von Anayeli Garcia Martínez
(Mexiko-Stadt, 5. Oktober 2016, cimacnoticias).- Margarita Quino Aramayo ist die Mitbegründerin des Nationalen Netzwerkes von Frauen zur Verteidigung der Mutter Erde (Red Nacional de Mujeres en Defensa de la Madre Tierra), einem Projekt, das die “Verletzung von Umweltrechten” sichtbar machen will, wie sie sagt. Gegründet hat die Seniorin dieses Netzwerk gemeinsam mit anderen Frauen, da der Poopó-See, der zweitgrößte See Boliviens nach dem Titicaca-See, vom Austrocknen bedroht ist. Margarita stammt aus der Region des Poopó-Sees im Departamento Oruru, im Altiplano von Bolivien.
Margarita Quino Aramayo ist eine bolivianische Indigene und begründet ihr Engagement mit den Worten: „Als indigene Frauen vergleichen wir uns mit der Mutter Erde, denn sie ist fruchtbar, sie trägt Früchte; wir geben auch Leben und da sonst niemand die Mutter Erde verteidigt und sie sich nicht verteidigen kann, haben wir Frauen beschlossen, sie zu verteidigen.“
„Wir wollen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen“
Am 17. September hat die redegewandte Margarita ihren 65. Geburtstag gefeiert. “Solange ich lebe, werde ich weiter kämpfen. Die Regierung denkt nur an den Augenblick, nicht an die Zukunft. Wir wollen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen, denn vielleicht kritisieren uns schon morgen unsere Kinder und Enkelkinder, dass wir sie nicht geschützt haben,“ sagt sie in einem Interview mit der mexikanischen Nachrichtenagentur Cimacnoticias.
Margarita, die drei Kinder und vier Enkelkinder hat, ist im September nach Brasilien gereist, um am XIII Internationalen Forum der Frauenorganisation AWID teilzunehmen, die sich für die Rechte der Frauen und nachhaltige Entwicklung einsetzt. Dort sprach sie über den Schutz der Umwelt, verteilte Flyer zum Thema „Verletzung von Umwelt- und Frauenrechten“ und verkaufte nebenbei noch Kunsthandwerk, um Gelder für ihr Anliegen einzunehmen.
Verletzung von Umwelt- und Frauenrechten
„Wir machen die Verletzung von Umwelt- und Frauenrechten sichtbar, die bis vor drei Jahren noch unsichtbar war. Nicht einmal wir selber wussten, dass unsere Rechte verletzt wurden“, erklärte sie. Den Anstoß zur Gründung ihres Netzwerkes zur Verteidigung der Mutter Erde bekamen die Frauen aus Oruru, nachdem eine andere Gemeinde, die von Bergbauprojekten betroffen war, sie zu einem Workshop über den Abbau von Rohstoffen eingeladen hatte. Nach diesem Treffen, das am 15. November 2013 stattgefunden hatte, entschlossen sich die Hochland-Gemeinden von Oruro, La Paz und Potosí. ihr eigenes Solidaritäts-Netzwerk zu gründen.
Margarita koordiniert jetzt das Netzwerk und als dessen Sprecherin setzt sie sich besonders ein: „Wir zeigen die Verletzungen des Umweltrechts auf, das heißt die Verletzung aller Rechte der Mutter Erde. Wir indigene Frauen vergleichen uns mit der Mutter Erde, da sie fruchtbar ist, Früchte trägt, genau wie wir auch.“
Kriminalisierung der Proteste
Am Anfang des Netzwerkes standen drei Gemeinden, inzwischen besteht es schon aus mehr als zwölf Gemeinden und rund 90 Frauen als Koordinatorinnen. Nach drei Jahren aktivem Engagement sieht es so aus, als hätten die bolivianischen Frauen alles gegen sich, denn am 28. Mai 2014 hat die bolivianische Regierung das Gesetz 535 zu Bergbau und Metallurgie verabschiedet, das einen herben Rückschlag für das Engagement der Indigenen bedeutet. „Durch das Gesetz werden wir an den Rand gedrängt. In diesem Gesetz finden sich 27 Artikel gegen die einheimische indigene Bevölkerung.“
Für Margarita Quino ist das Schlimmste an den Gesetzen die Kriminalisierung der Proteste, denn wer sich gegen Bergbauprojekte stelle, könne strafrechtlich verfolgt und mit bis zu acht Jahren Gefängnis bestraft werden. „Damit haben sie uns schon die entsprechende Botschaft geschickt: Die Frauen, die die Mutter Erde verteidigen, können ihre Sachen packen und gehen. Aber wir sind die Ahnen, wir leben in unseren Gemeinden und niemand kann uns von unserem Land vertreiben.“
Und sie betont: „Die Regierung behauptet, dass alles, was auf der Erde sei den Indigenen gehöre, während alles, was unter und in der Erde sei, der Regierung zustehe und die Regierung deshalb über die Ressourcen in der Erde verfügen könne. Was ist jetzt der Stand der Dinge? Sie nehmen uns unser Land weg. Die Regierung denkt nur an die Wirtschaft und mit dem neuen Gesetz werden sie das Land erschließen und überall Ressourcen abbauen.“
Allerdings zeigen sich Margarita und ihre Mitstreiterinnen entschlossen, dass sie weiterhin die Zerstörung anprangern werden, denn der Poopó-See sei ein Gebiet mit großer Biodiversität gewesen, in dem das Volk der Urus gewohnt habe, das von Fischfang und Jagd gelebt habe.
Erzwungene Migration
“Sie ziehen jetzt in andere Länder fort und so verschwindet dieses Volk mit seinen Menschen, die die Ureinwohner von Oruru waren“, klagt Margarita. Oft sei der Bergbau die Fluchtursache, denn die Menschen gingen fort, um überleben zu können. Diese erzwungene Migration in die Städte sei sehr bitter, so Margarita: „Wir möchten in unsere Gemeinden zurückkehren, denn das ist unser ursprüngliches Leben, wir haben immer von der Erde gelebt und waren mit unseren Ahnen verwurzelt.“
Um zu erreichen, dass niemand seine Heimat verlassen muss, setzt sich das Netzwerk dafür ein, dass die Verletzung von Umweltrechten als eine Verletzung von Frauenrechten angesehen wird, das die Rechte der Frauen auf ein Leben in Würde verletzt. Denn wenn das Wasser verschmutzt werde, Chemikalien eingesetzt würden, um Mineralien aus der Erde zu lösen, dann werde das Land unfruchtbar, die Erwerbsmöglichkeiten der Frauen würden zerstört und ihre Gesundheit beeinträchtigt.
Verletzung von Umweltrechten bedroht Indigene von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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