Von Lucía Alvites
(Quito, 15. Februar 2016, alai).- Vor einigen Jahren, genauer gesagt zum 8. März 2010, kamen Frauen aus verschiedenen Zusammenhängen auf die Idee, ein Komitee zu bilden und eine landesweite Frauenorganisation ins Leben zu rufen. Wir waren mehr als 80 Frauen. Voller Begeisterung tauschten wir unsere Ideen aus. Seit Jahrzehnten kämpfen wir Peruanerinnen für unsere Rechte. Um unsere Forderungen durchzusetzen, müssen wir uns organisieren, darin waren wir uns einig. Bei der Demonstration an jenem 8. März 2010 wurde der Grundstein für die nationale Frauenorganisation „Wir sind alle Micaela“ (Todas Somos Micaela) gelegt.
Heute organisieren die Micaelas die zweite Lehrveranstaltung für Frauengeschichte zum Thema “Frauen, die von der Geschichte vergessen wurden”. Diese Herangehensweise erscheint mir fundamental, denn wir werden nur dann Freiheit und Selbstbestimmung erlangen, wenn wir unsere Vergangenheit kennen, oder anders gesagt: Um zu wissen, wohin wir gehen, müssen wir wissen, woher wir kommen.
Um zu wissen, wohin wir gehen müssen wir wissen, woher wir kommen
Diese Wissenslücke zu schließen ist gar nicht leicht, denn nun soll sichtbar gemacht werden, was verleugnet, unter Verschluss gehalten und zum Schweigen gezwungen wurde. Wird die Geschichte der lateinamerikanischen Völker oft nur hinter vorgehaltender Hand erzählt, so gilt das besonders auch für die Frauen und ihre Wandlung zu den Wesen, die wir heute als die Ahninnen dieses Kontinents begreifen. Die offizielle Geschichtsschreibung läßt Indígenas, Afros, Mestiz*innen und Kreol*innen unerwähnt, die Beteiligung von Frauen wird totgeschwiegen.
Was wissen wir über die Feministinnen der Inka-Gesellschaft? Was wissen wir über die Rolle der Frauen in der Unabhängkeitsbewegung Lateinamerikas? Wer waren Manuela Saénz, Juana Azurduy und Policarpa Salavarrieta? Warum wurden 1917 die Frauen in Huacho getötet? Was sagte José Carlos Mariátegui zum Kampf für das Frauenwahlrecht? Was sind unserer Meinung nach heute die wichtigsten Forderungen der Frauenbewegung in diesem Land?
Das sind einige der Fragen, die die Lehrveranstaltung zu beantworten versucht. Alle Interessierten dürfen teilnehmen. Wir wollen Wissen zusammentragen, voneinander lernen, um den Teil der Geschichte kennenzulernen, der nie erzählt wurde – und wenn, dann falsch.
Angesichts der derzeitigen politischen Unsicherheit kurz vor den Wahlen möchten wir mit dieser Lehrveranstaltung ein bisschen Enthusiasmus weitergeben. Wir treffen uns, um uns über unsere Geschichte auszutauschen und mehr über unsere Ahninnen zu erfahren, die seinerzeit am Kampf für ein gerechtes und unabhängiges Lateinamerika beteiligt waren.
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