
(Buenos Aires, 30. Mai 2025, LineaB/poonal).- Am 18. Mai fanden in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires Wahlen statt. Dabei wurde die Hälfte der Sitze des Parlaments der autonomen Stadt Buenos Aires (CABA) neu besetzt. In den ersten Monaten dieses Jahres hatten bereits in mehreren Provinzen Argentiniens Zwischenwahlen stattgefunden. Für die extreme Rechte war die Wahl in der Hauptstadt dennoch nicht nur eine weitere Wahl wie jede andere: La Libertad Avanza (LLA), die Partei des extrem rechten Javier Milei, versuchte, sich als politische Kraft zu konsolidieren, indem sie Manuel Adorni, den Sprecher des Präsidenten, auf den ersten Platz ihrer Wahlliste setzte. Die zentrale Bedeutung von Buenos Aires als Sitz der politischen Macht in Argentinien ist auch in der Wahlkampfstrategie erkennbar. In der ganzen Stadt hingen Plakate mit dem Slogan „ADORNI ES MILEI“.
Aus Sicht der siegesbewussten Regierungspartei war das Wahlergebnis ein voller Erfolg. Sie erhielt die meisten Stimmen, brachte elf neue Abgeordnete ins Parlament und ließ sowohl die peronistische bzw. kirchneristische Unión por la Patria als auch die neoliberale Propuesta Republicana (PRO) abgeschlagen hinter sich. PRO ist die Partei des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri, die die Stadt seit 17 Jahren regiert hat, nun nur den dritten Platz belegt und lediglich fünf neue Abgeordnete ins Parlament von Buenos Aires bringen konnte. Außerdem hat die historische konservative Partei Unión del Centro Democrático (UceDe) von Ramiro Marra nicht einmal das erforderliche Minimum erreicht, um einen Abgeordnetensitz zu gewinnen. Marra ist ein ehemaliger Abgeordneten der LLA, der nach Auseinandersetzungen mit Karina Milei aus den Reihen der Liberalen ausgeschlossen wurde.
Aus dieser Wahl lassen sich weitere Schlüsse ziehen. Zum einen war die geringe Wahlbeteiligung bemerkenswert. In einer Stadt, in der üblicherweise mehr als 75 Prozent der Wahlberechtigten auch wählen, gaben dieses Mal nur 53 Prozent ihre Stimme ab, dabei setzten zwei Prozent ihr Kreuz bei keiner Partei, gaben sogenannte „votos en blanco“ ab. Gleichzeitig gewann der peronistische Kandidat in acht von zehn Bezirken, in denen die Mehrheit der Bevölkerung der arbeitenden Klasse angehört, und in denen Milei bei den Präsidentschaftswahlen Ende 2023 gewonnen hatte. Wie lassen sich die geringe Wahlbeteiligung und der Umschwung eines Teils von Mileis Wählerbasis erklären? Viele argentinische Politikanalyst*innen sehen eine möglicherweise beginnende soziale Übersättigung in Bezug auf die von Gewalt, Cyber-Mobbing und twitter-ähnlichem Stil geprägten Umgangsformen, die den Wahlkampf geprägt haben. Andere betonen, dass die Parteipolitik für die Bevölkerung, die weiterhin unter der Wirtschaftskrise leidet, weder Antworten noch Zukunftsperspektiven bietet.
Unmittelbar nach den Wahlen setzte die Regierung, vielleicht ermutigt durch die Wahlergebnisse, ihre Angriffe auf das progressive Lager fort. Das Justizministerium beschloss, das Menschenrechtssekretariat, das bereits von einem Ministerium zu einem Staatssekretariat herabgestuft worden war, noch eine Hierarchieebene weiter zu einem Subsekretariat (etwa entsprechend einer Abteilung) herunterzustufen. Dies bedeutet eine Kürzung von 40 Prozent der Strukturmittel und von 30 Prozent des Personals dieser Institution und eine konkrete Verschlechterung ihrer Möglichkeiten, erinnerungspolitische Maßnahmen aufrechtzuerhalten.
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Die Autorin Gabriela Mitidieri ist Historikerin und arbeitet bei der argentinischen Menschenrechtsorganisation Centro de Estudios Legales y Sociales (CELS)
Übersetzung: Ute Löhning.
Text und Übersetzung entstanden im Rahmen des Projekts „Linea B – Researching authoritarian politics between Latin America and Europe“ von CELS und Research Against Global Authoritarianism (ReGA) und erscheint im ReGA-Newsletter, zu abonnieren unter: http://tinyurl.com/3c6h83ny
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