Erfundener Hochschulabschluss – Umweltminister tritt zurück

(Montevideo, 30. Januar 2023, la diaria).- „Als öffentliche Person muss man seinen Aufgaben gewachsen sein. In meinem Fall hieß das, dem Posten als Minister gewachsen zu sein, da müssen sich die Menschen ein Beispiel an mir nehmen können”, so Adrián Peña vom Partido Colorado (PC) und zukünftiger Ex-Umweltminister. Diesen Montag kommunizierte Peña seinen Rücktritt vom Amt als Minister in einer Pressekonferenz, bei der er im Anschluss keinerlei Fragen zuließ. „Ich werde der erste Politiker Uruguays sein, der wegen so eines Fehlers zurücktritt”. Die Mehrheitsfraktion PC war am Montag zusammengetreten; einen Tag nachdem bekannt geworden war, dass der Umweltminister von Katholischen Universität Uruguays (UCU) keinen Titel in Betriebswirtschaft erhalten hatte. Peña selbst hatte öffentlich behauptet, das Studium mit der Verteidigung seiner Abschlussarbeit im März 2022 abgeschlossen zu haben. Die Wochenzeitschrift Búsqueda fand nun heraus, dass Peña dafür noch einen Kurs belegen muss. Dieser Umstand war es jedoch nicht, den Peña zum Rücktritt bewogen hatte. „Ich möchte zu einem Fehler stehen, den ich begangen habe, und mich dafür entschuldigen. Nämlich dass ich seit längerer Zeit in Bezug auf meinen Titel gelogen habe.” Zu dem Treffen, das Peña bis zur letzten Minute vertraulich zu halten versuchte, erschien er lächelnd und in Begleitung des Abgeordneten Walter Cervini. An dem Treffen nahmen sowohl Abgeordnete als auch Senatoren sowie Fernando Mattos, Minister für Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei teil. Nach dem dreistündigen Treffen erklärte Peña öffentlich seinen Austritt. “Das soll in keinem Fall die Regierung schwächen oder den Präsidenten der Republik, denn die Regierung hat nichts mit all dem zu tun. Den Fehler hat Adrián Peña als Person begangen, nicht als Umweltminister”.

Ich habe einen Fehler gemacht, und dafür zahle ich den höchsten Preis“

„Viele sagen mir, wie kannst du denn zurücktreten wegen einem so kleinen Fehler?”, meinte Peña. “Gleichzeitig sagen viele aber, dass eine öffentliche Person einen hohen Standard an Ethik und Redlichkeit einhalten sollte. Das entspricht nicht dem, was ich getan habe. Deshalb glaube ich, dass Letztere Recht haben”. Mit gebrochener Stimme fügte er dann hinzu: “Ich habe mich geirrt, ich habe einen Fehler gemacht und heute bezahle ich dafür den höchsten Preis. Ich klammere mich nicht an das Amt.” Laut Peña wurde er jedoch nicht von Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou zum Rücktritt gebeten. Er selbst habe sich dazu entschieden und ihm gesagt: “Ich möchte, dass du auf mich als Umweltminister verzichtest”. Die Erklärung gebe ihm ein gutes Gefühl, weil er damit die Prinzipien und die Werte, die er immer verfolgt hatte, ehre. Stimmen aus seiner Partei weisen nun darauf hin, dass er an seinen Posten im Senat zurückkehren will, den aktuell sein Nachfolger Pablo Lanz besetzt. Von dort aus wolle er dann seine “politische Tätigkeit neu gestalten”.

„Wir werden das Verfahren einhalten, und die Angelegenheit wird geregelt“

Nun musste sich Peña der Ethikkommission seiner Partei PC stellen, die seine Studienlaufbahn analysiert und dann eine Stellungnahme abgibt. Peña gab zu, dass ihm nur noch ein praktischer Kurs von einer Dauer von sechs Tagen fehle, um den Abschluss zu erhalten. „Ich werde diesen Kurs absolvieren, so schnell ich kann. Dann halte ich die Verfahrensschritte ein, und die Angelegenheit ist geregelt”, erklärte er. Damit werde er der erste seiner Familie sein, der einen Universitätstitel hat. “Vielleicht hat mich das ja zu diesem schwer erklärbaren Fehler geführt – ich komme aus einem sehr einfachen Elternhaus”. Am vergangenen Donnerstag hatte die Zeitung Búsqueda darüber informiert, dass sich Peña seit 2015 als Inhaber des Hochschulabschlusses Licenciado bezeichnet hatte, ohne diesen jedoch bekommen zu haben. Auch als Minister hatte er offizielle Dokumente mit dem Zusatz Licenciado unterzeichnet. Nachdem er sich für diesen Fehler entschuldigt hatte, legte er seine gesamte Schullaufbahn offen. Seine Universität UCU wies darauf hin, dass ihm ein kurzer Kurs fehlte, um den Studiengang abzuschließen. Peñas ist nun das fünfte Mitglied des Abgeordnetenhauses in dieser Amtsperiode, das wegfällt. Im Juli 2020 zog sich Ernesto Talvi als Außenminister zurück, weil ihm die Politik „nicht liege“. Knapp ein Jahr später bat die Fraktion mit Unterstützung des Präsidenten, dass Carlos Marí Uriarte, Minister für Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei, zurücktreten solle. Außerdem trat Germán Cardoso im August 2021 von seinem Posten als Tourismusminister zurück. In jüngster Zeit trat auch die Vizekanzlerin Carolina Ache zurück. Sie hatte die Unterstützung ihrer Partei verloren, als bekannt geworden war, dass sie um die Gefährlichkeit des Drogenhändlers Sebastián Marset wusste und sie ihm dennoch den uruguayischen Pass zurückgab.

Der richtige Schritt

Mehrere führende Persönlichkeiten der Oppositionspartei Frente Amplio (FA) hatten zuvor erklärt, dass ein Rücktritt Peñas angemessen sei. In den meisten Fällen spielten sie dabei jedoch nicht auf das Fehlen eines Universitätstitels an (das war für sie zweitrangig), sondern darauf, dass Peña selbst darüber gelogen hatte. Der FA-Vorsitzende Fernando Pereira betonte, den Titel zu verwenden, bevor man ihn erhalten habe, sei weniger das Problem. „So ein Fehler ist zulässig, dafür muss man nicht zurücktreten. Aber dann ein zweites Mal zu behaupten, man habe den Titel, obwohl man ihn eben nicht hat, das geht mir zu weit”, so erklärte er gegenüber la diaria. „Es geht nicht darum, eine Person zu verurteilen, sondern darum, die Bedeutung der Politik über den Menschen zu stellen“, sagte er. Pereira erinnerte zudem daran, dass es Peña war, der vor Jahren harte Worte für den damaligen Vizepräsidenten Raúl Sendic fand, als der sich in einer ähnlichen Situation wiedergefunden hatte. “Solches Verhalten schürt Misstrauen dem gesamten politischen System gegenüber”, fügte er hinzu. „Es ist eins der schlimmsten Dinge, die passieren können”. Mehrere andere Politiker*innen teilten die Meinung Pereiras, obwohl sie noch keine offizielle Stellungnahme der Partei FA darstellte. Charles Carrera, Senator und Mitglied der Partei Movimiento de Participación Popular, erklärte gegenüber la diaria: „Peña hat mit all dem nur mein Vertrauen verspielt. Es erscheint mir nicht glaubwürdig, dass Peña über seinen eigenen Studiengang nicht ausreichend Bescheid wusste. Oder dass er nicht wusste, ob ihm für den Titel des Licenciado noch ein Fach fehlte. Außerdem finde ich es fragwürdig, dass er im Falle von Sendic richtigerweise die Verwerflichkeit hervorhob, obwohl er dafür definitiv nicht die nötige moralische Autorität besaß.“ Nach Bekanntwerden der Nachricht würdigte die Bürgermeisterin von Montevideo Carolina Cosse auf einer Pressekonferenz die Arbeit von Adrián Peña als Umweltminister und erinnerte daran, dass „er und sein Team an vielen verschiedenen Projekten gearbeitet hatten”. Besonders das Sanierungsdarlehen der Interamerikanischen Entwicklungsbank hob sie hervor. Zu seinem Rücktritt sagte sie, er habe den richtigen Schritt getan. “Ich gehe davon aus, dass er seine politische Arbeit im Senat fortsetzen wird”, fügte die Bürgermeisterin hinzu.

Neuer Umweltminister wird Bouvier

Auf der Pressekonferenz verriet Peña außerdem, dass seine Partei Lacalle Pou einen neuen Kandidaten als Umweltminister vorgeschlagen hat. Und, dass der Präsident den Vorschlag akzeptiert hat: Es handelt sich um den Rechnungsprüfer Robert Bouvier, aktuell Vizepräsident des Telekommunikationskonzerns Antel. Der PC vermutet, dass Bouvier das Umweltressort mit einem „politischen“ und nicht unbedingt „technischen“ Profil übernehmen wird.

Übersetzung: Patricia Haensel

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