaufen ist.
Regierung und ELN nehmen Friedensprozess wieder auf von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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